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Anleger Biebrich

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Bereits in der ersten schriftlichen Erwähnung Biebrichs 874 ist ein Schiffslandeplatz bezeugt. Schon damals ist von einem dauernden Fährverkehr auszugehen, mit dessen Hilfe der Rhein überquert werden konnte. Schriftlich erwähnt wird die Überfahrt erstmals 1302. 1336 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer dem Grafen Gerlach zu Nassau und seinen Erben auf alle Zeit das Fährrecht zu Biebrich. Seitdem gehörte die Biebricher Rheinfähre zu den Reichslehen der Grafen und Fürsten zu Nassau. Die Fähren waren die reguläre Verbindung zwischen Wiesbaden und Mainz. 1563 gab es sechs Fährleute in Biebrich.

Bis 1798 fand der Schiffsverkehr auf dem Rhein ausschließlich linksseitig über Mainz statt. Nur in ganz geringem Umfang berührten Marktschiffe, die von Mainz aus die Uferorte des Rheingaus anfuhren, auch Biebrich. Vom neuen Zeitalter der Dampfschifffahrt seit 1826 blieb Biebrich unberührt, da die Schiffe in dem jenseitigen Rheinarm stromauf- und stromabwärts fuhren. Reisende nach Wiesbaden mussten bis Mainz fahren, sich über die Schiffsbrücke nach Kastel begeben und sich von dort nach Wiesbaden befördern lassen. Erst durch Artikel 10 der Rheinschifffahrtsakte vom 31.03.1831 wurde Biebrich zum Rheinhafen erklärt. Der Transitverkehr auf dem Rhein verlagerte sich nun auf die rechte Rheinseite.

Infolge dieser neuen Situation errichteten die »Kölnische«, die »Düsseldorfer« und die »Niederländische Dampfschifffahrtsgesellschaft« 1832, 1838 und 1839 jeweils eigene Landebrücken zunächst vor dem Schloss Biebrich. 1848 wurden diese in Richtung Biebrich verlegt. Mit der Rheinschifffahrtsakte von 1831 wurde Biebrich zum Rheinhafen mit Warenfreilager erklärt und damit auch zum Umschlagsplatz von Waren für Frankfurt und Wiesbaden. Dies beeinträchtigte die Funktion von Mainz, während Biebrichs Bedeutung als »Vor-Hafen von Frankfurt« noch mehr anstieg, nachdem das Herzogtum Nassau 1836 dem Deutschen Zollverein beigetreten war.

Als Folge des wachsenden Handelsverkehrs entschloss sich die herzogliche Regierung 1839, das Hauptsteueramt von Höchst nach Biebrich zu verlegen. Eine weitere Steigerung des Personen- und Warenverkehrs brachte die 1840 fertiggestellte Taunuseisenbahn Wiesbaden-Frankfurt mit einem Abzweig vom Bahnhof Curve zum Biebricher Rheinbahnhof von 1838. 1841 kam es daraufhin zum sogenannten Mainzer Nebeljungenstreich, einer Strombarrikade, die den Zugang zum Biebricher Hafen versperrte. Erst nach vielem diplomatischen Hin und Her wurde das Hindernis beseitigt und die Zu- und Abfahrt zum Biebricher Hafen wieder freigegeben. 1849 wurde das Zollgebäude am Rheinufer mit großen Kellern und Speichern ausgestattet und seiner Bestimmung übergeben. Zugleich wurde der letzte Teil des Biebricher Rheinkais fertiggestellt.

In den folgenden Jahren erlebte der Schiffsverkehr am Biebricher Hafen einen enormen Aufschwung. So wurden in den Jahren 1909/10 durch die Schiffe der Köln-Düsseldorfer und der Niederländer 316.788 Personen befördert, durch die Lokaldampfer 63.389 Personen. Die Zahl der angekommenen Personenboote betrug 3.742, die der Güterboote 1.264 mit einem Gesamtgütergewicht von 86.000 t. Im Biebricher Zollamt, dessen Funktion nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Errichtung eines Zollhochhauses zunächst noch erweitert worden war, gab es noch bis in die 1970er-Jahre einen lebhaften Warenverkehr.

Heute beschränkt sich der Schiffsverkehr auf die Personenschifffahrt. Von Biebrich aus fahren in den Sommermonaten täglich die Köln-Düsseldorfer Personenschiffe den Rhein hinab bis nach Köln. Eine Frankfurter Schifffahrtslinie bietet im Sommer Fahrten auf dem Rhein an. Ein Lokalboot bedient den Verkehr zum Campingplatz auf der Rettbergsaue und zum Schiersteiner Strandbad.

Literatur

Kraus, Georg: Aus Biebrichs Geschichte. VI. Schiffahrt. In: Nassovia. Zeitschrift für nassauische Geschichte und Heimatkunde, Bad Homburg 1912 [S. 229–231].