Sprungmarken

Heßloch

Artikel

In der Nähe von Heßloch befand sich ein vorgeschichtlicher Siedlungsplatz und später eine fränkische Ansiedlung. Der Name setzt sich aus den Worten »Hasel« und »Loch« im alten Sinn von Buschwald (Loh) zusammen. Erstmals erwähnt wird der Wald (silva) Heseloch in einer Urkunde aus dem Jahr 1221, die die Grenzen des zum Bierstadter Fronhof gehörigen Landes beschreibt. Weitere urkundliche Erwähnungen in den Jahren 1252 und 1257 stehen in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen des hier begüterten St. Jakobs-Klosters in Mainz mit dem Ritter Gottfried von Biegen. 1393 erhielten »Hanmann von Heseloch und Katharina seine Wirthin« den (in Heßloch oder Bierstadt befindlichen) Lindenthaler Hof zu Erblehen. Laut einem Eintrag von 1411 hatten »die Erben des Pritsche Lang von Klop(p)heim« von einem Gut in Heßloch Zinsen zu zahlen.

Die Herren von Eppstein besaßen in Heßloch die Hochgerichtsbarkeit, Leibeigene und verschiedene andere Rechte, die sie 1441 an die Grafen zu Nassau abtraten. Seit dieser Zeit gehörte das kleine Dorf zur Herrschaft Wiesbaden. 1512 ist in einer Urkunde vom Gericht zu Heßloch »in den Bannzäunen« die Rede. Am Wald, der die Heßlocher Gemarkung zu mehr als der Hälfte umschließt, besaß die Gemeinde kaum Anteile. Seit 1524 war Heßloch allerdings Mitglied der Markgenossenschaft zur Wiesbadener Höhe oder Mitmärker und erhielt damit Nutzungsrechte in den nördlich von Wiesbaden gelegenen Taunuswäldern. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Gemarkung Heßloch ein ca. 200 Morgen großes Stück Wald im Kellerskopf-Distrikt Stielheck und 1839 der im Norden liegende Walddistrikt Steinkopf zugeschlagen.

Heßloch war die kleinste Gemeinde in der Herrschaft Wiesbaden. Gemeinsam mit den Kloppenheimern wurden die Einwohner seit 1524 zur Fronarbeit herangezogen, und zwar sowohl für die Grafen zu Nassau zu Wiesbaden als auch für die nassau-weilburgische Herrschaft. Seit 1543 war Kloppenheim der für Heßloch zuständige Pfarrbezirk. Die Geburts-, Heirats- und Sterbeeintragungen der Heßlocher Bevölkerung sind seit dem Beginn der Kloppenheimer Kirchenbücher im Jahre 1610 dort nachgewiesen. Der Gemeinde Heßloch gehörte seit der Erweiterung der Kloppenheimer Kirche von 1706/1708 1/6 des Kirchenschiffs. Im gleichen Verhältnis mussten die Einwohner zu den Unterhaltungskosten beitragen. Erst 1825 wurde in Heßloch ein eigener Friedhof angelegt. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hielten die Kloppenheimer Pfarrer Gottesdienst in der Heßlocher Schule. 1976 konnte für diesen Zweck ein Gemeindehaus gebaut und 1995 durch einen Glockenturm ergänzt werden.

Auch schulisch gehörte Heßloch lange zu Kloppenheim; bis 1728 besuchten die Heßlocher Kinder die dortige Schule, an deren Unterhaltungskosten die Gemeinde sich zu 1/6 beteiligen musste. Der damalige Schultheiß Johann Andreas Wex gab nach der Heßlocher Schulchronik den Anstoß zur Errichtung eines zweigeschossigen Gebäudes, das bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts auch als Hirtenhaus diente und mit einer Glocke samt Uhr versehen war. Zu den Aufgaben des Lehrers gehörte das Glöckneramt. Eine neue Schule in der Steinkopfstraße 12 wurde am 31.10.1869 eingeweiht. Die Schülerzahl stieg von etwa 20 zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf 71 im Jahr 1910. In diesem Jahr erfolgte auch ein Schulhausneubau in der heutigen Hirschgartenstraße. Die alte Schule diente fortan als Rathaus. Zu Ostern 1963 wurde die Heßlocher Schule geschlossen, die Grundschüler besuchten erneut in Kloppenheim die »Ernst-Göbel-Schule«. Das alte Schulhaus ist heute Privatbesitz, das neue beherbergt den Kindergarten.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg zählte das Dorf nur noch 26 Einwohner. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts lebten hier stets weniger als 100 Menschen; die Zahl stieg im 19. Jahrhundert auf 250 Personen. 1746 waren von den 81 Einwohnern 24 Grundbesitzer, denen insgesamt 235 Morgen Ackerland, 15 Morgen Wiesen und 8 Morgen Weingärten gehörten. Um ihr kärgliches Auskommen aufzubessern, verdingten sich die Bauern zusätzlich als Waldarbeiter. Die Jahre 1816 und 1817 waren schlimme Hungerjahre für das Dorf. Verwaltet wurde Heßloch von einem Schultheiß, dem einige Schöffen zur Seite standen; erstmals erwähnt wird der Schultheiß zu Beginn des 16. Jahrhundert. Ein Gerichtssiegel aus dem 18. Jahrhundert zeigt eine Frauengestalt mit Schwert und Waage. Letzteres Attribut taucht in dem Wappen, das der jetzige Stadtbezirk 1951 erhielt, wieder auf.

1848 erhielt auch Heßloch Selbstverwaltungsrechte und das Recht der Bürgermeisterwahl. Am 01.04.1928 wurde Heßloch nach Wiesbaden eingemeindet. Die Wirtschaftsstruktur des ehemaligen Bauerndorfes hat sich gewandelt. Die Zahl der Milch produzierenden Landwirtschaften ging auf 34 in den letzten Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg zurück. Ende des 20. Jahrhunderts gab der letzte Voll-Erwerbs-Landwirt seinen Hof auf. Abgesehen von einigen Handwerkern und Büros kleinerer Firmen pendeln die erwerbstätigen Heßlocher zu ihren Arbeitsplätzen in Wiesbaden, Frankfurt und dem Umland. In den Jahrzehnten nach der Eingemeindung stieg die Einwohnerzahl allmählich an. Aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen betrug sie nach dem Zweiten Weltkrieg über 450 Personen. Durch die immer bessere Anbindung nach Wiesbaden wurde Heßloch zu einer attraktiven, von Streuobstwiesen umgebenen Wohngemeinde und erreichte nach der Ausweisung neuer Baugebiete seit den 1960er-Jahren eine Einwohnerzahl von ca. 700 Personen. Trotz dieses Wachstums konnte sich der Ort seine ländliche Struktur mit einem regen Vereinsleben erhalten. Mitgliedsstärkster Verein ist der Turn- und Sportverein TuS Heßloch 1888 e.V. mit fast so vielen Mitgliedern wie Einwohnern.

Die bekanntesten Heßlocher Bürger sind der ehemalige Stadtverordnete Werner Kilian und der ehemalige Bundesinnenminister Manfred Kanther.

Literatur

Schreiber, Alfred: Heßloch – vom Dorf zum Stadtbezirk. In: Erbenheim, Igstadt, Bierstadt, Kloppenheim, Heßloch, Broschüre ohne Datum, ohne Herausgeber.

Heßloch, Materialien zur Stadtentwicklung, Wiesbaden 1992.