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Overbeck, Fred (eig. Friedrich Theodor)

Overbeck, Fred (eig. Friedrich Theodor)

Grafiker, Maler

geboren: 23.03.1897 in Bremen

gestorben: 09.11.1972 in Wiesbaden


Artikel

Fred Overbeck stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Von 1903 bis 1905 besuchte er in Bremen die Vorschule. Später verzog die Familie mehrfach, u. a. nach Berlin.

Da Overbeck eine militärische Karriere zugedacht worden war, besuchte er ab 1909 die Kadettenanstalt Bensberg im Bergischen Land. Ostern 1912 wechselte er an die Kadettenhauptanstalt Lichterfelde in Berlin. Im Herbst 1913 erkrankte Overbeck an einer Lungen- und Rippenfellentzündung und musste aufgrund dieser Erkrankung das Kadettenkorps verlassen und langfristig Heil- und Kuraufenthalte antreten. Er war bereits als Autodidakt künstlerisch tätig.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldet sich Overbeck als Freiwilliger, wurde aber aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht angenommen. Erst im März 1915 konnte er als Kriegsfreiwilliger in das Feldartillerie-Regiment Nr. 60 in Schwerin eintreten. Im Winter 1915/16 wurde Overbeck als Fahnenjunker zum 2. Westpreußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 36 versetzt. Während eines kurzen Urlaubs in Berlin absolvierte er sein Fähnrichsexamen und wurde im Dezember 1916 zum Leutnant befördert. In seinem Regiment wurde Overbeck als Batterieoffizier, Batterieführer, Ordonnanzoffizier und stellvertretender Abteilungsadjutant eingesetzt.

Während des Krieges erlitt Overbeck eine Gasvergiftung. Durch einen Granatschuss wurde er zudem so stark am linken Bein verletzt, dass es in der Folge gelähmt war. Nach seiner Verwundung erlebte Overbeck das Kriegsende in einem Lazarett in Güstrow, aus dem er 1919 entlassen wurde. Während des Krieges wurde Overbeck mit dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse sowie dem Bremer Hanseaten-Kreuz ausgezeichnet.

Fred Overbeck blieb nach dem Krieg zunächst in Mecklenburg und erholte sich von seiner Verwundung. Hier setzte er ein privates Kunststudium fort, welches er während seiner Kadettenzeit in Berlin zunächst durch Unterricht bei einem Tiermaler und in der Folge bei den bekannten Malern Arthur Kampf und Heinrich Wilke begonnen hatte.

In den Folgejahren war Overbeck als selbstständiger Künstler tätig. Nach seiner Heirat im Jahr 1922 nahm er eine Stellung im kaufmännischen Bereich an. In der Folge arbeitete Overbeck auf verschiedenen Gebieten. So war er als Kistenfabrikant, Generalvertreter für orientalische Tabakwaren sowie bei einer Reklameagentur tätig. Im Jahr 1928 gewann er den ersten Preis bei einem Plakat- und Logowettbewerb der Stadt Wiesbaden. Dieser Erfolg führte maßgeblich dazu, dass er sich als Grafiker selbstständig machte. Bereits seit Anfang der 1920er-Jahre arbeitete er als Industriedesigner und Werbegrafiker in Wiesbaden und war für die Sektkellereien Burgeff & Co., Schonberger (Hochheim am Main) und die Firma Rietschel & Henneberg tätig.

Bis zum Beginn der 1930er Jahre hatte Overbeck vier Plakate im Auftrag der Stadt Wiesbaden entworfen, die im Bereich Fremdenverkehrswerbung eingesetzt wurden. Zentrales Element der Plakate war ein von Overbeck entworfenes Logo, das bis in die 1960er-Jahre verwendet wurde: Es zeigt ein »W« mit dem Kurhausgiebel und drei Wellenlinien, die das heilende Wasser der Kurstadt sowie den Rhein darstellen. Seit Ende der 1920er Jahre war Overbeck in Wiesbaden-Sonnenberg ansässig. Gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Julie von Kleinschmit eröffnete Overbeck ein Atelier und war fortan hauptsachlich für die Sektkellerei Henkell & Co tätig, für die er zahlreiche Werbeplakate entwarf. Oftmals arbeitete Overbeck mit seiner Ehefrau zusammen.

Die zahlreichen Verpackungen, Etiketten, Plakate etc. für Henkell zeichneten sich durch kraftvolle harmonische Farbigkeit, zeichnerisches Können und gestalterischen Witz.

Overbeck sah sich als Teil einer von den Nationalsozialisten propagierten deutschen Kulturrevolution und begrüßte die »Machtübernahme«. Er war im Frühjahr 1933 in die NSDAP eingetreten.  Zwischen 1935 und 1937 übernahm er innerhalb der Partei das Amt eines Blockleiters.

Overbeck verknüpfte seine politische und seine berufliche Aktivität in den 1930er Jahren auch, indem er das Amt eines Propagandaleiters auf Kreisebene übernahm. In der Kreispropagandaleitung Wiesbaden der NSDAP war Overbeck für den Arbeitsschwerpunkt Ausschmückungswesen zuständig. Unter dem Ausschmückungswesen verstand man die Dekoration von Gebäuden, Räumlichkeiten oder Straßen, die für nationalsozialistische Veranstaltungen genutzt wurden.

