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Schlabrendorff, Fabian von

Schlabrendorff, Fabian von

Rechtsanwalt, Widerstandskämpfer, Bundesverfassungsrichter

geboren: 01.07.1907 in Halle an der Saale

gestorben: 03.09.1980 in Wiesbaden


Artikel

Nach dem Besuch des Gymnasiums Leopoldinum in Detmold absolvierte der Spross einer alten märkischen Adels- und Offiziersfamilie in Halle und in Berlin ein Jurastudium, das er mit dem Assessorexamen und der Promotion abschloss. Schon in der Endphase der Weimarer Republik hatte er den Nationalsozialisten als Diskussionsredner in deren Propagandaversammlungen mutig Paroli geboten.

1932/33 war er in Berlin Mitarbeiter des Staatssekretärs im Preußischen Innenministerium Herbert von Bismarck, der wie er ein erbitterter Feind des Nationalsozialismus war. Früh hatte von Schlabrendorff Verbindungen zu etlichen weiteren NS-Gegnern nationalkonservativer, aber auch anderer politischer Couleur, darunter Ernst Niekisch sowie Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, an dessen Organ „Weiße Blätter. Monatsschrift für Geschichte, Tradition und Staat“ er mitwirkte. Im Herbst 1933 begann er damit, in Rheinhessen und in Pommern zuverlässige Regimegegner in Zellen zusammenzufassen und der sich allmählich formierenden Oppositionsbewegung zuzuführen. 1938 schloss er sich in der Reichshauptstadt dem Widerstandskreis um Hans Oster an. Im folgenden Jahr heiratete er Luitgarde, die Tochter Herbert von Bismarcks, mit der er zwei Töchter und vier Söhne hatte.

Kurz vor Kriegsausbruch reiste er im Einvernehmen mit zivilen und militärischen Oppositionellen nach Großbritannien, um u. a. Winston Churchill von der Existenz der deutschen Widerstandskräfte, dem bevorstehenden Hitler-Stalin-Pakt sowie dem unmittelbar drohenden Überfall auf Polen in Kenntnis zu setzen. Im Oktober 1939 zur Wehrmacht eingezogen, wurde er 1941 Ordonnanzoffizier beim Ersten Generalstabsoffizier der Heeresgruppe Mitte Henning von Tresckow. Mit diesem unternahm er den berühmten Attentatsversuch auf Hitler vom 13. März 1943 in Smolensk. Ferner fungierte von Schlabrendorff als Kurier zwischen den Widerstandskreisen an der Front und solchen im Heimatheer. Mit führenden Köpfen der Umsturzbewegung des „20. Juli 1944“ wie Generaloberst a. D. Ludwig Beck und Carl Goerdeler hielt er ständig Fühlung, desgleichen mit Hauptmann Hermann Kaiser im Stab des Chefs der Heeresrüstung und Befehlshabers des Ersatzheeres sowie mit den Brüdern Otto John und Hans John. Am 17. August 1944 wurde er festgenommen und im Gestapogefängnis des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, später im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Mehrfach schwer gefoltert, hat er trotzdem standgehalten, keinen seiner noch am Leben befindlichen Gesinnungsfreunde preisgegeben und schließlich in seiner – fünfmal verschobenen – Verhandlung vor dem „Volksgerichtshof“ am 16. März 1945 sogar Freispruch erwirkt. Kurz darauf wurde ihm eröffnet, es handele sich um ein Fehlurteil, er werde erschossen. Er wurde aber in das KZ Flossenburg, dann ins KZ Dachau verbracht und anschließend über ein KZ bei Innsbruck nach Niederdorf in Südtirol.

1945 war von Schlabrendorff als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, seit dem Jahr darauf in Wiesbaden tätig, wo er eine Notariatskanzlei begründete. Zugleich fungierte er als Justiziar der Stiftung „Hilfswerk 20. Juli 1944“, zu dessen Gründungsmitgliedern er kurz nach dem Krieg gehört hatte. 1967 wurde der parteilose Konservative mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und stieg außerdem zum Richter beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf, dessen Zweitem Senat er bis 1975 angehörte. Anschließend zog er wieder zurück nach Wiesbaden, um sich erneut in der Anwaltskanzlei zu betätigen, die von seinem Sohn Dieprand sowie seinem Sozius Friedrich Christoph von Bismarck fortgeführt wurde. Die Trauerfeier für den angesehenen Juristen fand am 8. September 1980 unter Beteiligung zahlreicher Prominenter aus Politik, Justiz und Militär in der Marktkirche statt. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem kleinen Friedhof in Morsum auf Sylt, wo auch seine Ehefrau beigesetzt ist.

Literatur