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Kolumne im März 2023

"75 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wiesbaden"

Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,

die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wiesbaden e.V. feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen; sie wurde im November 1948 als zweite in Deutschland gegründet. Sie stellt sich – wie die seit 1951 im Deutschen Koordinierungsrat (DKR) zusammengeschlossenen weiteren 84 Gesellschaften in der Bundesrepublik – der bleibenden Verantwortung angesichts der von Deutschen und in deutschem Namen betriebenen Vernichtung jüdischen Lebens.

Die Landeshauptstadt Wiesbaden und die Jüdische Gemeinde Wiesbaden pflegen seit vielen Jahren ein äußerst enges, freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit setzt sich ein für die Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Christen und Juden bei gegenseitiger Achtung aller Unterschiede, für die Erinnerung an die Ursprünge und Zusammenhänge von Judentum und Christentum und für die Entfaltung freien, ungehinderten jüdischen Lebens in Deutschland. Der christlich-jüdische Dialog, das Eintreten gegen den Antisemitismus und die Erinnerung an den Holocaust bilden die Grundpfeiler der thematischen Arbeit.

Ein Schwerpunkt dieser Arbeit ist die bundesweite "Woche der Brüderlichkeit", mit der jedes Jahr im März auf die Ziele und die Arbeit sowie das jeweilige Jahresthema hingewiesen wird. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wiesbaden führt bereits seit 1952 eine solche Woche durch. Das diesjährige Motto der "Woche der Brüderlichkeit" lautet: "Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung". Mit der Woche der Brüderlichkeit wendet sich die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegen alle Formen von Judenfeindlichkeit und Antisemitismus, Diskriminierung, Intoleranz, Fanatismus und Rechtsextremismus. Die Woche der Brüderlichkeit trägt seit Jahrzehnten zum Wachsen eines vertrauensvollen und partnerschaftlichen Verhältnisses zwischen Christen und Juden in unserer Stadt und in ganz Deutschland bei. Und gemessen an der entsetzlichen Vergangenheit, die Deutsche und Juden immer in beispielloser Weise verbinden wird, erscheinen unsere heutigen Beziehungen beinahe wie ein Wunder der Geschichte. Gerade hier bei uns in Wiesbaden hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Freundschaft entwickelt, auf die nach dem Ende der Naziherrschaft niemand ernsthaft hoffen konnte. Maßgeblichen Anteil hieran haben die Weltoffenheit und Toleranz, die unsere Jüdische Gemeinde hier vorlebt. Einen erheblichen Anteil daran hat aber auch die Arbeit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Gemeinsam mit der Stadt und den christlichen Kirchen arbeitet die Gesellschaft erfolgreich daran, diese Freundschaft zu erhalten und auszubauen.

Zur Wahrheit gehört aber leider auch, dass jüdisches Leben in Deutschland nicht sicher ist. Spätestens seit dem Anschlag von Halle sollte jedem klar geworden sein, dass in Deutschland wieder Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus unseren Alltag in einer Weise prägen, die wir lange überwunden gehofft hatten. Die zunehmende Zahl an antisemitischen Vorfällen muss uns allen eindringliche Mahnung sein, unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wieder in der Gewissheit zu bestärken, hier bei uns in Wiesbaden – und in ganz Deutschland – willkommen und sicher zu sein! Juden gehören zu Deutschland und sind Teil unserer Identität. Wir alle müssen zusammenstehen für eine tolerante und weltoffene, für eine menschenfreundliche Gesellschaft, in der alle gut leben können – ob sie Juden sind, Christen, oder auch Muslime oder Atheisten. Wir alle zusammen bilden unsere Stadtgesellschaft. Und gerade die Vielfalt macht deren Reiz aus.

Herzlichst

Signatur Gert-Uwe Mende

Gert-Uwe Mende
Oberbürgermeister


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