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Eisenbahn

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Mit der privaten Taunusbahn begann 1839/40 das Eisenbahnzeitalter für Wiesbaden. Sie führte von Frankfurt am Main über Höchst und Kastel nach Wiesbaden mit einer Zweigbahn von der Station »Curve« (dem heutigen Bahnhof Wiesbaden Ost) nach Biebrich. Seinerzeit berührte die Strecke die Freie Stadt Frankfurt, das Herzogtum Nassau sowie bei Kastel das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Während Nassau eine Verbindung seiner Hauptstadt mit der Handels- und Finanzmetropole am Main anstrebte, stand für Frankfurt ein Anschluss nach dem Biebricher Hafen im Vordergrund, um eine von Mainz unabhängige Verbindung zum Rhein zu erhalten. Genau dies suchte Hessen-Darmstadt mit Rücksicht auf Mainz zu vermeiden. In einem Kompromiss gestattete es zwar die Linienführung der Taunusbahn über Kastel, Biebrich aber wurde nur mit einer wenig leistungsfähigen Pferdebahn angebunden. Die Frankfurter Erwartungen waren damit erfolgreich konterkariert worden, ohne die in Mainz gehegten Bedenken gegen die rechtsrheinische Bahn und ihre negativen Auswirkungen auf die Mainzer Hafenfunktion ausräumen zu können.

1871/72 wurde die hochprofitable Taunusbahn von der Hessischen Ludwigsbahn angekauft und an das Königreich Preußen weiterveräußert. Dies brachte für die Biebricher Zweigbahn zwar den Wechsel von der Pferdetraktion zum Dampfbetrieb, wertete sie aber damit nicht nachhaltig auf. 1907 wurde sie stillgelegt und durch eine nur dem Güterverkehr dienende Strecke zum »neuen« Rheinbahnhof ersetzt, der heute nicht mehr existiert. Die zunächst private rechte Rheinstrecke von Rüdesheim über Eltville nach Wiesbaden brachte der Stadt 1856/57 die zweite Eisenbahnverbindung. 1859–63 erbaute das Herzogtum die Lahntalbahn Wetzlar-Oberlahnstein und die rechte Rheinstrecke Oberlahnstein-Rüdesheim. Nachdem 1862 bei Biebrich ein kurzes Verbindungsstück zwischen der Station »Curve« der Taunusbahn und der rechten Rheinstrecke gebaut worden war, hatte das Streckennetz der nassauischen Staatsbahn seine endgültige Ausdehnung erreicht. Bereits 1864 konnte mit der Verbindung zwischen Koblenz und Oberlahnstein der Anschluss von rechter Rheinstrecke und Lahntalbahn Richtung Bonn und Köln hergestellt werden. Die durchgehende rechtsrheinische Verbindung zwischen Köln und Wiesbaden entstand erst zur Zeit der Reichsgründung 1871 mit der Vollendung der Linie Deutz-Niederlahnstein.

Die am 1879 eröffnete Strecke von Wiesbaden nach Niedernhausen stellte den Anschluss an die Main-Lahn-Bahn von Limburg über Idstein nach Höchst her und schuf die erste direkte Verbindung zwischen Limburg und Wiesbaden. Sowohl die Main-Lahn-Bahn als auch die Zweigbahn Niedernhausen-Wiesbaden wurden von der Hessischen Ludwigsbahn erbaut und betrieben. Nach der Übernahme der nassauischen Staatsbahn 1866 und der Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn 1896/97 war Preußen der alleinige Betreiber von Eisenbahnen in Wiesbaden. 1889 war noch die Langenschwalbacher Bahn eröffnet worden.

Die Inbetriebnahme der Mainzer Umgehungsbahn von Bischofsheim nach Mombach 1904 mit der Kaiserbrücke brachte Wiesbaden endlich eine Bahnverbindung mit Mainz. Hiermit untrennbar verbunden war eine im Wesentlichen bis heute bestehende funktionale Neustrukturierung der Bahnanlagen im westlichen Rhein-Main-Raum. Der großzügig konzipierte Wiesbadener Hauptbahnhof (1906) entlastete nun den von seiner Aufnahmefähigkeit her begrenzten Hauptbahnhof von Mainz. 1960/61 erfolgte von Wiesbaden aus die Aufnahme des elektrischen Betriebes Richtung Oberlahnstein, Mainz und Frankfurt.

2002 wurde die Schnellfahrstrecke von Köln nach Frankfurt mit einem Seitenast nach Wiesbaden eröffnet. Die Hoffnungen Wiesbadens, am hochrangigen Schienenpersonenfernverkehr teilhaben zu können, erfüllten sich nicht. Somit ist die Rolle der Eisenbahn für Wiesbaden in der Gegenwart ambivalent: Zwar ist Wiesbaden weitgehend vom Personenfernverkehr abgeschnitten, andererseits ist der Standard im Personennah- und –regionalverkehr sehr hoch. Im Güterverkehr auf der Schiene wird auf Wiesbadener Stadtgebiet im Wesentlichen nur noch die Großindustrie am Rhein in Biebrich und Amöneburg bedient. Die hohe Relevanz der rechten Rheinstrecke für den nationalen und internationalen Durchgangsgüterverkehr hat für Wiesbaden keinen praktischen Nutzen.

Literatur

Hager, Bernhard: »Aufsaugung durch Preußen« oder »Wohltat für Hessen«? Die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft von 1896/97. In: »Auf eisernen Schienen, so schnell wie der Blitz«. Regionale und überregionale Aspekte der Eisenbahngeschichte (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg, Bd. 19), Marburg 2008 [S. 81–111].

Hager, Bernhard: Der Übergang zum Staatsbahnsystem im Herzogtum Nassau. In: Nassauische Annalen 120/2009 [S. 393–411].