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Dreißigjähriger Krieg

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Der Dreißigjährige Krieg hat auch in Wiesbaden tiefe Spuren und Verheerungen hinterlassen. Der protestantische Landesherr versuchte zwar zunächst, neutral zu bleiben, dennoch wurde die Stadt wiederholt und nachhaltig in die Kriegswirren einbezogen.

Bereits im August 1620 zogen spanische Truppen durch die Region. Die Wiesbadener hatten eine »Salva guardia«, einen Schutzbrief, erworben, den sich die feindlichen Truppen durch Naturallieferungen teuer bezahlen ließen. In den Folgejahren marschierten kaiserliche, spanische, schwedische (1631/32) und andere Truppen durch und erzwangen Naturalleistungen oder plünderten die Stadt. Da Graf Johannes zu Nassau-Idstein und Wiesbaden auf die zunächst siegreiche schwedische Seite trat, musste er fliehen, als nach der schwedischen Niederlage kaiserliche Truppen wiederkehrten und Rache nahmen. Im Jahr 1637 wurde Wiesbaden für zehn Jahre mainzisch, der Erzbischof soll aber die Religionsfreiheit in Wiesbaden nicht ernsthaft angetastet haben.

Das Jahr 1644 gilt als absoluter »Tiefpunkt« der Wiesbadener Stadtgeschichte, als bayerische Truppen der Stadt wieder einen »Schutzbrief« ausstellten, aber sie dennoch systematisch plünderten und die noch verbliebenen Einwohner misshandelten; alle noch überlebenden Einwohner sollen die Stadt verlassen haben. Einige kehrten zögerlich zurück. 1646 musste die Stadt noch einmal eine Kontribution leisten, die ein Hauptmann Engelheimer erzwungen hatte.

Als der nassauische Graf Johannes kurz vor Kriegsende, im Jahr 1647, zurückkehrte, waren es nur noch 51 Bürger, die ihm auf dem Marktplatz huldigten. Die Stadt mag wohl noch wenige Hundert Einwohner gehabt haben. Auf dem Marktplatz sollen Hasen und Feldhühner in Hecken und Sträuchern genistet haben. Die Badhäuser waren übel zugerichtet, viele Häuser eingefallen, die Stadtbefestigung völlig desolat. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich Wiesbaden, wie viele andere deutsche Städte auch, von der Katastrophe des Krieges wieder einigermaßen erholt hatte.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts warben die nassauischen Fürsten mit einigem Erfolg um auswärtige »neue Landeskinder«, indem sie z. B. französischen Glaubensflüchtlingen (den Hugenotten) zumal westlich von Frankfurt und im heutigen Nordhessen eine neue Heimat boten. Diese Politik war durchaus erfolgreich.

Es ist nicht bekannt, inwiefern auch Wiesbaden von diesen »Peuplierungsmaßnahmen« betroffen war und ob die Anwerbungsversuche, die mit großzügigen Steuererleichterungen und Ähnlichem für Neusiedler in Wiesbaden warben, auch wirklich erfolgreich waren. Die Einwohnerzahl Wiesbadens stieg jedenfalls im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert noch nicht nennenswert an. Wiesbaden blieb bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts eine recht unbedeutende Ackerbürgerstadt. Dies änderte sich erst, als sie zur Hauptstadt des Herzogtums Nassau wurde.

Literatur

Christian Spielmann. Aufsätze zur Geschichte der Stadt Wiesbaden im 17.–19. Jahrhundert. Hrsg.: Neese, Bernd-Michael, Wiesbaden 2007 [S. 84 ff.].