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Informationsstele zu den Deportationen der Wiesbadener Juden

Im Freizeit- und Kulturpark am Kulturzentrum Schlachthof erinnert das Deportationsmahnmal Schlachthoframpe an die von hier in die Vernichtungslager deportierten Wiesbadener Jüdinnen und Juden. Die Informationsstele gibt Auskunft über das, was an diesem Ort 1942 geschehen ist.

Bis 1933 lebten in Wiesbaden über 3.000 Jüdinnen und Juden. Bereits Ende Oktober 1938 wurden etwa 80 von ihnen nach Polen abgeschoben. Anfang 1942 waren in der Stadt nur noch rund 1.000 durch die NS-Ideologen als "Volljuden" kategorisierte Personen registriert. Am 23. Mai 1942 wurden die ersten 27, am 10. Juni dann weitere 380 Jüdinnen und Juden mit der Reichsbahn über Frankfurt am Main deportiert. Am 29. August 1942 mussten sich rund 370 zumeist ältere Mitglieder der Jüdischen Gemeinde im Synagogengebäude in der Friedrichstraße einfinden.

Die "Vernichtung des Weltjudentums" war zentraler Bestandteil der NS-Politik. Seit dem Machtantritt der NSDAP im Jahr 1933 wurden die damals in Deutschland lebenden etwa eine halbe Million Jüdinnen und Juden immer mehr entrechtet, drangsaliert und ausgeplündert. Hierdurch sollten sie zunächst zur Auswanderung gedrängt werden. Aber vielen war dies kaum möglich. Zahlreiche Familien schickten zumindest ihre Kinder nach England.

Seit 1939 wurde von Hitler mehrfach verkündet, es gehe ihm um "die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa". Der vom "Dritten Reich" im selben Jahr entfesselte Zweite Weltkrieg wurde genutzt, diese Absicht mit barbarischer Konsequenz in die Tat umzusetzen. Nicht zuletzt den Erschießungskommandos speziell gebildeten "Einsatzgruppen" fielen hinter den Frontlinien Hunderttausende Jüdinnen und Juden zum Opfer.

Zumeist im besetzten Polen entstanden monströse Konzentrations- und Vernichtungslager wie Auschwitz-Birkenau. Etwa sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden während der Shoah erbarmungslos ermordet. Wohl 165.000 von ihnen stammten aus Deutschland. Bei den Deportationen durften die Jüdinnen und Juden lediglich einen kleinen Koffer oder Rucksack mit dem Nötigsten sowie 50 Reichsmark mitnehmen. Das übrige Vermögen war beschlagnahmt.

In Wiesbaden wurden die verängstigten und verzweifelten Menschen nach dreitägigem Warten im Synagogengebäude am 1. September 1942 unter Polizeibewachung zum Schlachthof geführt. Kranke und Nicht-Gehfähige wurden mit Lastkraftwagen dorthin transportiert. Über Frankfurt fuhren die Züge in das Ghetto Theresienstadt. Hier starben die Menschen an Krankheiten, Seuchen und Hunger oder sie wurden weiter in Vernichtungslager gebracht und ermordet. In der Folgezeit wurden noch einige kleinere Deportationen aus Wiesbaden durchgeführt. Über 100 Personen haben in Wiesbaden zwischen 1938 und 1945 in Anbetracht des ihnen zugedachten Schick­sals Suizid begangen. Beim Einmarsch der Amerikaner im Frühjahr 1945 befanden sich nur einzelne Jüdinnen und Juden in Wiesbaden. Weit weniger als die Hälfte der 1933 in Wiesbaden ansässigen Jüdinnen und Juden überlebte die Shoah.

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