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Wiesbadener Palliativpass für Notfallsituationen
Die hospizliche und palliative Versorgung in der Landeshauptstadt Wiesbaden ist – mit dem ersten stationären Hospiz in Hessen, den Palliativstationen in den Dr. Horst Schmidt Kliniken und dem Sankt Josefs-Hospital sowie der Palliativberatung in der Asklepios Paulinen Klinik und den Palliativ-Care-Teams, die bei Betroffenen vor Ort im Einsatz sind, - über die hessischen Landesgrenzen hinaus bekannt.
Auch in der öffentlichen Wahrnehmung gewinnt die Thematik zunehmend an Bedeutung, obwohl die Auseinandersetzung mit Sterben und Tod bei einigen Bürgerinnen und Bürgern noch immer mit Vorbehalten belastet ist. Mit der Zeichnung der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen“ am 27. November 2013 hat die Stadt Wiesbaden hier ein deutliches Signal für eine bewusste Auseinandersetzung gesetzt. „Von Beginn an sollte die Zeichnung der Charta durch einen aktiven Dialog, der Chancen und Lücken in der hospizlichen und palliativen Versorgung in Wiesbaden aufzeigt, begleitet werden“, so Bürgermeister Goßmann. „Hierzu habe ich Anfang 2013 eine multiprofessionelle Expertenrunde unter Leitung meiner Fachreferentin Patricia Eck einberufen.“

Diese Expertenrunde hat ein zu bearbeitendes Gebiet erschlossen: Viele Menschen, die an fortschreitenden oder unheilbaren Erkrankungen leiden, möchten in einer ihr vertrauten Umgebung bleiben. „Der schwerstkranke Patient, der eine palliativ/hospizliche Versorgung benötigt, wünscht sich zwar, dass sein Leiden effektiv gelindert wird, will meist aber keine lebens- und somit leidensverlängernden Maßnahmen, insbesondere keine Reanimation und schon gar keine Krankenhauseinweisung. Der Wunsch vieler Menschen ist es, zu Hause im Kreise der Lieben sterben“, sagt Dr. Holger Meireis, Leiter des Gesundheitsamtes Wiesbaden.

„Der Palliativpass bietet die Möglichkeit, der schwierigen Frage nach der richtigen medizinischen Entscheidung in einer Notfallsituation eine klare und verlässliche Antwort zu geben, anstatt ihr auszuweichen“, betont Dr. Bernd Oliver Maier, Chefarzt der Klinik für Palliativmedizin und interdiszplinäre Onkologie am Sankt Josefs-Hospital Wiesbaden.

Der Rettungsdienst – gleich ob Rettungsassistent oder Notarzt – wird somit in der Regel zu einem unbekannten Patienten gerufen, dessen Zustand sich akut und massiv verschlechtert. Er muss dann unter extrem hohem Zeitdruck die Situation diagnostisch abklären und sofort alle Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, Leben und Gesundheit des Patienten zu retten - unter Einschluss von Reanimation und Krankenhauseinweisung. Tut er das nicht, so setzt er sich der Gefahr der rechtlichen Verfolgung aus. „In diesen Fällen ist es jedoch möglich, dass ein Notarzteinsatz, der womöglich einen Krankenhausaufenthalt nach sich zieht, für die Betroffenen – hochpalliative Patienten - trotz allem zu keiner Besserung führt“, so Dr. Thomas Nolte, Leiter des Palliative Care Teams ZAPV Wiesbaden – Zentrum für Ambulante Palliativversorgung.

Für diese Problemkonstellation und Zielgruppe bietet der Palliativpass eine sinnvolle Lösung: Die betroffenen Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger können nach eingehender ärztlicher Beratung ihrem Willen im Wiesbadener Palliativpass für Notfallsituationen eindeutig Ausdruck verleihen, wenn sie in Notfallsituationen nicht mehr für sich selbst entscheiden können.

