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Kaiser-Wilhelms-Heilanstalt

Artikel

Nach dem Deutschen Krieg von 1866 entschloss sich die preußische Heeresverwaltung zur Erbauung eines »Militär-Curhauses zur Heilung und Gesundung« preußischer Militärangehöriger, um viele erkrankte und verwundete Angehörige des Militärs zu ihrer Erholung für den Badeort Wiesbaden zu gewinnen. Unter Leitung des Königlichen Oberbaurats Philipp Hoffmann und in Zusammenarbeit mit dem Berliner Kriegsministerium wurde zwischen 1868 und 1871 die nach Kaiser Wilhelm I. benannte Heilanstalt errichtet.

Im Stil des Historismus entstand am Schlossplatz ein mächtiges kastellartiges Bauwerk mit strenger Lisenengliederung und mit Rundbogenfriesen, Rundbogentor und -fenstern.  Der asymmetrisch angeordnete Risalit an der Fassade zum Schlossplatz ist turmartig über das Dachgesims hinausgeführt. Die beiden wuchtigen Türme an der Mühlgasse schaffen eine gelungene Ecklösung und einen Abschluss an der Seite zum Schlossplatz. In mittlerer Höhe des dominierenden Eckturms wurde die noch heute vorhandene, von Bildhauer Carl Keil geschaffene Sandsteinbüste Kaiser Wilhelms I. aufgestellt. Im Innern entstanden Wohnräume für 88 Mann und elf Offiziere und Bade- und Kureinrichtungen (16 Badezellen, ein Schwimmbad), deren Ausführung dem Architekten Eduard Zais, Sohn des Kurhauserbauers Christian Zais, übertragen wurde. Die im Volksmund als »Knochenmühle« bezeichnete Heilanstalt erwies sich in den nachfolgenden Jahrzehnten als »segensreiches Institut für die Armee und ihre Angehörigen und brachte vielen Hunderten Genesung und Linderung« (Rheinischer Kurier, 13.01.1902).

Nach 1945 diente das Gebäude als Rheumaklinik, erforderte jedoch infolge der geringen Belegung einen so hohen Zuschussbedarf, dass im April 1950 erste Pläne zur Schließung der Heilanstalt vorgelegt wurden, die nach Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 07.12.1950 zum Jahresende erfolgte. Der sogenannte Wilhelmsbau wurde in nachfolgender Zeit zu einem Bürohaus der Stadtverwaltung umgewandelt. Seit Ende der 1970er-Jahre nicht mehr genutzt, wurde die Kaiser-Wilhelms-Heilanstalt daher als Erweiterungsbau in den Hessischen Landtag einbezogen. Die äußere Hülle wurde beibehalten, im Innern jedoch fanden umfangreiche bauliche Veränderungen statt. So wurde aus dem ursprünglich dreigeschossigen Gebäude ein fünfgeschossiges, um eine große Zahl von Arbeitszimmern oder Sitzungssälen unterzubringen.

Literatur

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.1 – Historisches Fünfeck. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005 [S. 104].

Van den Bergh, Ulrike: Der Hessische Landtag. Ein Schloß als Parlamentssitz, Königstein/Taunus 1995 (Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen 13) [S. 155–157].