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Erster Wiesbadener Helmuth Plessner Preis geht an Michael Tomasello
Der Wiesbadener Helmuth Plessner Preis, der in diesem Jahr erstmalig vergeben wird, geht an den weltweit bedeutenden kognitionspsychologischen und soziologischen US-amerikanischen Forscher, Michael Tomasello.
Auf Initiative der Helmuth Plessner Gesellschaft (HPG) hat Wiesbaden 2013 Helmuth Plessner zu Ehren einen Preis gestiftet. Er ist mit 20.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre in Kooperation mit der HPG durch die Landeshauptstadt an Plessners Geburtstag, dem 4. September, verliehen. Mit Tomasello wird ein Pionier der Philosophischen Anthropologie im 21. Jahrhundert geehrt.

Dem Preiskuratorium gehören gleichberechtigt die Wissenschaftler der Helmuth Plessner Gesellschaft, Joachim Fischer, Hans Peter Krüger, Olivia Mitscherlich-Schönherr und Marco Russo, sowie die von der Stadt nominierten Mitglieder, Oberbürgermeister Sven Gerich, Tilman Allert, Detlev Reymann und Lorenz Jäger, an. Unter dem Vorsitz von Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz hat das Kuratorium Michael Tomasello, den Co-Direktor des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, als ersten Preisträger gekürt.

„Der Landeshauptstadt Wiesbaden ist es ein Anliegen, gemeinsam mit der Helmuth Plessner Gesellschaft dem für die europäische Philosophie, Anthropologie und Soziologie originellen Impulsgeber Plessner nachhaltig die ihm gebührende Öffentlichkeit zu geben“, so Scholz. Plessners Schlüsselwerke entstanden in den zwanziger Jahren während der Semesterferien am elterlichen Esstisch in Wiesbaden. Ein im Sommer erscheinender Band „Plessner in Wiesbaden“, herausgegeben von Tilman Allert und Joachim Fischer, Springer VS Verlag, nimmt Wiesbaden als biographischen Ausgangspunkt, um verschiedenste Lebens- und Werkstationen zu beleuchten. Der Helmuth Plessner Preis soll einer der international bedeutenden kultur-, sozial- und lebenswissenschaftlichen deutschen Preise werden.

Am Donnerstag, 4. September, wird der Preis im Rathaus im Rahmen eines Festaktes an Tomasello übergeben. Die Laudatio trägt der Dresdner Soziologe und Präsident der Helmuth Plessner Gesellschaft, Joachim Fischer, vor. Tomasello wird zudem einen Vortrag zum menschlichen Sonderweg in der Evolution halten.

Hintergrund:
Helmuth Plessner, 1892 in Wiesbaden geboren, lebte bis zu seinem 20. Lebensjahr in der „Weltkurstadt“. Sein Vater war ein in der Stadt anerkannter Sanatoriumsarzt und -leiter jüdischer Herkunft. Plessner studierte im Anschluss an sein Abitur am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium parallel Zoologie und Philosophie in Heidelberg, dann Philosophie in Göttingen und Erlangen. Nach seiner Habilitation 1920 verfolgte er konsequent seine Laufbahn als Privatdozent für Philosophie an der neu gegründeten Kölner Universität neben Max Scheler. 1933 wurde er wegen der jüdischen Herkunft seines Vaters aus dem Hochschuldienst entlassen und ging ins niederländische Exil nach Groningen. Nach seiner Remigration 1949 wurde er als Göttinger Soziologe mit Horkheimer, Adorno und Gehlen einer der wichtigen Intellektuellen der jungen Bundesrepublik Deutschland („Verspätete Nation“). Plessners Werk „Die Stufen des Organischen und der Mensch“ zählt zu den meistdiskutierten Denkansätzen der Philosophischen Anthropologie. Seine Studie zu den „Grenzen der Gemeinschaft“ fand nach 1989 auch außerhalb von Fachkreisen erhebliche Beachtung.

Tomasello arbeitet mit differenzierten ontogenetischen Vergleichen zwischen den genetisch so nah verwandten Primatenjungen und Menschenkindern. Damit setzt er in neuer, experimenteller und interpretierender Weise die für die Philosophische Anthropologie Plessners einschlägige Forschungstradition kontrastiver Tier-/Mensch-Vergleiche fort. Er verfolgt experimentalsoziologisch die Differenz der Humanontogenese am Monopol der „Zeigegeste“; unter den Primaten lassen sich ausschließlich zwei Menschenkinder untereinander etwas Drittes zeigen beziehungsweise zeigen selbst auf etwas. Diese starke Kopplung von Objektivität und Intersubjektivität ermöglicht in einer evolutionsgeschichtlichen Besonderung eine „geteilte Intentionalität“, die menschliche Lebewesen vor allem durch Sprache zur Kommunikation zwecks Kooperation einsetzen. In der gegenwärtigen soziologischen und philosophischen Auseinandersetzung mit dem dominierenden Naturalismus ist wichtig, dass Tomasello lebendige Natur letztlich als Ermöglichungsstruktur der sozio-kulturellen Welt versteht – und nicht wie der Darwinismus als einen Determinismus und Reduktionismus.

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Herausgeber:
Pressereferat
der Landeshauptstadt Wiesbaden
Schlossplatz 6
65183 Wiesbaden
Für Fragen der Bürgerinnen und Bürger
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