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Justizvollzugsanstalt

Die 1963 eröffnete Anlage der JVA Wiesbaden war der erste Neubau einer Jugendanstalt nach dem Krieg. Konzeptionell war sie beeinflusst von der Idee des so genannten Stufenvollzugs. Einem anfänglich strengeren Vollzug sollten später gelockerte und offene Formen folgen.

Artikel

Die Justizvollzugsanstalt Wiesbaden wurde auf einem Gelände von 56.000 m2 von 1959 bis 1963 als erster Neubau einer Jugendanstalt in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg erbaut.

Sowohl junge Straftäter und Untersuchungshäftlinge als auch später junge Erwachsene bis in der Regel 24 Jahre werden nach den Prinzipien des Wohngruppenvollzugs in vier selbständigen Abteilungen betreut. Die ursprünglich für ca. 240 Gefangene konzipierte Anstalt wurde zeitweilig mit durchschnittlich 390 Gefangenen belegt. Heute ist die Belegungsfähigkeit mit 280 Gefangenen festgeschrieben. Eine Überbelegung findet nicht mehr statt. Die Gefangenen werden in Einzelwohnräumen und Wohngruppen bis maximal zehn Personen untergebracht.

Die 1963 mit dem Neubau verbundene vollzugliche Konzeption war beeinflusst von der Idee des so genannten Stufenstrafvollzugs. Der Gefangene sollte nach einem anfänglich strengeren Vollzug schließlich in gelockerte und offene Formen geleitet werden. Dieser Gedanke wird heute verstärkt, gezielt und individuell auf den einzelnen Gefangenen angewandt und nicht generalisierend für die Gefangenen, wie dies früher der Fall war.

Erster Leiter der JVA Wiesbaden war zwischen 1963 und 1974 der Sozialpädagoge Max Ernst Busch, der sich besonders für eine verbesserte pädagogische Arbeit mit jungen Straffälligen engagierte.

Als in den 1980er-Jahren der Belegungsdruck in anderen hessischen Justizvollzugsanstalten hoch war, war die Justizvollzugsanstalt Wiesbaden gezwungen, zu deren Entlastung Untersuchungsgefangene und später junge zu Freiheitsstrafe Verurteilte bis zu 24 Jahren aufzunehmen. Auf dem Anstaltsgelände wurden drei neue Unterkunftshäuser errichtet und danach ein Teil der alten Häuser umgebaut. Dabei wurde eine deutliche räumlich getrennte Einheit für den Vollzug der Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden geschaffen.

Von Anfang an bestand in der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden die Notwendigkeit einer Sporthalle. 1984 gelang es endlich mit starker Unterstützung des Sportförderungsvereins für junge Strafgefangene e. V. und des 1980 gegründeten Gefangenensportvereins „SG Theodor-Fliedner e. V.“, die Sporthalle zu bauen und ihrer Bestimmung zu übergeben. Gleichzeitig wurde der erste Sportlehrer im hessischen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden eingestellt.

Im Zuge der Erweiterung der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden (inzwischen umfasst das Gelände 71.000 m2) wurden 1990 drei weitere Unterkunftsgebäude mit jeweils 60 Haftplätzen in Betrieb genommen und der mit finanzieller Unterstützung des Sportförderungsvereins gebaute und mit Kunstrasen belegte Sportplatz seiner Bestimmung übergeben.

Im November 1993 konnten zwei renovierte Gebäude wieder belegt werden. Deren Freistundenhof ist ausgestattet mit einem fest installierten Basketballfeld, einer Tischtennisplatte und einer aufstellbaren Volleyballanlage. Beide Häuser verfügen zusätzlich über einen Fitnessraum. Gleiches galt für das so genannte D-Haus, in dem bis 2004 junge Erwachsene untergebracht waren und das mittelfristig abgerissen wird.

Sowohl der Neubau der Unterkunftsgebäude für den Vollzug der Jugendstrafe als auch die Umbauten im Bereich der Untersuchungshaft wurden geprägt von dem Gedanken des Wohngruppenvollzugs. Seine Aufgabe ist es, den Gefangenen anzuleiten, eigenverantwortlich soziale Mitverantwortung in der Wohngruppe zu lernen und zu trainieren. Die bauliche Planung für den Neubau der alten Unterkunftshäuser ist noch nicht abgeschlossen und wird eine Aufgabe der Zukunft sein.

Belegung

Der Anteil der nicht deutschen Gefangenen bewegt sich im Mittel zwischen 60 und 70 % und verteilt sich durchschnittlich auf ca. 40 verschiedene Nationen. Schwerpunkt der Herkunftsländer sind neben der Türkei Marokko sowie die osteuropäischen Staaten.


Berufliche Aus- und Fortbildung sowie Angebote beruflicher Bildungsmaßnahmen

In den Werkgebäuden der Anstalt werden junge Gefangene ausgebildet. Eine Berufsausbildung inklusive Berufschulunterricht wird für die Berufsfelder Bäcker, Tischler, Metallbauer, Maler und Lackierer, Elektriker, Fachkraft im Gastgewerbe, Koch, Lagerlogistik, Maurer und Gebäudereinigung angeboten. Eine Produktionsschule ist ebenso eingerichtet wie Berufsvorbereitungsmaßnahmen.

Neben der Vollausbildung werden so genannte Qualifizierungsbausteine oder Teilqualifikationen in Modulen durchgeführt, deren besonderer Wert darin liegt, dass am Ende der Kurse die Industrie- und Handelskammer Wiesbaden bzw. die Handwerkskammer oder Innung eine Prüfung abnimmt. Gefangene, die den grundsätzlichen Anforderungen des Arbeitslebens noch nicht gewachsen sind, werden speziell gefördert.

Besondere pädagogische und Behandlungsangebote

Der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf der Gewöhnung an einen strukturierten Alltag und die Herstellung einer Gruppenfähigkeit sowie der Bearbeitung vielfach vorliegender Sucht- und Gewaltprobleme. Durchschnittlich 40 Gefangene befinden sich in der externen Psychotherapie. Die Beratung und Behandlung von suchtgefährdeten Gefangenen wird seit Jahren von der Jugendberatung und Jugendhilfe e. V. Frankfurt am Main übernommen. Diese stellt auch die Ausländerberatung. Durch Fachkräfte der Justizvollzugsanstalt und Honorarkräfte werden verschiedene Behandlungsangebote an die Gefangenen herangetragen. Sie werden ergänzt von einer Vielzahl ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Stadt Wiesbaden unterstützt die Anstalt vielfältig, insbesondere trug sie dazu bei, dass die religiöse Betreuung Gefangener islamischen Glaubens institutionalisiert werden konnte.

Verweise