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Jüdische Friedhöfe

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Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Toten der jüdischen Familien auf dem Friedhof in Wehen bestattet, das zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden gehörte. 1750 schlossen sich die Wiesbadener und die Landgemeinden von Bierstadt, Erbenheim und Kloppenheim zusammen und erwarben auf dem »Kuhberg« (heute Schöne Aussicht) ein Grundstück, um es zukünftig als Friedhof zu nutzen. Der am 11.02.1750 verstorbene Rabbi Eli Isaak, Sohn des Jakob, war der erste Tote, der hier beigesetzt wurde. 1779 und 1850 wurde der Jüdische Friedhof erweitert und bis 1891 genutzt, danach wurden noch bis 1935 vereinzelt Urnen in Familiengräbern beigesetzt. Insgesamt sind auf dem Friedhof 523 Gräber nachgewiesen. Aufgrund der Beschwerden benachbarter Villenbesitzer sowie der Spaltung der Jüdischen Gemeinde wurde 1891 der Beschluss gefasst, zwei neue Jüdische Friedhöfe in Wiesbaden anzulegen. Zugleich wurde der alte Friedhofsverband mit Biebrich, Bierstadt und Schierstein gelöst, die ebenfalls eigene Begräbnisplätze anlegten. Die älteren Grabsteine sind vielfach äußerst schlicht, oft auch inzwischen verwittert und zerbrochen. Die neueren Steine des 19. Jahrhunderts sind besser erhalten, etliche allerdings umgestürzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Sanierung. Wegen seiner Bedeutung für die jüdische Vergangenheit Wiesbadens wurde der Friedhof als Kulturdenkmal eingestuft.

Die 1876 durch Abspaltung entstandene orthodoxe »Alt-Israelitische Cultusgemeinde« schloss 1877 einen Vertrag mit der Stadt über die Anlage einer Begräbnisstätte beim neu angelegten Nordfriedhof. Der Ankauf wurde durch Spenden von jüdischen Familien aus London, Minsk und Kiew sowie des Israelitischen Frauenvereins ermöglicht. Das Areal an der unteren Ostseite des Nordfriedhofs umfasst 2.492 m2. Bis Februar 1965 erfolgten hier 372 Bestattungen. Einer der berühmtesten der hier Bestatteten ist Wolf Vishniak, der Großvater des bedeutenden Fotografen Roman Vishniak (1897–1990). Nördlich des Nordfriedhofs überließ die Stadt mit Vertrag vom 23.03.1889 der »Israelitischen Cultusgemeinde zu Wiesbaden« eine Waldfläche zur Anlage eines neuen Jüdischen Friedhofs. Am 14.01.1891 fand die Einweihung durch den Stadt- und Bezirksrabbiner Michael Silberstein (21.11.1834 – 13.10.1910) statt; einen Tag später erfolgte die erste Beisetzung. Der »Friedhof an der Platter Straße« umfasst heute 6.585 m2. Architektonisch hervorzuheben sind das Hauptportal an der Platter Straße, das als dreiteilige Toranlage gestaltet ist, und die Trauerhalle, die der Architekt Josef Heitscher im maurischen Stil erbaut hat. Der Friedhof ist bis heute in Benutzung.

Die jüdischen Einwohner von Biebrich und Mosbach bestatteten ihre Toten zunächst ebenfalls in Wehen und seit 1750 auf dem Friedhof an der Schönen Aussicht. 1889 wurde der jüdischen Gemeinde auf ihren Antrag hin ein 847 m2 großes Areal am nördlichen Ende des Gemeindefriedhofs von Biebrich-Mosbach überlassen. Bis 1939 fanden hier insgesamt 86 Beisetzungen statt. Auch der jüdische Gelehrte Dr. Seligmann Baer fand hier seine letzte Ruhestätte. In Wiesbaden-Schierstein existieren zwei jüdische Friedhöfe, die 1891 bzw. 1922 angelegt wurden. Die letzten Beerdigungen fanden 1942 und 1963 statt. Nur der 1890 angelegte, 599 m2 umfassende jüdische Friedhof in Bierstadt wurde 1938 nach der Reichspogromnacht von den Nationalsozialisten geschändet, so dass heute keine Grabstätten mehr erkennbar sind. Das Gelände wurde 1974 als Gedenkstätte hergerichtet.

Literatur

Buschmann, Hans-Georg/Vollmer, Eva Christina: Die sieben jüdischen Friedhöfe Wiesbadens. Mit einem Beitrag von Birgit Funk. Hrsg.: Gesellschaft zur Pflege von Dialekt und Stadtgeschichte Wiesbadens MATTIACA, Wiesbaden 1997.