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May, Bernhard

May, Bernhard

Mühlenbesitzer, Politiker, Gründer der Freireligiösen Gemeinde

geboren: 04.03.1783 in Guldental

gestorben: 16.02.1856 in Biebrich


Artikel

Bernhard May wurde auf einer Mühle im Guldenbachtal, im Hunsrück bei Rheinböllen, geboren. Wie der Vater erlernte auch er das Handwerk eines Müllers und begab sich nach der Lehrzeit auf die Wanderschaft.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde er Pächter der Kreckmanns- oder Erkelsmühle in Wiesbaden, die vor dem „Schwalbacher Tor" lag, etwa dort, wo heute die Emser und die Schwalbacher Straße zusammentreffen. Inzwischen hatte er geheiratet und war Vater eines Sohnes.

1807 wurde er vom Pächter zum Eigentümer einer Mühle. Am 10. Dezember 1807 erwarb er die Hammermühle im Salzbachtal und zog am 1. Januar 1808 auf der Hammermühle ein. Er scheute weder Mühe noch Geld, um die gesamte Einrichtung in technischer Hinsicht auf den neuesten Stand zu bringen. Es gelang ihm, ein bedeutend helleres und besseres Mehl zu erzeugen als alle seine Konkurrenten.

Neben dem Müllereibetrieb hatte Bernhard May auch eine Brotbäckerei eingerichtet. Nachdem im Jahre 1819 in Wiesbaden die Infanteriekaserne erbaut worden war, wurde ihm die Lieferung des Brotes für das Militär der Garnison übertragen, bis die Militärverwaltung eigene Brotbäckereien einrichtete (1880). Eine eigene Verkaufsstelle in Wiesbaden war in der so genannten Häuserinsel gegenüber dem herzoglichen Schloss (heute Rathaus) eingerichtet worden.

Sein landwirtschaftlicher Betrieb wurde im Laufe der Jahre zu einer Musterwirtschaft. Viele Landwirte kamen, um ihn sich anzusehen. Selbst König Leopold I. von Belgien kam zweimal nach Biebrich, um die Hammermühle zu besuchen, und Herzog Adolf von Nassau berief May wegen seiner betriebswirtschaftlichen Kenntnisse in verschiedene Kommissionen des Landes.

Mays Interesse ging jedoch über seine geschäftliche Tätigkeit hinaus. Er war ein Anhänger der Liberalen Partei in Nassau und galt als entschiedener Vorkämpfer für die deutsche Einheit. So nahm er im Mai 1832 am Hambacher Fest teil. Dieser Besuch hatte ein Nachspiel. Als die nassauische Militärverwaltung von der Teilnahme Kenntnis erhalten hatte, entzog sie ihm für kurze Zeit die Genehmigung für die Lieferung von Brot an die Garnison. Doch war keiner seiner Konkurrenten in der Lage, die Verpflichtungen Mays so korrekt zu erfüllen wie er.

Auch im Revolutionsjahr 1848 (Revolution 1848) spielte May eine bedeutende Rolle. Als sich am 4. März 1848 eine große Menge auf dem Platz vor dem Wiesbadener Stadtschloss versammelt hatte und das Volk nahe daran war, das Schloss zu stürmen, gehörte er zu denjenigen, die die Erklärung des Ministers Emil August Freiherr von Dungern mitunterschrieben, der in Abwesenheit des Herzogs die Forderungen nach Pressefreiheit, Wahlrecht und Volksbewaffnung genehmigte.

Nachdem der Herzog nach Wiesbaden zurückgekommen war, zeigte May sich mit dem Herzog auf dem Balkon des Schlosses, um mit seiner Person quasi die Garantie dafür zu übernehmen, dass der Herzog die geleisteten Versprechungen auch halten würde.

Viele der führenden liberalen Politiker kamen in jenen Jahren auf die Hammermühle. Oft klopften nachts politisch Verfolgte, die wegen ihrer freiheitlichen Ideen von der Polizei gesucht wurden, an das Tor. So wurde die Hammermühle in jenen Jahren zu einer „Herberge der Gerechtigkeit", weil May, ganz furchtlos und unbesorgt um seinen Besitz, alle, die verfolgt wurden, gastlich aufnahm. Doch radikale Gedanken waren ihm völlig fremd, und als die liberale Politik in Nassau nach seiner Meinung immer extremere Standpunkte anzunehmen begann, zog er sich aus dem tagespolitischen Geschehen zurück.

Aber nicht nur in politischer Hinsicht verfolgte May einen freiheitlichen Weg, auch im religiösen Bereich stand er jedem Dogmatismus fern. So vollzog er als Katholik den Bruch mit seiner Kirche, als sich 1845 unter dem Priester Johannes Ronge die ersten deutsch-katholischen Gemeinden bildeten. Er gehörte auch zu den Gründern der Freireligiösen Gemeinde in Wiesbaden.

Bernhard May war ein vielseitiger, stets nach allen Seiten offener Mann, der im Herzogtum Nassau großes Ansehen genoss. Auf dem Biebricher Friedhof auf dem Hosenberg in der Nähe seiner Hammermühle fand er seine letzte Ruhestätte. Die Stadt Wiesbaden hat in Biebrich eine Straße nach ihm benannt.

Literatur