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Wiesbadener Volksbank eG

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Am 08.09.1860 wurde im Saal »Zum Erbprinzen von Nassau« am Mauritiusplatz der »Vorschuss- und Kreditverein für die Stadt Wiesbaden« in der damals üblichen Form eines Vereins mit unbeschränkter Haftung gegründet. Die Mehrheit der Gründungsmitglieder kam aus Handwerk und Gewerbe. Den Vorsitz der Gesamtverwaltung übernahm der Gerichtsprokurator Dr. Friedrich Schenck. Am 01.10.1860 wurde der Geschäftsbetrieb im Hause Taunusstraße/Ecke Geisbergstraße eröffnet.

Bereits nach kurzer Zeit hatte die Genossenschaft an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. 1864 kam es zur Umbenennung in »Vorschussverein zu Wiesbaden«. In diesem Jahr bezog der Verein auch neue Geschäftsräume im Heymann’schen Haus in der Mühlgasse. 1868, nach dem Erlass des Genossenschaftsgesetzes, erhielt der Wiesbadener Vorschussverein und mit ihm alle anderen genossenschaftlich organisierten Vereine eine umfassend gesicherte rechtliche Stellung. Der Eintrag ins Genossenschaftsregister erfolgte unter der Firma »Vorschussverein zu Wiesbaden Eingetragene Genossenschaft«. Nachdem die Geschäftsräume in der Mühlgasse zu eng geworden waren, wurde 1870 ein neues Domizil in der Beletage des Georg Bücher’schen Hauses Marktstraße/Ecke Ellenbogengasse gegenüber dem alten Rathaus bezogen. Auch diese Räumlichkeiten erwiesen sich bald als unzureichend. 1873 erwarb der Verein das ehemals Scholz’sche Grundstück Friedrichstraße/Ecke Schillerplatz. In den Folgejahren entstand hier nach dem Entwurf des Stadtbaumeisters Alexander Fach ein repräsentatives Bankgebäude, das auch heute noch als Hauptgeschäftsstelle der Bank dient. Die neuen Geschäftsräume am Schillerplatz konnten am 06.10.1876 bezogen werden. Zu dieser Zeit hatte der Vorschussverein 4.077 Mitglieder.

Seit den Anfängen des Vorschussvereins war den Wiesbadenern die Förderung und die Unterstützung des Genossenschaftswesens in Deutschland ein besonderes Anliegen. Nach dem Tod von Hermann Schulze-Delitzsch 1883 wurde Dr. Schenck auf persönlichen Wunsch des Verstorbenen zu seinem Nachfolger als Anwalt des »Allgemeinen Verbands der auf Selbsthilfe beruhenden Deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften« gewählt. Infolge der fortschreitenden Entwicklung und Erweiterung Wiesbadens und der damit einhergehenden regen Bautätigkeit gelang es dem Verein seine Geschäftstätigkeit deutlich auszubauen.

Anfang des 20. Jahrhunderts konnten sämtliche bankmäßigen Geschäfte zu günstigen Bedingungen angeboten werden: Kredite, Wechselgeschäfte, An- und Verkauf von Wertpapieren, Einlösung von Coupons und Sorten, die Ausstellung von Kreditbriefen und Schecks auf alle bedeutenden Plätze des In- und Auslandes, die kostenfreie Überweisung von Geldern über das Reichsbank-Girokonto und Postscheckkonto, die Übernahme von Kautionsleistungen bei Staats- und städtischen Behörden.  Auch das Vermögen des Vereins war auf beachtliche 4,5 Millionen Mark angewachsen.

1905 wandelte sich der Verein in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung um. 1910 feierte der Vorschussverein sein 50-jähriges Jubiläum mit einem Festakt im neuen Kurhaus. Zunehmend wurde auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen, dass der »Vorschuss« seit seiner Gründung viel zur schnellen Entfaltung von Stadt und Wirtschaft beigetragen hatte. 1924 kam der Beschluss, die Bank »Wiesbadener Bank Eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung« zu nennen. Dank der seit ihren Anfängen geübten Politik einer weit über dem Durchschnitt liegenden Zahlungsbereitschaft und einer vorsichtigen Kreditvergabe überstand die Bank die nachfolgenden schlechten Zeiten wie die Inflation, die Bankenkrise von 1931 sowie die beiden Weltkriege.

In der Phase von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder konnte sie ihre Stellung als Stütze der mittelständischen Wirtschaft in Wiesbaden schnell wieder einnehmen und weiter ausbauen. 1950 erhielt die Bank den Status einer »Außenhandelsbank«. Die zunehmende Geschäftstätigkeit und die wachsende Kundenzahl blieben nicht ohne Auswirkung auf die räumlichen Kapazitäten der Kreditgenossenschaft. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde das Filialnetz systematisch ausgebaut und damit verbunden auch das Mengengeschäft. 1969 kam es zur Fusion mit der 1865 gegründeten Vereinsbank Wiesbaden, vier Jahre später mit der Volksbank Wiesbaden-Biebrich. Seither firmiert die Bank unter dem Namen »Wiesbadener Volksbank eG«.

Weitere Fusionen erfolgten 1988 (Volksbank Bad Schwalbach), 1989 (WKG-Bank Kreditbank Wiesbaden eG), 2001 (Raiffeisenbank Wiesbaden) und 2003 (Raiffeisenbank Frauenstein). 2009 schloss sich die Wiesbadener Volksbank mit der Volksbank Eltville zusammen.

Im selben Jahr fiel die Entscheidung, das bisher von der Hauptstelle geführte Geschäft mit vermögenden Privatkunden an einen neuen Standort zu verlegen. Mit »Wiesbadener Volksbank Private Banking« kreierte die Bank eine eigene Marke, erwarb eine um 1902 erbaute, repräsentative Villa an der Bierstadter Straße und baute sie entsprechend den geschäftlichen Anforderungen um. Von hier aus betreut sie Kunden mit besonderen Ansprüchen bei allen Finanz- und Vermögensangelegenheiten und bietet eine Vermögensverwaltung, die Planung der Vermögensnachfolge sowie das Stiftungsmanagement an.

Heute zählt die Wiesbadener Volksbank zu den größten und erfolgreichsten Volksbanken in Deutschland. Geschäftsdaten (Stand: 31.12.2015): Kundenanzahl: 135.000; Bilanzsumme: 3,9 Milliarden Euro; Mitglieder: 67.520; Filialen: 29; SB-Filialen: 6; Mitarbeiter: 622.

Literatur

Schmidt-von Rhein, Georg (Red.): Festschrift zum 150. Jubiläum der Wiesbadener Volksbank 1860–2010. Vorstand der Wiesbadener Volksbank (Hrsg.), Wiesbaden 2010.