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Güterbahnhof West - Umzug der Heuschrecken

Im Zuge der geplanten Bebauung des Künstlerviertels wurde auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs West eine bedeutende Population geschützter Heuschreckenarten entdeckt. Um das Überleben der Tiere zu sichern, hat das Umweltamt in unmittelbarer Nähe eine Ausgleichsfläche geschaffen. Das regelmäßige Monitoring zeigt die positive Entwicklung des Biotops und damit den Erfolg der Maßnahme.
Das ehemalige Güterbahnhofgelände, gelegen zwischen der Dotzheimer Straße und der Holzstraße, war eine brachliegende sandig-kiesige vegetationsarme Fläche, ein Kopfbahnhof, der schon lange nicht mehr für den Bahnverkehr genutzt wurde. Im Zuge der Rahmenplanung für die Bebauung des Güterbahnhofs wurden der Boden und die dort lebenden Tier- und Pflanzenarten untersucht (Gutachten 1999/2000).

Geschützte Heuschreckenarten gefunden

Damit hatte man nicht gerechnet. Unter den 13 dort festgestellten Heuschreckenarten fand sich eine mehrere Tausend Tiere umfassende Population der Westlichen Beißschrecke, die in Hessen als stark gefährdet gilt. Außerdem wurden viele Exemplare der blauflügeligen Ödlandschrecke gefunden. Die Populationsgröße war hessenweit einmalig. Neben der Westlichen Beißschrecke wurden weitere fünf geschützte Heuschreckenarten und die Zauneidechse kartiert. Die geplante Bebauung des Areals bedrohte jedoch die gesamte Heuschreckengesellschaft und die Population der Zauneidechsen.

Das Umweltamt hat daraufhin im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme in unmittelbarer Nähe ein neues Habitat geschaffen. Des Weiteren wurden benachbarte Bahngleise zu einem Biotop optimiert. Der neue Lebensraum konnte über das Netz der Gleisanlagen von den Tieren selbständig besiedelt werden.

Große Umsiedlungsaktion

Ergänzend fand nach Fertigstellung der Ausgleichsfläche 2005 eine große Umsiedlungsaktion statt, bei der zirka 5.000 Heuschrecken und Zauneidechsen eingefangen und auf ihr neues Habitat verbracht wurden. In einem nachfolgenden Monitoring 2007 konnten immerhin noch 1.000 Tiere gezählt werden.

Monitoring, Unterhaltung und Pflege des neuen Biotops

Um die weitere Entwicklung der Heuschreckenpopulationen auf den Ausgleichsflächen Acker und Gleise festzustellen und die Pflegemaßnahmen anzupassen, wurde 2014/2015 wiederum ein Monitoring durchgeführt. Diesmal war die Anzahl der Individuen deutlich geschrumpft - auf jeweils zirka 100 bis 150 Tiere (Westl. Beißschrecken, blauflügelige Ödlandschrecke). Jedoch war das Artenspektrum weiterhin erfreulich umfangreich, insgesamt wurden 17 Heuschreckenarten und einzelne Zauneidechsen kartiert. Dies spricht dafür, dass die Umsiedlungs- und Arterhaltungsmaßnahmen erfolgreich waren.

Um die Populationen weiter zu stabilisieren und das Habitat zu verbessern, wurde der rote Schotter 2017 großflächig mit Sand aufgefüllt.

Tatsächlich gelang es dadurch, die Individuenanzahl zu erhöhen, wie das Monitoring 2019 zeigt. Statt bislang 60 konnten bei der blauflügelige Ödlandschrecke 500 Tiere/Tag gezählt werden. Dies entspricht einer zehnfach höheren Populationsgröße von mindestens 1.000 bis 1.500 Tieren. Die Zunahme der blauflügeligen Ödlandschrecke wurde auch durch die trocken-heißen Sommermonate begünstigt. Dagegen blieb die Population der westlichen Beißschrecke unverändert. Im untersuchten Gebiet sind darüber hinaus zwei neue Heuschreckenarten hinzugekommen. Auch die Zauneidechsen sind weiterhin im Gebiet vorhanden.

Um den Heuschrecken weiterhin optimale Lebensbedingungen zu bieten, werden das Biotop und die angrenzende ehemalige Gleisfläche jährlich im Auftrag des Umweltamtes gepflegt.  Dabei wird die Verbuschung zurückgenommen und die Stauden werden zur Hälfte entfernt. Spaziergänger sind gebeten, den Bereich Ackerfläche möglichst zu meiden und Hunde hiervon fernzuhalten.

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Westliche Beißschrecke wiesbaden.de/ Foto: Stefan Stübing
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