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Stuckart, Wilhelm

Stuckart, Wilhelm

Jurist, Staatssekretär, Gauobmann des Bundes Nationalsozialistischer Juristen

geboren: 16.11.1902 in Wiesbaden

gestorben: 15.11.1953 bei Hannover


Artikel

Nach juristischem Staatsexamen und Promotion in Frankfurt am Main erhielt Stuckart eine Referendarstelle in der Kanzlei Liebmann-Hallgarten in Wiesbaden. 1931 kam es zu einem Streit, als Stuckart, völlig unerwartet für seinen jüdischen Arbeitgeber, antisemitische NS-Parolen vertrat. Kurze Zeit später stand sein Ausschluss als Rechtsanwalt aus dem Amtsgerichtsbezirk Wiesbaden wegen Begünstigung eines Nationalsozialisten bevor.

Daraufhin ließ sich Stuckart in Stettin als Rechtsanwalt nieder. Am 01.04.1932 trat er der NSDAP bei, avancierte zum Gauobmann des Bundes Nationalsozialistischer Juristen und wurde nach der Machtübernahme 1933 kommissarischer Oberbürgermeister von Stettin, ein halbes Jahr später Staatssekretär im preußischen Kultusministerium und schließlich im März 1935 Staatssekretär im Reichsministerium des Inneren.

Im September des Jahres erarbeitete er während des Nürnberger Parteitages mit Hans Globke die »Nürnberger Gesetze«, die Juden die »Reichsbürgerrechte« absprachen und die Eheschließung zwischen »Ariern« und »Juden« verboten. Stuckart wirkte an dem diskriminierenden Namensgesetz (Zwangszusatznamen Israel und Sara) ebenso mit wie an der Einführung des »Rasseschande-Paragraphen«. Während der Wannsee-Konferenz am 20.01.1942 war er als Staatssekretär des Innenministeriums entscheidend an der Planung von Maßnahmen beteiligt, die zur Deportation und Vernichtung von Millionen von Juden in Europa führen sollten. Seine Ausführungen zur »Mischlingsfrage« bestimmten große Teile der Konferenz. Vor dem Nürnberger Gerichtshof behauptete Stuckart, er habe nichts von dem Schicksal der jüdischen Deportierten gewusst. Trotzdem wurde er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt; als schwerkrank eingestufter »Schreibtischmörder« erhielt er allerdings nur eine Haftstrafe, die durch die Untersuchungshaft als abgegolten galt.

Nach seiner Entlassung wurde Stuckart Kämmerer in Helmstedt und später Geschäftsführer des Instituts zur Förderung der Niedersächsischen Wirtschaft. Im Oktober 1951 wählte man Stuckart zum dritten Landesvorsitzenden des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) in Niedersachsen. 1952 trat er in die Sozialistische Reichspartei ein, die 1954 als Nachfolgeorganisation der NSDAP verboten wurde.

 1953 kam er bei einem Autounfall ums Leben.

Literatur

Bembenek, Lothar: Täter als Nachbarn, WI 2010 (Manuskript, Sammlung Bembenek).

Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007.

Rebentisch, Dieter: Führerstaat und Verwaltung im Zweiten Weltkrieg, Verfassungsentwicklung und Verwaltungspolitik 1939–1945, Stuttgart 1989.