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Städtische Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte

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Am 30.03.1945 beauftragten die Amerikaner den Wiesbadener Rudolf Jesinghaus-Medicus mit der Betreuung von Überlebenden des Holocaust. Die Städtische Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte unterstand dem Fürsorge-Dezernenten Philipp Holl und war im Fürsorgeamt in der Lehrstraße 10 untergebracht.

Jesinghaus setzte sich vehement für die ihm anvertraute Personengruppe ein. Zu seinen Aufgaben zählte es, Wohnraum zu requirieren, durchziehende ehemalige KZ-Häftlinge zu versorgen und noch nicht zurückgekehrte KZ-Insassen ausfindig zu machen oder mehr über ihr Schicksal in Erfahrung zu bringen. Auf seine Initiative ging ein Aufruf »An die Konzentrationslager-Rückkehrer und politisch Verfolgten« zurück, mit dem Oberbürgermeister Georg Krücke die Heimkehrenden begrüßte und ihnen jede erdenkliche Hilfe zusicherte. Auch ein »Hilfswerk für die von der NSDAP Verfolgten«, das im Juli 1945 ins Leben gerufen wurde und die Bevölkerung zu Spenden aufforderte, wurde von ihm angeregt.

Das Verhältnis zwischen der Städtischen Betreuungsstelle und der Stadtverwaltung, aber auch gegenüber der Militärregierung gestaltete sich jedoch zunehmend schwierig. Jesinghaus verlangte mehr Personal und eine bessere Ausstattung seiner Dienststelle und beklagte die zunehmende Bürokratie. Trotz allem war die Städtische Betreuungsstelle auch weiterhin eine wichtige Anlaufstelle.

In der zweiten Jahreshälfte übernahmen dann die neu gegründete Jüdische Gemeinde sowie das Wiesbadener Konzentrationslager-Komitee Aufgaben der Städtischen Betreuungsstelle. Am 8.12.1945 wurde sie dem städtischen Wohlfahrtsamt und der Leitung von Heinz Ranly unterstellt und 1949 in »Anmelde- und Vorprüfstelle zur Durchführung des Entschädigungsgesetzes« umbenannt. Untergebracht war sie nunmehr in der Bahnhofstraße 61. Ihre Akten sind verschollen.

Rudolf Jesinghaus-Medicus nahm sich 1951 das Leben.

Literatur