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Wäsch-Bitt

Die vom Verleger Franz Bossong herausgegebene satirische Zeitung „Wäsch-Bitt“ kommentierte die Glanzzeit Wiesbadens als Kurstadt. Aus der Perspektive des eingesessenen Bürgertums bezog sie in politischen, satirischen oder unterhaltenden Beiträgen Stellung zu Themen der Zeit.

Artikel

Die Wäsch-Bitt (hochdeutsch: Waschtrog) erschien als eine satirische Zeitung in zunächst drei Jahrgängen von 1897 bis 1900 im Verlag von Franz Bossong in Wiesbaden, die erste Nummer kam im Januar 1897 heraus. Im Untertitel nennt Bossong seine Zeitung „E’ Fach-, Lach- und Krach-Blättche“. Die 25 Nummern der Zeitung – acht im ersten, fünf im zweiten und zwölf im dritten Jahrgang – erschienen „in zwangloser Folge“. Die Nummern des dritten Jahrgangs haben fast alle ein zweites Blatt. Ein Teil der Ausgaben, das sind vor allem die Nr. 1 (Januar) und Nr. 2 (Februar) von 1898, enthalten karnevalistische Vorträge. Die übrigen über das Jahr gestreut erschienenen Ausgaben hatten meist satirische, politische oder unterhaltende Beiträge, teils in Prosa, teils gereimt, teils in Mundart, teils in Hochdeutsch zum Inhalt.

Die meisten Artikel hat Franz Bossong selbst geschrieben, die anderen ausgewählt und redigiert. Ab Nr. 6, 1897 wurde in der eigenen Druckerei, Mauritiusstraße 8, gedruckt und ab Nr. 9, 1899 in der Bertramstraße. Die politisch-satirischen und politischen Beiträge – vor allem die dem Gedenken an die 1848er Revolution gewidmete Märznummer von 1898 – erinnern an Vorbilder, z. B. die Frankfurter „Latern“ von Wilhelm Stoltze. Nach der Rückkehr von seinem zehnjährigen Aufenthalt in Paris (1899 -1909) nach Wiesbaden knüpfte Franz Bossong an seine hiesigen publizistischen Aktivitäten wieder an und gab bis Februar 1914 weitere Blätter der Wäsch-Bitt heraus.

Die Wäsch-Bitt kommentiert die Glanzzeit Wiesbadens kurz vor der Jahrhundertwende als Kurstadt, als Mai-Residenz Kaiser Wilhelms II., als Wohnstadt für den Geldadel des Kaiserreichs aus der Perspektive des eingesessenen Bürgertums. Die unter der preußischen Herrschaft zugezogenen Reichen und Mächtigen hatten das ursprüngliche, seit der Gründung des Herzogtums Nassau gestärkte nassauische Element zurückgedrängt und gaben der Stadt das bis heute vorhandene wilhelminische Gepräge. Viele der eingesessenen Bürger beteiligten sich an der Umgestaltung der Stadt und profitierten am allgemeinen Aufschwung. Zugleich drohte ihnen ein Abstieg in der sozialen Hierarchie, sie mussten um ihren Einfluss auf die Stadtentwicklung fürchten, während die Beteiligung an den Kosten sicher war. Der plötzliche Reichtum, der die Stadt überschwemmte, erregte auch Misstrauen und wirkte auf die Einheimischen bedrohlich, da er die vertraute Umgebung zerstörte. Die Wäsch-Bitt vertritt dabei mit Humor und Satire, aber auch mit Gefühl und Scharfsinn die Seite des liberalen Bürgers gegenüber dem preußisch-militaristischen „Soldatenstaat“.

Literatur


Eine Ausgabe der Wäsch-Bitt aus dem Jahr 1913. Stadtarchiv Wiesbaden
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