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Theaterkolonnade

Die Theaterkolonnade entstand 1838/39 - rund zehn Jahre nach der Brunnenkolonnade. Gemeinsam vollendeten sie die Verbindung zwischen dem alten Kurhaus mit der von Christian Zais geschaffenen Bebauung des Kaiser-Friedrich-Platzes. Die Theaterkolonnade wurde mehrfach umgestaltet. Nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erhielt sie ihr heutiges Aussehen.

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Kolonnaden als Begrenzung von Plätzen waren vor allem in der griechischen Antike sehr verbreitet. In der abendländischen Kunst schätzte sie besonders der Barock, wie am eindrucksvollsten beim Petersplatz in Rom, 1655 bis 1667 von Gian Lorenzo Bernini geschaffen, zu erleben ist. Bereits 1807, in seinem ersten Entwurf für das Kur- und Gesellschaftshaus, das alte Kurhaus (Kurhaus, alt), verband Christian Zais drei Baukörper mit bogenförmig angeordneten Kolonnaden. Auch hatte er den Nassauer Hof mit dem alten Theater durch Kolonnaden verbunden, desgleichen sein Wohnhaus mit dem Hotel Vier Jahreszeiten. Deshalb ist anzunehmen, dass er bereits die Vorstellung hatte, den großen Platz zwischen dem Gesellschaftshaus und der Wilhelmstraße mit Kolonnaden einzufassen, doch konnte er die Ausführung dieses Vorhabens nicht mehr erleben.

Umgesetzt wurde das städtebaulich sehr anspruchsvolle Projekt zunächst mit dem Bau der nördlichen Kolonnade, der später so genannten Brunnenkolonnade, 1826/27 durch Heinrich Jacob Zengerle, auf den 1838/39 die Errichtung der südlichen Kolonnade durch Baurat Karl Friedrich Faber (1792 – 1856) folgte. Stilistisch handelt es sich bei den beiden gleich gestalteten Kolonnaden um für den Klassizismus typische Bauten von großräumigen Dimensionen bei betonter Einfachheit der Formen. Zwischen je einem Pavillon im Osten und Westen stehen in gleichmäßiger, straffer Reihung jeweils 46 dorische Säulen ohne Kanneluren, die das schlichte Gebälk und das flach geneigte Satteldach tragen. In Form und Funktion gleichen die Kolonnaden den Stoa genannten Säulenhallen, die die Agora griechischer und römischer Städte einfassten.

In Wiesbaden wurde durch die mittels der Kolonnaden erfolgte Verbindung des alten Kurhauses mit der von Zais geschaffenen Bebauung des Kaiser-Friedrich-Platzes – über die Wilhelmstraße hinweg – eine der größten Raumschöpfungen des Klassizismus verwirklicht, zur Zeit ihrer Entstehung futuristisch für eine Stadt mit 8800 Einwohnern und selbst heute noch einer Großstadt genügend als zentraler Platz für Veranstaltungen aller Art.

Die südliche Kolonnade, später Theaterkolonnade genannt, enthielt von Anfang an Läden des gehobenen Bedarfs. Beim Bau des neuen Theaters, des heutigen Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, 1892 bis 1894 durch das Architekturbüro Fellner & Helmer, erhielt sie in ihrer Mitte einen neubarocken Risalit, in dem der Haupteingang des Theaters lag.

Nach mehreren Umbauten bereits im 19. Jahrhundert wurde die Theaterkolonnade in den späten 1930er-Jahren unter Eberhard Finsterwalder, dem Baudezernenten und Leiter des Hochbauamtes, schließlich weitgehend verändert. Die Zahl der Läden wurde erheblich reduziert und die Ladengalerie vollständig umgestaltet. Die zwölf neu entstandenen Supraporten wurden nach Entwürfen des Malers Ernst Wolff-Malm von diesem in Zusammenarbeit mit Karl Otto Hy und Friedrich Schlüßel, mit Künstlernamen Alo Altripp, mit den Tierkreiszeichen ausgemalt. Das ist einer Inschrift im Sternbild der Jungfrau zu entnehmen, die in einer Fotografie überliefert ist.

Nach Abschluss der Arbeiten fand am 14. April 1938 im Beisein von Oberbürgermeister Dr. Erich Mix die Übergabe der Kolonnade an die Öffentlichkeit statt. (Wiesbadener Tagblatt, WT, 14.4.1938) Noch im selben Jahr wurde auch der neubarocke Portikus abgebrochen und durch eine schlichte, dem klassizistischen Stil der Kolonnade angepasste Vorhalle ersetzt, die im Februar 1939 fertig gestellt war.
(WT 4.2.1939)

Nach der völligen Zerstörung der Theaterkolonnade beim Bombenangriff vom 2. Februar 1945 begann man noch in den vierziger Jahren mit dem Wiederaufbau. Hierbei orientierte man sich weitgehend an ihrer unmittelbaren Vorkriegserscheinung. Aus dem Ideenwettbewerb für die malerische Gestaltung der Supraporten, dessen Preisgericht Stadtbaurat Finsterwalder vorsaß, ging der Künstler Erich Leitgeb (1886 – 1950) hervor, der für die elf Wandfelder „Arbeiten von einer arkadischen Heiterkeit“ schuf.
(WT 19.10.1949)

Nach Leitgebs Tod im Februar 1950 übernahm seine Frau, die Künstlerin Gerda Stryi-Leitgeb (1905 – 1992), deren Bilder unter den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert worden waren, die Überarbeitung der Entwürfe und deren Ausführung.
(WT 31.8.1950)

In dieser Gestalt ist die Theaterkolonnade bis heute im Wesentlichen erhalten, abgesehen davon, dass sie im Zuge der Renovierung 1978 einen neuen Natursteinboden erhielt.

Literatur