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Beckhardt, Fritz

Beckhardt, Fritz

Kaufmann, Jagdflieger

geboren: 27.03.1889 in Wallertheim (Rheinhessen)

gestorben: 13.01.1962 in Wiesbaden


Artikel

Beckhardt meldete sich am 03.08.1914 als Kriegsfreiwilliger und erhielt unter anderem das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse und die Hessische Tapferkeitsmedaille. Nach einer Verletzung ließ er sich zum Jagdflieger ausbilden und flog schließlich unter anderem im selben Geschwader wie Herrmann Göring. Er galt als tollkühner Flieger und gehörte neben Manfred von Richthofen zur Elite der deutschen Jagdflieger.

Auf den Rumpf seiner Maschine brachte er ein altes Sonnensymbol – ein weißes Hakenkreuz – als Glückssymbol an. Beckhardt war der Jude mit den höchsten militärischen Auszeichnungen im Ersten Weltkrieg, er war der »Jude mit dem Hakenkreuz«.

1926 heiratete er Rosa Emma Neumann aus Wiesbaden-Sonnenberg. Er trat in das Geschäft der Neumanns ein, modernisierte es und führte es sehr erfolgreich bis in die 1930er-Jahre hinein. 1919 gehörte Beckhardt zu den Gründern des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten (RJF). Politisch unterstützte er die DDP.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und der zunehmenden antisemitischen Hetze in Sonnenberg verpachteten die Beckhardts 1934 ihr Geschäft und zogen in die Wiesbadener Innenstadt. Eine Liebesaffäre mit der nicht-jüdischen Haushälterin der Familie, aus der schließlich auch ein Kind hervorging, wurde Beckhardt nach den Nürnberger Rassegesetzen vom September 1935 zum Verhängnis. Wegen »Rassenschande« wurde er zu 1½ Jahren Gefängnis verurteilt. Im Juli 1939 wurde Beckhardt in das KZ Buchenwald eingeliefert. Nachdem er freigekommen war, konnten er und seine Frau im Dezember 1940 nach Großbritannien ins Exil entkommen.

Nach 1945 kehrte Beckhardt nach Deutschland zurück. Der Wiederanfang in Sonnenberg wurde zu einem fast unbeschreiblichen Hürdenlauf gegen die deutsche Bürokratie. Die Beckhardts mussten mühsam um die Rückgabe des Wohnhauses, des Geschäfts und des Vermögens kämpfen. Das Geschäft erreichte nie mehr die Blüte der 1920er-Jahre.

1962 starb Beckhardt im Alter von 72 Jahren – tief geprägt von den jahrelangen Demütigungen, dem Kampf um Anerkennung und um Entschädigung. Gemeinsam mit Rosa Emma ist er auf dem jüdischen Friedhof begraben.

Literatur

Beckhardt, Lorenz S.: Der Jude mit dem Hakenkreuz. Meine deutsche Familie, Berlin 2014.