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Stadttore

Verschiedene Stadttore boten seit dem Mittelalter Zugang in die engere Stadt. An der Mainzer Pforte in der Kirchgasse, dem Haupttor zur Vorstadt, kreuzten sich wichtige Verkehrswege.

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Die Wiesbadener Stadtmauer wurde von sieben Stadttoren durchbrochen: der Mainzer Pforte, der Niederpforte, der Oberpforte, der Stumpfen Pforte, dem Heidnischen Tor, dem Neuen Tor und der Sonnenberger Pforte. Den Hauptzugang zum Flecken bzw. zur Vorstadt bildete die Mainzer Pforte in der Kirchgasse, etwa 90 m südsüdwestlich der Mauritiuskirche. Dieses Stadttor sicherte die Mündung wichtiger Verkehrswege von Mainz, aus dem Rheingau, von Mosbach-Biebrich, von Schierstein und von der Aar. 1437 erstmals erwähnt, befand sich hier spätestens 1458 eine wichtige Zollstätte, die durch den Hof der „Adeligen von Wiesbaden“ geschützt wurde. Die Mainzer Pforte bestand aus äußerem und innerem Tor mit einem Turm. Auf der Brücke, die beide verband, lagen die Gemeindeschmiede und das städtische Wieghaus mit der Waage. Für Fußgänger gab es ein seitliches Pförtchen. 1514 wurde dieses Tor durch den Bau eines Bollwerks mit Schlagbaum zusätzlich gesichert.

Als Fürst Georg August Samuel von Nassau-Idstein Ende des 17. Jahrhunderts die Neugasse anlegen ließ, die künftig den Hauptverkehr aufnehmen sollte, verlor das Mainzer Tor seine Bedeutung. Stattdessen entstand 1691/93 am unteren Ende der Neugasse das Neue Tor, das mit einem Schlagbaum und einem Turm mit Gefängnis versehen war. Der Turm grenzte unmittelbar an das Waisenhaus an; davor spannte sich eine Brücke über den Graben. Im Zuge der Anlage der Friedrichstraße wurde das Neue Tor Anfang des 19. Jahrhunderts abgetragen; die Mainzer Pforte hingegen wurde bereits 1704 geschlossen.

Die 1363 erstmals erwähnte Niederpforte befand sich an der Stelle, wo heute die Mauergasse in die Marktstraße mündet und führte in den Bereich der eigentlichen Stadt. Sie schützte die Zugbrücke, die an dieser Stelle den Graben überquerte und bestand aus einem inneren und einem äußeren Tor. Zwischen beiden Toren befand sich eine 1503 erwähnte Brücke mit sechs Bögen. Seit 1517 erscheint die Niederpforte schlechthin als Stadttor. Nach der Schließung der Mainzer Pforte an der Kirchgasse ging deren Name auf die Niederpforte über, da durch sie nun der Verkehr mit Mainz zog. Von ihrem Aussehen gewinnt man durch eine Zeichnung des Bibliothekars Helfrich Bernhard Hundeshagen einen anschaulichen Eindruck. Das Gebäude war etwa 15 m lang und 7 m breit; daran grenzten ein Kuh- und ein Schweinestall an. Im oberen Stockwerk befand sich die Hirtenwohnung, die beim Abriss ins Rathaus verlegt wurde. Der die Pforte bekrönende, zweistöckige Turm, der so genannte Bürgerturm, fiel schon 1803, um Baumaterial für die Neubauten vor dem Mainzer Tor zu gewinnen. 1813 wurde das gesamte Gebäude an den Meistbietenden versteigert.

Die Oberpforte überspannte die Marktstraße. Ihr Turm trug die Sturmglocke, daher wird sie erstmals 1457 als Glockenhaus oder -turm bezeichnet. Seit dem beginnenden 16. Jahrhundert befand sich hier die Stadtuhr, dadurch bürgerte sich für dieses Tor seit 1524 die Bezeichnung Uhrturm ein. Zwei Türmer betreuten die Uhr, dazu kamen alljährlich auswärtige Uhrmacher aus Mainz und anderen Orten zu ihrer Wartung. Beim Stadtbrand 1547 wurde die Oberpforte schwer beschädigt, Glocke und Uhr wurden vernichtet. Schon ein Jahr später war eine neue Uhr mit bemaltem Zifferblatt an die Stelle der alten getreten, auch ein neues Glockenhaus, eine neue Glocke und ein neues städtisches Banner, das offenbar hier aufbewahrt wurde, wurden angeschafft. Als die Oberpforte im Zuge der Einbeziehung des Fleckens in die Ummauerung im Jahre 1508 ihre Funktion als Teil der Stadtbefestigung verloren hatte, wurde hier das städtische Archiv untergebracht. 1873 wurde der Uhrturm als letztes Relikt der mittelalterlichen Stadtbefestigung niedergelegt.

Die so genannte Stumpfe Pforte, die so hieß, weil sie als einziges Tor keinen Turm trug, lag am Michelsberg an der heutigen Einmündung der Coulinstraße. 1477 erwähnt, diente sie Fußgängern als Durchlass. Sie war recht schmal, über den Stadtgraben führte nur ein Steg. Erst seit 1704 wurde sie zu einem Fahrtor ausgebaut, 1781 jedoch bereits einsturzgefährdet. 1817 wurde die Stumpfe Pforte auf Abbruch versteigert.

Die Heidnische Pforte stand quer zur Heidenmauer und lehnte sich an deren Nordseite an, und zwar an der Stelle, die heute „Am Römertor” heißt. Sie nahm den von Wehen und Neuhof kommenden Weg auf, der etwa im Zug der Platter-, dann Kastell- und unteren Adlerstraße zur Stadt strebte. Daher hieß sie zeitweise auch die „Weher Pforte“. 1524 wurde sie durch eine zweitorige Anlage ersetzt. Das Innere Tor hatte einen Turmaufbau, der 1811 als Gefängnis für zwei Personen diente. 1713/24 erfolgte die Schließung bis auf einen Durchlass für Fußgänger. 1828 wurde auch die Heidnische Pforte auf Abbruch versteigert.

Die Sonnenberger Pforte führte aus dem Sauerland in Richtung Sonnenberg und befand sich an der heutigen unteren Webergasse. 1503 wird sie erstmals genannt. Sie bestand aus einem inneren Tor mit Pfortturm, der sich an das Badhaus „Zum Weißen Roß“ anlehnte, und einem äußeren Tor mit einem Schlagbaum davor. Im frühen 18. Jahrhunderts wurde die Pforte im Zusammenhang mit dem Bau der Stadtmauer nach Osten verlegt. 1819 wurde das Sonnenberger Tor geschlossen und 1821 niedergelegt.

Literatur