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Bossong, Franz

Buchhändler, Verleger, Mundartdichter, Sachbuchautor

geboren: 16. September 1872 in Wiesbaden
gestorben: 11. Juli 1914 in Wiesbaden


Details

Bossongs Elternhaus, die Bäckerei Adam Bossong in der Kirchgasse 58 in Wiesbaden, gegründet am 1. April 1837, existierte noch bis in die 1970er-Jahre. Von 1899 bis 1909 lebte Franz Bossong in Paris, dann wieder als Verleger in Wiesbaden. Sein Spitzname „Lord Blummekohl“ spielte auf seine elegante Erscheinung und weltmännischen Manieren an. Die kurze Lebenszeit Bossongs – er starb mit 42 Jahren, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Haus Roonstraße 17 – fällt in die Glanzzeit der so genannten Weltkurstadt Wiesbaden.

Franz Bossong übernahm 1893 die Firma Keppel & Müller, Buchhandlung, Verlag und Antiquariat in der Kirchgasse 45, in der er nach Abschluss des humanistischen Gymnasiums eine Buchhändlerlehre absolviert hatte, und erweiterte sie um eine lithographische Anstalt, später auch um eine Druckerei. Ab 1896 führte er die Firma unter eigenem Namen weiter.

1893 erschien der von ihm herausgegebene „Illustrirte Fremden-Führer durch Wiesbaden und Umgebung“ in der ersten Auflage mit eigenen Beiträgen. Mitautoren waren Christian Spielmann, Prof. Dr. C. Meinecke, Ch. Leonhard, W. Caspari II., Dr. Maximilian Ripper, Dr. med. Emil Rosenthal und Dr. Bruno Florschütz, Direktor des nassauischen Museums für Altertumskunde und Geschichtsforschung, Entdecker der Jupitergigantensäule. Bossong dankt im Vorwort seinem Freund Ferdinand Nitzsche für die Illustration und dem Herrn Polizeirat August Höhn, der ihm seine großartige Sammlung alter Wiesbadener Stiche, Bücher und Ansichten zur Verfügung gestellt hatte. Das Büchlein erlebte von 1893 bis 1897 vier Auflagen, die vierte erreichte das 16. Tausend.

1894 gab Bossong das Buch „Gelunge Gescherr – eine Sammlung heiterer Gedichte und Geschichten in wiesbadener, frankfurter, pfälzer, westerwälder und hessischer Mundart“, heraus und 1896 erschien „E’ Virreche in Berlin unn uff de berliner Gewerbeausstellung“. Im gleichen Jahr veröffentlichte er erstmals seine „Gedichte in Wiesbadener Mundart“, die bis 1909 drei Auflagen erlebten.

Die satirische Zeitung „Die Wäsch-Bitt“ mit dem Untertitel „E’ Fach-, Lach- und Krach-Blättche“ (Wäsch-Bitt) erschien in drei Jahrgängen von 1897 bis 1900 im Wiesbadener Verlag Franz Bossongs. Die meisten Beiträge schrieb er selbst, die anderen redigierte er. Bossong war Mitglied im Karnevalsverein Sprudel und in der Gestalt des „Virreche“ ein beliebter Büttenredner (Fastnacht).

Als Mitglied bzw. einer der Sekretäre des Gewerbevereins für Nassau und Vorsitzender des Kaufmännischen Vereins Wiesbaden engagierte sich Bossong als Standes- und Interessenvertreter der Wiesbadener Geschäftsleute. Politisch stand er der Freisinnigen Partei nahe.

Ferner war er Vorsitzender des Wiesbadener Taubstummen-Vereins und Präsident des Rheinischen Taubstummen-Bundes. 1892 erschien seine Abhandlung „Der Kampf der Taubstummen um die Laut- und Gebärdensprache“ im Verlag Keppel & Müller. Er ergriff hier Partei für die Taubstummen, die Opfer eines Streits pädagogischer Lehrmeinungen über die Methoden der Laut- und Gebärdensprache zu werden drohten.

1895 heiratete Franz Bossong Josephine Pauline (Phina) Steiger, Tochter des Herdfabrikanten Georg Michael Steiger. 1896 wurde der Sohn Franz Bossong junior geboren. Die Ehe verlief unglücklich. Franz Bossong und seine Frau lebten getrennt. Franz Bossong junior wuchs bei seinem Vater auf, der ihn 1899 mit nach Paris nahm, wo er auch eingeschult wurde.

Die Rheingauer Mundartdichterin Hedwig Witte schrieb über Bossong: „... er hat mit dazu beigetragen, als lebendes Original und wandelnde Verkörperung des von ihm geschaffenen Wiesbadener Urtyps, des Virreche, das Wenige aufrechtzuerhalten, was die alte nassauische Stadt Wiesbaden ihrem beispiellosen Aufstieg an alter Bürgertradition entgegenzusetzen hatte“.

Beigesetzt wurde er auf dem Südfriedhof in Wiesbaden.

Literatur