Dr. Bernd Wagner, Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie und Palliativmedizin an den Dr. Horst-Schmidt-Kliniken, betont: „Der Wiesbadener Palliativpass soll dazu beitragen, den Willen schwerkranker Menschen mit deutlich eingeschränkter Lebenserwartung auch in einer Notfallsituation und unter Zeitdruck angemessen zu berücksichtigen.“ Der Rettungsdienst verfügt mit der Vorlage des Palliativpasses somit über eine wesentlich sicherere Entscheidungsbasis für seine Maßnahmen. Dabei darf der Pass nicht als Ersatz für die ebenso wichtige Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht verstanden werden. Zudem erhält er seine Gültigkeit erst durch die Unterschrift der Inhaberin beziehungsweise des Inhabers sowie des behandelnden Arztes. So wurden auch die in Wiesbaden ansässigen Hausärzte mit eingebunden.

Dr. Wolfgang Knauf, Chefarzt der geriatrischen Fachabteilung der Asklepios Paulinen Klinik, sieht auch in seinem Tätigkeitsbereich einen stärkeren Bedarf nach qualifizierter palliativmedizinischer Versorgung. „Auch in der geriatrischen Medizin sind - neben akutmedizinischen, präventiven und rehabilitativen Aspekten - immer häufiger palliativmedizinische Fragestellungen bei den hochbetagten, multimorbiden Patienten relevant“, so Knauf. „Die geriatrische Abteilung an der Paulinen Klinik verfügt daher in ihrem eigenen Bereich über vier Ärzte mit palliativmedizinischer Zusatzausbildung.“

Das Beratungsangebot wird in Wiesbaden auch durch weitere Institutionen geleistet, beispielsweise durch die Beratungsstellen für selbstständiges Leben im Alter und die in der Landeshauptstadt ansässigen hospizlichen Einrichtungen. „Durch den Palliativpass entsteht für die betroffenen Menschen und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter mehr Handlungssicherheit. Für den Notfall ist der Wille eindeutig festgeschrieben,“ so Johannes Weber, Leiter der Abteilung Altenarbeit im Amt für Soziale Arbeit Wiesbaden. Der Vorsitzende des Hospizvereins Auxilium, Dr. Heinrich Müller-Lobeck, ergänzt: „Auxilium trägt als ambulanter Hospizdienst für Schwerstkranke und Sterbende dazu bei, diesen Menschen am Lebensende nicht mehr Tage sondern den Tagen mehr Leben zu geben. Ehrenamtliche, unentgeltliche Begleitung und professionelle palliative Beratung bei Angst und anderen quälenden Beschwerden unterstützen so, Lebensqualität aufrecht zu erhalten und Abschiednehmen von Angehörigen und Freunden für ein sinnerfülltes Leben zu fördern.“ Lothar Lorenz, Leiter von Hospizium, Hospiz ADVENA, stimmt zu: „Das umfangreiche hospizlich-palliative Angebot wird nun durch die Einführung des Wiesbadener Palliativpasses und die Beratung hierzu ergänzt“.

Mit der Ausgabe des Wiesbadener Palliativpasses für Notfallsituationen bleibt für die Expertenrunde auch weiterhin die Aufgabe der Aufklärung, Information und Öffentlichkeitsarbeit erhalten. Dies ist ein wichtiger Faktor, um langfristig eine Evaluation des Passes zu ermöglichen.

„Sterben und Tod gehören zu dem Leben und aus diesem Grund ist es sehr bedeutsam, dass wir uns des Themas annehmen und als Landeshauptstadt mit gutem Beispiel vorangehen“, erläutert Bürgermeister Goßmann. "Womöglich können wir mit dem Wiesbadener Palliativpass für Notfallsituationen auch Anregungen für andere Kommunen liefern, ebenfalls in einen vergleichbaren Prozess einzutreten und sich mit der Thematik verstärkt auseinanderzusetzten.“

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Herausgeber:
Pressereferat
der Landeshauptstadt Wiesbaden
Schlossplatz 6
65183 Wiesbaden
Für Fragen der Bürgerinnen und Bürger
Telefonzentrale Rathaus:

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