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exground filmfest 35

Das exground filmfest 35 mit dem Länderschwerpunkt Portugal zeigte vom 11. bis 20. November 2022 wieder Perlen des unabhängigen Weltkinos. Vom 21. bis 24. November wurde das Programm im Stream angeboten.

Vom 11. bis 20. November 2022 präsentierte das exground filmfest in seiner 35. Ausgabe wieder ein umfassendes Film- und Rahmenprogramm in Wiesbaden. Gezeigt wurden sowohl lange als auch kurze Werke in den Gattungen Spielfilm, Dokumentarfilm, Animation und Experimentalfilm. Begleitende Diskussionen, Ausstellungen, Lesungen, Konzerte sowie die exground youth days ergänzten das nationale und internationale Filmangebot.

Zehn Langspielfilme und 14 Kurzfilme

In diesem Jahr blickte das exground filmfest nach Portugal: In zehn Langspielfilmen und dokumentarischen Formen sowie 14 Kurzfilmen stellte die Sektion viele junge Filmschaffende in den Mittelpunkt, zog aber auch Verbindungslinien aus der Vergangenheit hinein ins Jetzt. Im Rahmen des Länderfokus Portugal wurde danach gefragt, wie sich der Wille zu emanzipatorischer Kunst und gelebter Demokratie inmitten herausfordernder sozialer Bruchstellen und eines schweren Erbes von mehr als 35 Jahren Diktatur vor allem im Filmschaffen einer neuen Generation widerspiegelt. Die junge Filmszene zeichnet sich besonders durch ihren Mut zum Überwinden von etablierten Grenzen aus, etwa zwischen Dokumentarismus und Fiktion. Neben der Präsentation von aktuellen Kurz- und Langfilmen widmete das exground filmfest der international gefeierten und in Deutschland dennoch wenig beachteten Filmemacherin Teresa Villaverde eine Retrospektive.

Eröffnungsfilm "Irrlicht"

Eröffnet wurde das exground filmfest 35 mit "Irrlicht" von João Pedro Rodrigues. Hier treffen zwei Feuerwehrmänner in einem leidenschaftlichen Musical aufeinander. Alfredo, weiß und adeligen Blutes, und Alfonso, schwarz und aus der Arbeiterklasse, verlieben sich auf einer Feuerwache ineinander, in der heftig getanzt und geküsst wird und die nackten Kollegen die Gemälde berühmter Maler in aufreizenden Posen nachstellen. Doch bei all der augenzwinkernden Satire vergisst der Film die sozialen Voraussetzungen eines erfolgreichen Kampfes gegen die Klimakatastrophe nicht: eine neue Saat setzen auf den verbrannten Terrains von Gender, Race und Klasse.

Foto-Ausstellung im Murnau-Filmtheater

Als Teil des Rahmenprogramms war vom 12. bis 19. November die Ausstellung "Tale of two cities" des portugiesischen Dokumentarfotografen Gonçalo Fonseca im Foyer des Murnau-Filmtheaters zu sehen.

Als Kombination der Serien "New Lisbon & How Portugal Won the War on Drugs" beleuchtete die Ausstellung zwei zentrale gesellschaftspolitische Themen: Der Künstler begleitet zum einen Betroffene der Wohnraumkrise in Lissabon mit der Kamera. Denn je beliebter die portugiesische Hauptstadt bei Gästen aus dem Ausland wird, desto mehr leiden Lissabonner Familien unter der Airbnb-Industrie, den explodierenden Preisen auf dem Wohnungsmarkt und niedrigen Löhnen. Des Weiteren befasst sich Fonseca in seinen Werken mit den Folgen der Entkriminalisierung von Drogen in Portugal und dokumentiert in dem Projekt, das zwischen 2017 und 2021 entstand, die Arbeit von aufsuchenden Teams und überwachten Konsumräumen für Suchtkranke, die hier in erster Linie nicht mehr als Kriminelle, sondern als hilfsbedürftige Menschen behandelt werden.

Streaming-Angebot im Anschluss an das Live-Festival

Wie im Vorjahr plant das Organisationsteam Corona-bedingt zweigleisig und konzipiert das Festival als hybride Veranstaltung. Zum einen soll das Film- und Rahmenprogramm vor Publikum in der Caligari FilmBühne, im Murnau-Filmtheater und der Krypta der Marktkirche vor Publikum stattfinden, natürlich unter Einhaltung der im November gültigen Verordnungen. Dank eines weiterentwickelten On-Demand-Modells werden die Filme und Kurzfilmprogramme dann im Anschluss an das Festival mittels Geoblocking online über eine Streaming-Plattform nur in Deutschland und nur für begrenzte Zeit - vom 21. bis 24. November - verfügbar sein.

Über das Filmfest

Das exground filmfest in Wiesbaden gehört zu Deutschlands wichtigsten Filmfestivals für internationale, unabhängige Produktionen und ist ein bedeutender Treffpunkt für Journalisten, Fachbesucher und Gäste aus der Filmbranche.

Viele (Debüt-)Filme von inzwischen weltweit renommierten Regisseuren hatten in Wiesbaden ihre Deutschland- oder Europa-Premiere. Um nur einige wenige aus den vergangenen Jahren zu nennen: "9 Souls" von Toshiaki Toyoda, "Gerry" von Gus Van Sant, "The three burials of Melquiades Estrada" von Tommy Lee Jones, "Nokan" von Yojiro Takita, "Somewhere tonight" von Michael Di Jiacomo, "Gantz 2" von Shinsuke Sato, "After Lucia" von Michel Franco und "Betlehem" von Yuval Adler.

Zu Gast in Wiesbaden waren unter anderem Bundesfilmpreisträger Oskar Roehler, Oscar-Gewinner Les Bernstein, Katja Esson (nominiert für den Oscar), Susan Emshwiller (Drehbuchautorin von "Pollock"), Adam Green mit seinem Erstlingswerk "Gemstones crackin'", die New-Wave-Ikone Anne Clark sowie die deutschen Stars Josefine Preuß, Simon Gosejohann, Dietrich Brüggemann und Axel Ranisch.

Rahmenveranstaltungen wie Workshops, Ausstellungen, Konzerte, Partys und Podiumsdiskussionen ergänzen das Programm von exground filmfest.