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Köhler, Alban

Köhler, Alban

Radiologe

geboren: 01.03.1874 in Petsa bei Rositz (Thüringen)

gestorben: 26.02.1947 in Niederselters


Artikel

Alban Köhler wurde als Sohn eines Landwirts bei Altenburg in Thüringen geboren. Nach dem Besuch der Dorfschule Monstab wechselte Köhler zunächst an das Realgymnasium und später an das humanistische Gymnasium in Altenburg, welches er 1893 mit dem Abitur verlies. Anschließend studierte Köhler Medizin in Freiburg, Leipzig, Berlin und Erlangen. 1897 wurde er in Freiburg promoviert und bestand ein Jahr später das Staatsexamen.

Nach seinem Studium war Köhler 1898 Assistent des Pathologen Christian Schmorl in Dresden. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst jeweils ein halbes Jahr in Freiburg und Dresden ab. In Freiburg war Köhler beim Infanterie-Regiment 113 eingesetzt. In Dresden war er Unterstabsarzt beim Pionier-Bataillon 12. Auch nach seinem Militärdienst blieb Köhler Reservist und wurde bis in den Rang eines Stabsarztes der Reserve befördert.

Zwischen 1899 und 1902 war Köhler Assistenzarzt beim Chirurgen Friedrich Cramer am St. Josefs-Spital in Wiesbaden. 1902 ließ er sich mit einer eigenen Praxis in der Wiesbadener Paulinenstraße nieder. Köhler war der erste deutsche Mediziner, der sich Facharzt für Röntgenologie nannte. Er gilt als Pionier der Radiologie. 1905 war er Mitbegründer der Deutschen Röntgengesellschaft, 1912 wurde er zu deren ersten Vorsitzenden gewählt.

Neben seiner Tätigkeit als Facharzt forschte Köhler in seiner Praxis. Er war nicht nur Diagnostiker, sondern nutzte Röntgenstrahlung auch zur Therapie. Hierfür entwickelte er Techniken, die eine Tiefenbestrahlung ermöglichten. Seine Forschungsergebnisse publizierte er mit großem Erfolg. Insbesondere sein Buch »Grenzen des Normalen und Anfange des Pathologischen im Röntgenbilde« ist bis heute in 14 Auflagen erschienen und in viele Sprachen übersetzt worden. 1913 verlieh ihm Herzog Ernst zu Sachsen für seine wissenschaftliche Arbeit den Professorentitel der medizinischen Fakultät der Universität Jena.

Während des Ersten Weltkrieges war er an den Reservelazaretten Wiesbadens als Röntgenarzt eingesetzt. Im Oktober 1915 war Köhler zudem für einige Wochen als Radiologe im Großen Hauptquartier tätig.

Nach dem Krieg nahm er seine Praxistätigkeit in Wiesbaden wieder auf. Nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten trat Köhler verschiedenen NS-Organisationen bei. So war er seit 1933 Mitglied des »Stahlhelms – Bund der Frontsoldaten« und wechselte am 8. November 1933 in die SA. In der SA nahm er das Amt eines Sanitätstruppführers ein. Er war auch Mitglied der DAF und des NSFK. Im NSFK hatte er ebenfalls das Amt eines Sanitätstruppführers inne.

Alban Kohler beantragte am 9. Juni 1937 den Beitritt zur NSDAP und wurde am 1. März 1939 in die Partei aufgenommen. Zudem war Kohler zwischen 1938 und 1945 Mitglied des NS-Reichsbundes für Leibesübungen, der Organisation »Kraft durch Freude«, des NS-Altherrenbundes und des NS-Ärztebundes.

Alban Köhler war zumindest zeitweise auch Mitglied des NSDAP-Hauptamtes für Volksgesundheit. Diese Ämter waren sowohl auf Reichs- als auch auf Gau- und Kreisebene angesiedelt. In Wiesbaden war das Amt im Landeshaus untergebracht. Die Ämter für Volksgesundheit wurden als »parteiamtliche Alternativstruktur« zur Aufwertung des öffentlichen Gesundheitsdienstes gegründet. Der öffentliche Gesundheitsdienst entwickelte sich schnell zum entscheidenden Aktionsfeld rassenhygienisch bestimmter Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik. Die NS-Ärztefunktionäre wirkten dem über eine parteiamtliche Alternativstruktur entgegen. Eine hohe Zahl von Ärzten und Zahnärzten waren Mitglieder von NS-Organisationen, weshalb die Gesundheitsführung (mindestens die Gesundheitsförderung) direkt in die NS-Bewegung eingegliedert werden sollte.

Die Ämter für Volksgesundheit verfügten über eine breite Basis. Die insgesamt 620 Ämter verfügten über ca. 30.000 Mitglieder. In der Verwaltungsstelle des Amtes Wiesbaden waren 107 Arzte zugelassen. Die Kernaufgabe der im Amt für Volksgesundheit registrierten Ärzte bestand in der Untersuchung der Parteikader auf Kreis- und Ortsebene. Sie waren für die Gesundheitsstammbücher zuständig und damit entscheidender Ansatzpunkt für eine Gesundheitsführung und Erbpflege im Sinne rassenbiologischer Zielsetzungen.

Alban Köhler war für das NSDAP-Hauptamtes für Volksgesundheit in Wiesbaden tätig. In dieser Funktion führte Köhler auch Gruppen durch die Ausstellung »Volk und Rasse«, die im Oktober 1936 in Wiesbaden gezeigt wurde. Köhler war für die Gruppenführungen der SA eingeteilt.

Im August 1938 meldete sich Alban Kohler mit 64 Jahren als Sanitätsoffizier der Reserve zum Militärdienst. Zum aktiven Dienst in der Wehrmacht kam es jedoch nicht, da Kohler »unabkömmlich« gestellt wurde, weil er für die medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung benötigt wurde.

Nach dem Kriegsende 1945 führte die Spruchkammer ein verfahren gegen Alban Köhler durch. Die Kammer stufte den Radiologen in Gruppe 4 (»Mitläufer«) ein und verurteilte ihn zu einer »Sühneleistung« von 100 RM.

Im Stadtteil Bierstadt wurde durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 12. Mai 1961 eine Straße nach Alban Köhler benannt. In unmittelbarer Nähe wurden zahlreiche weitere Verkehrsflächen nach führenden Ärzten benannt. Wegen seiner Mitgliedschaften in mehreren nationalsozialistischen Organisationen (NSDAP, SA, DAF, NSFK, NSRL, NSDAB, NSDAP-Hauptamt für Volksgesundheit, NS-Altherrenbund, Kraft durch Freude und berufsbedingt der Reichsschrifttumskammer) und der Übernahme von Funktionen sowie der so erfolgten Unterstützung des NS-Staates empfahl die auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2020 berufene Historische Fachkommission zur Überprüfung nach Personen benannter Verkehrsfläche, Gebäude und Einrichtungen der Landeshauptstadt Wiesbaden die Kontextualisierung der Alban-Köhler-Straße. In die Entscheidung floss ebenfalls Köhlers Mitgliedschaft im »Stahlhelm« als völkisch-nationalistische Gruppe vor 1933 und die Führung für Angehörige der SA durch die Ausstellung »Volk und Rasse« sowie die damit artikulierte ideologische Nähe zum Nationalsozialismus ein.

Literatur

Journal of Bone and Joint Surgery, Boston 8/1926 [S. 257–261].

Zabel, Norbert: Pionier der Radiologie Alban Köhler (1874–1947) und seine Erinnerungen an Wiesbaden und Niederselters. In: Nassauische Annalen 115/2014 [S. 371–386].