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Kennedy in Wiesbaden

Als der amerikanische Präsident John F. Kennedy im Juni 1963 Wiesbaden besuchte, wurde er von der Bevölkerung der Landeshauptstadt begeistert empfangen. 15 Jahre zuvor hatte die Berliner Luftbrücke vom Erbenheimer Militärflughafen aus begonnen.

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Der Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy in Wiesbaden am 25. Juni 1963 sollte ursprünglich den hier stationierten amerikanischen Streitkräften gelten. Das vorläufige Programm von Anfang Mai hatte zunächst lediglich den Besuch des Headquarters der Air Force und die Übernachtung im 1956 erbauten US-Luftwaffenhotel General von Steuben, dem heutigen Dorint-Hotel, vorgesehen. Doch die hessische Landesregierung konnte die amerikanische Seite noch für einen Empfang im Kurhaus gewinnen. Um den US-Präsidenten auf seinem Weg vom Steuben-Hotel zum Kurhaus gebührend willkommen zu heißen, wurden 100.000 Fähnchen beschafft, die auf der Vorderseite mit dem Sternenbanner, auf der Rückseite mit den Farben der Bundesrepublik oder Hessens bedruckt waren.

Niemand konnte die ungeheure Begeisterung erahnen, die Kennedy am 25. Juni in der Landeshauptstadt entgegenbrandete. Es hätte der Mobilisierung der Wiesbadener Schüler ab dem 7. Schuljahr zur Bildung eines Spaliers entlang der Anfahrtstrecke zum Kurhaus nicht bedurft. Um 18:20 Uhr landete der Hubschrauber des Präsidenten vor dem Steuben-Hotel, wo ihn 10.000 jubelnde Menschen erwarteten. Wiesbaden entpuppte sich als „Hexenkessel der Begeisterung“, so der Wiesbadener Kurier. Nach einer kurzen Ruhepause und einem Gespräch mit Vizekanzler Ludwig Erhard im Steuben-Hotel startete der US-Präsident gegen 19:30 Uhr im offenen Lincoln seinen Triumphzug durch die Gasse der gut 100.000 Bürgerinnen und Bürger entlang der Friedrich-Ebert-Allee und der Wilhelmstraße.

Mit Eintreffen des Präsidenten spielten sich vor dem Kurhaus, wo sich noch einmal 30.000 Menschen drängten, tumultartige Szenen ab. Nur ein verstärktes Polizeiaufgebot und der Einsatz berittener Polizei vermochten ein Durchbrechen der Absperrungen durch die begeisterte Menge zu verhindern. Der Präsidenten-Empfang in dem mit 20.000 Blumen geschmückten Kurhaus wurde vor diesem Hintergrund fast zur Makulatur. Die über 400 geladenen Gäste, darunter 76 hochrangige Amerikaner aus Militär, Regierung und Wirtschaft, kamen nur für gut 30 Minuten in den Genuss präsidialer Nähe. Im Anschluss an die Willkommensansprache von Ministerpräsident Georg-August Zinn, den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt und zahllose „Shakehands“ verließ Kennedy gegen 20:30 Uhr „seinen“ Empfang in Richtung Steuben-Hotel, nicht ohne ein abschließendes Bonmot als Krönung des Abends: Wenn er einmal das Weiße Haus verlassen werde, wolle er seinem Nachfolger einen Brief hinterlassen, den dieser in der Stunde größter Depression öffnen möge. Darin stünde Kennedys persönlicher Rat: „Besuchen Sie Deutschland!“.

Nach einer kurzen Nacht im Steuben-Hotel brach Kennedy am 26. Juni 1963 nach Berlin auf. Er nutzte die Fortsetzung seiner Deutschlandreise in einer Maschine der US-Luftwaffe von Wiesbaden-Erbenheim aus, um die dort stationierten US-Luftstreitkräfte zu besuchen. Der Aufenthalt des US-Präsidenten auf dem Erbenheimer Militärflughafen besaß zugleich eine erinnerungspolitische Dimension. Kennedy bekräftigte symbolisch die Garantie für den Verbleib der USA in Berlin, hatte doch auf den Tag genau 15 Jahre zuvor die Berliner Luftbrücke von diesem Ort aus begonnen.

Unter den Augen einiger tausend Amerikaner auf dem Flugplatz und zahlreicher Wiesbadener Zaungäste wurde Kennedy nach seinem Eintreffen um 8:25 Uhr mit militärischen Ehren verabschiedet. Das Zeremoniell einschließlich der über das Flugfeld donnernden Paradeformationen der Staffeln amerikanischer Militärflugzeuge dauerte nur wenige Minuten. Gegen 8:45 Uhr bestieg Kennedy seine Sondermaschine, winkte noch einmal kurz zum Abschied von der Rolltreppe herab und startete seine Reise nach Berlin.

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