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Schwarz, Lieselotte

Schwarz, Lieselotte

Malerin, Zeichnerin, Dichterin

geboren: 06.10.1930 in Liegnitz (Schlesien)

gestorben: 12.06.2003 in Wiesbaden


Artikel

Nach ihrer Flucht aus Schlesien fand Schwarz verwaist 1946 in Flensburg Asyl. Fortan empfand sie ihr Leben als eine bedrohte Existenz, was sich in ihrem künstlerischen Wirken widerspiegelt. 1949–52 studierte sie in Hamburg an der Meisterschule für Mode und an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste.

1956 gab sie als freie Kinderbuchautorin erfolgreich ihr Debüt. Das erste ihrer Leporellos wurde wiederholt aufgelegt und in Lizenzausgaben verbreitet wie prämiert. Gleiches gilt für ihre Bilderbücher, für die sie teilweise auch die Texte verfasste. So erhielten »Der Traummacher« (1972) und fünf weitere Titel das Prädikat »Eines der fünfzig (schönsten) Bücher der Bundesrepublik Deutschland«. Seit 1968 lebte und arbeitete Schwarz in Wiesbaden.

1969 wurde sie mit einem Stipendium der Villa Massimo in Rom ausgezeichnet. Die Künstlerin konzentrierte sich auf ein überschaubares Repertoire von Realien des Alltags, die aber nicht sind, was sie scheinen, ob es sich um Mann und Frau handelt, ob es das vielschichtige Motiv des Hauses betrifft, ob es um die Bildwörter Herz, Stern, Mond geht oder um ganz elementare Sujets: In ihren imaginativen Bildgedichten, die sich zuweilen zu Geschichten weiten, können diese Chiffren zwischen Fieberträumen, Albträumen und Wunschträumen hin und her wechseln. Strikt flächig, ohne Perspektive und unter Aufgabe der realen Proportionen, herrscht in ihrer ungemein dichten Bildpoesie die aus dem Märchen bekannte Simultaneität. In einem unerbittlich disziplinierten Schaffensprozess bannte sie das Unberechenbare, Unkontrollierte und Magische in eine klar umrissene Form. Dadurch entfaltete sich die für sie so typische Spannung aus essenziellem Reichtum und stringenter Komposition.

Die Kunst des Aquarells beherrschte sie meisterlich, und deren Qualität des definitiv Flüchtigen versetzte sie in Schwingungen. Sie malte gegen das Zerbrechliche und Gefährdete mit trotziger Hoffnung an, um ihre traumatische Vergangenheit zu verschlüsseln.

Auf dem Nordfriedhof fand sie ihre letzte Ruhestätte.

Literatur

Hildebrand, Alexander: Lieselotte Schwarz »Malerbücher«, Mainz 1982.