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Gefängnisse

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Bis in die Neuzeit dienten die Türme der Wiesbadener Stadtbefestigung für die Unterbringung von Gefangenen, so u. a. der Teschenturm an der Heidenmauer, der Turm des Stadttores und der Turm an der Niederpforte. Dies änderte sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zwischen 1764 und 1768 wurden in einem für das Kriminalgericht errichteten Gebäude am Michelsberg das Zucht- und das Korrektionshaus untergebracht. Das Bauwerk enthielt im Kellergeschoss elf Zellen mit meterstarken Zwischen- und Außenwänden. Im ersten Stock lagen die Gerichtszimmer, im zweiten Arbeitsräume für die »Züchtlinge«. Während der Haftzeit wurden die Gefangenen zur Arbeit, die aus Grobspinnerei und Strumpfweberei bestand, angehalten. Im Laufe der Jahre wurde das Gefängnis am Michelsberg immer baufälliger. Ein Ersatz war das Kreisgerichtsgefängnis in der Albrechtstraße, das am 17.07.1875 den Justizbehörden übergeben wurde und 100 männliche und weibliche Gefangene aufnehmen konnte. Eine Arbeitsbaracke im Hof für die männlichen Gefangenen entstand 1875. Für die Aufsichtsbeamten und ihre Familien baute der Fiskus 1878 an der Oranienstraße ein Wohnhaus mit fünf Wohnungen. Mit seiner roten Backstein-Fassade und der den Gefängnishof umgebenden Backsteinmauer machte das Gefängnis einen düsteren Eindruck. Im Innenhof fanden Hinrichtungen der zum Tode Verurteilten statt, die letzte am 04.01.1887.

In den Zellen des Gefängnisses wurden in der NS-Zeit viele bekannte Wiesbadener Persönlichkeiten festgehalten wie etwa Rechtsanwalt Hans Buttersack oder der spätere Oberbürgermeister Georg Buch. Bis Februar 1972 wurde das Gefängnis genutzt, zuletzt allerdings nur noch für kurzzeitige Inhaftierungen. Weil es nicht mehr den Ideen eines modernen Vollzugs entsprach und ein Umbau nicht möglich war, wurde es vom Hessischen Justizministerium aufgegeben. 1995/96 erfolgte der Abriss. 1959–63 entstand an der Holzstraße eine neue Justizvollzugsanstalt.

Literatur

Schultze, Werner; Faber, Rolf: 100 Jahre Landgericht Wiesbaden 1879–1979. Landgericht Wiesbaden (Hrsg.), Wiesbaden 1979, mit weiteren Nachweisen.