Bei mehreren Großveranstaltungen, wie beispielsweise im Rahmen der Reichstagswahl 1936 zum 1. Mai 1936 oder des Erntedankfestes im selben Jahr, entwarf Overbeck den Straßen- und Platzschmuck, etwa für die Sportanlage Kleinfeldchen.  Overbeck war ebenfalls beim Besuch des »alten Führerkorps der NSDAP« unter Führung von Rudolf Heß in Wiesbaden am 9. Oktober 1936 für die »Straßen- und Saalschmückung« zuständig.

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges meldete sich Overbeck im Februar 1940 freiwillig zum Militärdienst. Aufgrund seiner Kriegsverletzungen aus dem Ersten Weltkrieg wurde er als Sachbearbeiter beim Stellvertretenden Generalkommando XII in Wiesbaden eingesetzt. Er war für das Kriegsgefangenenwesen beim Kommandeur für die Kriegsgefangenen im Wehrkreis XII zuständig.

Er arbeitete in dieser Funktion eng mit den Zivilstellen für den Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen zusammen. Die Stadt Wiesbaden und Unternehmen, die Kriegsgefangene als Arbeitskräfte einsetzten, forderten diese über das Arbeitsamt und nicht direkt über die Wehrmacht an. Overbecks Einsatz erfolgte an dieser Schnittstelle zwischen den Kriegsgefangenenlagern und der Zuteilung über die Arbeitsämter. Während des Krieges wurde Overbeck für seinen Einsatz mit dem Kriegsverdienstkreuz I. und II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet.

Fred Overbeck wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges bei einem Autounfall schwer verletzt. Er erlebte das Kriegsende in einem Lazarett und geriet daher nicht in Kriegsgefangenschaft.

In seinem Spruchkammerverfahren nach dem Krieg versuchte sich Overbeck in einer schriftlichen Erläuterung zu entlasten. So habe er einem Sozialdemokraten geholfen. Zudem will Overbeck einer anderen Familie, in der die Mutter »Volljüdin« gewesen sei, dadurch geholfen haben, indem er beide Söhne vor Verfolgung und Gewaltanwendung geschützt habe. Des Weiteren gab der Grafiker an, er habe jüdischen Kunstbesitz sichergestellt und diesen zurückgegeben. Bei keiner dieser angeblichen Handlungen gab Overbeck Namen oder Belege an.

Overbecks Spruchkammerverfahren wurde aufgrund der Weihnachtsamnestie 1947 eingestellt. In der Nachkriegszeit arbeitete Overbeck weiter als selbstständiger Werbegrafiker, unter anderem für Henkell, Uhu und die Maschinenbaufirma Noris. Für die Landeshauptstadt Wiesbaden erstellte er u. a. Werbeplakate für die Internationalen Maifestspiele. Overbeck wandte sich in der Nachkriegszeit auch vermehrt der Malerei zu. Overbeck schuf zunächst spätimpressionistische Blumen- und Landschaftsbilder, wandte sich dann zwischen 1947–60 einer expressionistischen Farb- und Formensprache zu und gelangte schließlich zu einer Malerei, die durch immer stärkeren Verzicht auf gegenständliche und farbliche Genauigkeit zu expressiven, flächigen Kompositionen führte. Overbeck vertrat die Auffassung, dass die Abstraktion ein Weg, aber kein Ausweg in der Malerei sei. Im Dezember 1971 zeigte er im Rahmen einer Ausstellung im Hotel Rose eine Auswahl seiner neueren Arbeiten.

Fred Overbeck starb am 9. November 1972 in Wiesbaden.

Auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 14. September 1978 wurde im Stadtteil Südost eine Straße nach dem Werbegrafiker und Künstler Overbeck benannt.
Die auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2020 berufene Historische Fachkommission zur Überprüfung nach Personen benannter Verkehrsflächen, Gebäude und Einrichtungen der Landeshauptstadt Wiesbaden empfahl die Umbenennung der Oberbeckstraße wegen Overbecks Mitgliedschaft in der NSDAP, berufsbedingt hat er zudem der Reichskulturkammer und der NSKOV angehört. Er war als Block- und Propagandaleiter Funktionsträger der NSDAP und trat damit aktiv für den nationalsozialistischen Staat ein. Zudem unterstützte Overbeck durch seine Tätigkeit in der Kreispropagandaleitung Wiesbaden wirksam das NS-Regime und äußerte sich bekennend zur NS-Bewegung. In seiner kriegsdienstlichen Verwendung als Abteilungsleiter für den Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen beim Kommandeur für die Kriegsgefangenen im Wehrkreis XII nahm er an der bewussten Schädigung von Kriegsgefangenen teil.

[Der vorliegende Text wurde von Gloria Bergner für die 2017 gedruckte Version des Stadtlexikons Wiesbaden erstellt und 2024 von Dr. Katherine Lukat überarbeitet und ergänzt.]

Literatur

Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten, 2. Aufl., Wiesbaden 1992 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau 39) [S. 595].

Pikkolo & Co. Werbegrafik zwischen 1928 und 1962; Fred Overbeck, Grafiker, Maler und Texter. Ausstellung Hessische Landesbibliothek Nov. 2000–Feb. 2001, Wiesbaden 2000.

Zeitungsausschnittsammlung Stadtarchiv Wiesbaden, "Overbeck, Fred".