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Hospital

Das alte Wiesbadener Hospital am Kochbrunnen, gegründet um die Mitte des 14. Jahrhunderts, war lange Zeit die einzige Versorgungseinrichtung für Notleidende und Kranke. Es diente sowohl als Stift als auch als Krankenanstalt, mit ihm verbunden war ein Badhaus. Nach Errichtung der Städtischen Krankenanstalten wurde das Hospital 1879 aufgegeben und das Gebäude abgerissen.

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Um die Mitte des 14. Jahrhunderts gründeten Graf Gerlach I. von Nassau-Idstein und Wiesbaden (ca. 1283-1361) und seine Söhne am Kochbrunnen ein dem Heiligen Geist geweihtes Hospital. Lange Zeit war diese Einrichtung die einzige Versorgungsstätte für Notleidende und Kranke. Das Hospital war kein Krankenhaus im heutigen Sinne, sondern eine Institution mit viel umfassenderen Aufgaben: Es diente der Armenpflege, der Unterbringung alter Menschen, die sich durch Kapital oder einen Leibrentenvertrag hier einkaufen konnten, und der medizinischen Betreuung von Personen mit „ekelhaften, unheilbaren oder ansteckenden Übeln“. Zudem wurden hier so genannte Geistesschwache untergebracht; es war also Krankenanstalt, Armenhaus und Stift.

Mit dem Gebäude, in dem sich eine seit dem 15. Jahrhundert erwähnte Liebfrauenkapelle befand, war ein an die Kochbrunnenquelle angeschlossenes Badhaus – später Armenbad – verbunden. 1573 entstand ein Sondersiechenhaus für Aussätzige, das Aussätzigen-Bad wurde 1584 vom Hospital angekauft. Noch im 16. Jahrhundert verfügte das Hospital über beträchtliche Einkünfte und Grundbesitz, z.B. Mühlen und ein Brauhaus, der verpachtet wurde. Aus den Zinsen wurden dann die Insassen verköstigt. Seit dem Dreißigjährigen Krieg war das Hospital sehr viel schlechter gestellt; zeitweise schickte der Hospitalverwalter die Insassen zum Betteln aus.

Der Zustand des Bauwerks gab immer wieder zu Klagen Anlass: 1555 waren die Gebäude einsturzgefährdet, nach notdürftigen Reparaturen war das Haus in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast nicht mehr bewohnbar. 1682 wurde ein Neubau errichtet, der etwa 100 Jahre lang existierte. 1784 drohte auch dieses Gebäude einzustürzen; wenig später erfolgte ein größerer Neubau, zu dem der Fürst von Oranien, der Kurfürst von Mainz und die Stadt Frankfurt Gelder beisteuerten. Dafür musste das Hospital eine Anzahl „Frankfurter Stadtarme“ unentgeldlich beherbergen. Auch die Wiesbadener „Haus-Armen“ erhielten im Hospital ihre von den Bettelvögten jeweils mittwochs und sonntags eingesammelten Almosen.

Neben dem Hospital befand sich ein Begräbnisplatz, der Armen-Friedhof. Die Verwaltung oblag einer Hospitaldeputation, der unter anderem der Stadtphysikus angehörte. Der „Hospitalvater“ prüfte jeden Aufzunehmenden auf seinen Zustand und aufgrund seiner Badzeugnisse, um herumstreifende Personen abzuhalten. Manche Insassen hatten nur die Benutzung des Bades und der Herberge, andere erhielten auch Verköstigung. Der Stadtphysikus behandelte die Kranken gratis. 1787 wurde der Einrichtung die Armenpflege für die Stadt und das Oberamt Wiesbaden übertragen. Die nötigen Geldmittel wurden durch Sammlungen und einen jährlichen Zuschuss der fürstlichen Renterei aufgebracht. Eine andere Einnahmequelle war die mit dem Hospital verbundene Armenspinnerei. 1801 wurden in der Kursaison 359 Hospitalgäste beherbergt.

Nach der Errichtung der Infanteriekaserne mussten seit 1814 alle im Hospital befindlichen Zimmer und ein Teil der Bäder den so genannten „Militärkranken“ überlassen werden. Dieser Zustand dauerte bis zum Abbruch des alten baufälligen Armen-Badhauses 1822 und eines Neubaus für das Militär an der Dotzheimer Straße im Jahr 1828/29.

Baudirektor Carl Florian Goetz erbaute 1823/24 für das nun so genannte Zivilhospital ein neues größeres Badhaus im Winkel der nördlich verlängerten Saalgasse und des Nerobachs, das mit dem Hospital durch einen zweistöckigen Verbindungsbau vereint wurde. Seitdem war in 50 Zimmern Platz für 200 Betten; im Dachgeschoss wurde eine getrennte Unterkunft für Frauen eingerichtet.

Der Hospitalbau erhielt zu dieser Zeit ein Uhrtürmchen, das die Uhr von der früheren Schule im Sauerland aufnahm. Für die reine Krankenpflege waren zu dieser Zeit vier Krankenwärter und –wärterinnen angestellt. Die Behandlung der Kranken bestand unter anderem in der Verabreichung von Bädern, der Trinkkur und dem Schröpfen. Dass auch Operationen durchgeführt wurden, zeigt das Vorhandensein einer Vielzahl chirurgischer Instrumente sowie einer Apparatur zum Einatmen von Chloroform im Jahr 1860. Außerdem verfügte das Hospital über eine „anatomisch-pathologische Sammlung“, die Obermedizinalrat Johann Karl Wilhelm Vogler (1796-1869) in seinem Buch über die Wiesbadener Quellen 1848/49 allen durchreisenden Medizinern zur Anschauung empfahl. Im Juni 1864 war das Hospital mit 100 Kranken belegt.

Seit 1847 wurde über die Verlegung des Hospitals bzw. über einen Neubau diskutiert. 1865 wurde moniert, das Hospital entspreche nicht einmal den bescheidensten zeitgemäßen Ansprüchen an eine öffentliche Krankenanstalt. Zu dieser Zeit bestand das Hospital aus Wohnhaus, Hofgebäude, Badhaus, Flügel- und Verbindungsbau. Nach der Errichtung der Städtischen Krankenanstalten an der Schwalbacher Straße wurde das alte Hospital 1879 abgerissen.

Literatur