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Pariser Hoftheater

Seit Mitte der 1980er-Jahre bereicherte das Pariser Hoftheater in der Spiegelgasse - die Bühne für Kleinkunst und freies Theater - das kulturelle Leben Wiesbadens. 2004 wurde es mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt ausgezeichnet.

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Als die Lehrerin Susanne Fischer aus privaten Gründen nach Wiesbaden kam, vermisste sie hier eine Bühne, die regelmäßig für freies Theater und Kleinkunst genutzt werden konnte, wie es in anderen Städten längst selbstverständlich war. Gemeinsam mit dem theatererfahrenen Komponisten Wilfried Weber, der Gastronomin Renate Stiller und anderen ging sie daran, ein solches Unternehmen auf Vereinsbasis selbst zu gründen. Räume dafür fand man nicht in ehemaligen Fabriken oder Villen, sondern in dem geschichtsträchtigen Pariser Hof in der Spiegelgasse 9 mitten im Kurviertel.

Der ehemalige Hotel-Speisesaal wurde zum Bühnen- und Zuschauerraum umgestaltet, mit einem Fresko von Paul Mersmann im Stil des phantastischen Realismus geschmückt und 1986 eröffnet. Der in Vergessenheit geratene Name des Hotels wurde für die Kleinkunstbühne übernommen und dadurch wieder allgemein bekannt. Es war von Anfang an das Konzept des Pariser Hoftheaters, verschiedenen künstlerischen Bereichen Raum zu bieten: Kabarett, Comedy, freiem Theater, Musik und Projekten, die bildende und darstellende Kunst verbinden. Ein Beispiel dafür waren Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ in der optischen Umsetzung von Wassily Kandinsky. Bekannte Künstler wie Georg Schramm oder Thomas Reis gastierten hier, immer wieder bot die Bühne ein Forum für ortsansässige Künstler wie das „Lehrerkabarett“, die „Tailed Comedians“ oder Andreas Petzold (Pan). Als Theatergastspiele wurden beispielsweise „Die Zofen“ von Jean Genet und „Agatha“ von Marguerite Duras gezeigt. Hinzu kamen Vortragsreihen und Diskussionsforen, u.a. zum kulturellen Leben in Wiesbaden.

Die Verankerung der Bühne im soziokulturellen Leben der Stadt zeigte sich in Kooperationen bei Veranstaltungen und Reihen wie dem „Tagblatt-Talk“, den schwul-lesbischen Kulturtagen „An den warmen Quellen“ mit der Aidshilfe, politischen Diskussionen zusammen mit Attac. In Eigenproduktionen setzte man sich gern mit der eigenen Stadt auseinander, so in der Revue „Wiesbaden – Glanz und Elend einer Weltkurstadt“, der Operette „Die schöne Galathée“ von Franz von Suppé, die in das kaiserzeitliche Wiesbaden verlegt wurde, oder einer Theater-Bearbeitung von Liesbet Dills Roman „Die Herweghs“. Die Räume wurden auch an Firmen und Privatleute vermietet. Im Jahr 2004 erhielt das Pariser Hoftheater den Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden. Ende August 2014 wurde die Bühne von der Betreibergruppe wegen ihrer angespannten Finanzsituation geschlossen.

Verweise