Sprungmarken

Geisberg

Artikel

1788 ließ der nassauische Regierungspräsident Karl Friedrich Freiherr von Kruse das Hofgut Geisberg mit 50 Morgen Wiese sowie einer Gruppe von Fachwerkhäusern und einer Gastwirtschaft anlegen, für die er 1794 die Schankerlaubnis beantragte. Kruse veräußerte den Hof 1796 an Fürst Karl Wilhelm zu Nassau, der ihn seinem Kellereikontrolleur und Landkommissar Friedrich Reinhard Köpp verkaufte. 1811 ging der Geisberg an J. Arnold Ackermann und 1817 an C. Töse über. Der Geisberg war ein beliebtes Ausflugslokal, zu dem Wiesbadens Kurgäste vom heutigen Kureck aus »hoch zu Esel« – geleitet von einem »Eselmajor« – gelangen konnten, z. B. um hier »nach der Scheibe zu schießen«. 1828 heißt es vom Geisberg, er sei als Ausflugsziel beliebter als etwa Sonnenberg. Hier finde man verschiedene Sorten Rheinwein, allerhand kalte Speisen und im Saal der Gastwirtschaft sonntags und zweimal wöchentlich Tanzmusik. Berühmt waren die Aussicht und der große Garten. 1814 und 1815 soll Goethe während seiner Besuche in Wiesbaden etwa 14 Mal hier eingekehrt sein; seine Äußerung: »Man bedarf in Wiesbaden nur einer Viertelstunde Steigens, um in alle Herrlichkeit der Welt zu blicken«, soll sich auf den Geisberg beziehen. 1834 wurde der Geisberg Standort der Landwirtschaftsschule Hof Geisberg; der Gastwirtschaftsbetrieb fand sein Ende. Stattdessen entstand in der Folgezeit – etwa um 1843 – südlich der Königstuhlstraße das Ausflugslokal »Neuer Geisberg«.

Die Landwirtschaftsschule zog 1924/25 aus Platzgründen in die Mainzer Straße Daraufhin erwarb der Evangelische Verein für Innere Mission in Nassau das Hofgut Geisberg als zweiten Standort des 1853 nahe dem Leberberg östlich der Idsteiner Straße gegründeten »Evangelischen Rettungshauses« für verwahrloste Kinder. Die Mittel für den Ankauf hatten die Wiesbadener Familien Worthmann-Weil gestiftet. Die ursprünglich heimgebundene Sonderschule wurde in den 1980er-Jahren nach und nach in eine reine Tagesbetreuung umgewandelt. Seit 1997 besitzt die Schule die staatliche Anerkennung als »Übergreifendes Förder- und Beratungszentrum«. Etwa 380 Kinder und Jugendliche werden zurzeit betreut. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Wortmann-Weil-Stift mit zwei Wohngruppen für Kinder und Jugendliche. Schule und Stift gehören zur »Kinder- und Jugendhilfe« der EVIM.

Literatur

Die Liebe höret nimmer auf. 150 Jahre Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau (EVIM). Hrsg.: Pfeiffer, Wilfried, Wiesbaden 2000.

Struck, Wolf-Heino: Wiesbaden als nassauische Landeshauptstadt. Teil I: Wiesbaden in der Goethezeit (1803-1818), Wiesbaden 1979 (Geschichte der Stadt Wiesbaden Bd. 4).

Wagner, Georg: 150 Jahre Landwirtschaftsschule Hof Geisberg in Wiesbaden, Wiesbaden 1968.