Kultur von Haushaltsentwicklung abgekoppelt
Trotz Rekord-Gewerbesteuereinnahmen sinkt Anteil der Kultur am Haushalt
Die Kultur braucht insbesondere für den Erhalt der frei-gemeinnützigen Kulturträger eine auskömmliche Bezuschussung. Nachdem die Rathauskooperation am 21. Oktober die Anträge zum städtischen Haushaltsentwurf vorgestellt hat, haben sich nun einige Sorgen – wie eine drohende weitere Kürzung der Projektmittel – abgemildert. Immerhin wurde ein Drittel der Summe, die die Jury empfohlen hatte, nämlich 235.000 €, bei den institutionellen Zuschüssen zugesetzt. Außerdem wurde angekündigt, die Dynamisierung aller Zuschüsse entsprechend der Teuerungsrate umzusetzen. Der konkrete Betrag dafür steht noch nicht fest. Damit wurde ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung des Wiesbadener Kulturentwicklungsplans getan. Aber auskömmlich - so der Kulturbeirat – wird die Bezuschussung mit den jetzt geplanten Beschlüssen zum Kulturhaushalt jedoch immer noch nicht.
Der Anteil der Kulturausgaben am Gesamtvolumen des städtischen Haushalts sinkt seit einiger Zeit kontinuierlich und bedrohlich von 3,6 Prozent (2023) auf 3,19 Prozent (2024) und dann auf 2,99 Prozent (2025). Mit dem jetzigen Haushaltsentwurf sinkt dieser Anteil erneut. Und mit ihm sinkt die Relevanz der Kultur, die eigentlich einen gegenläufigen Trend bräuchte, um eine realistische Chance auf nachhaltigen Bestand in finanziellen Krisenzeiten zu haben.
Dieser Wiesbadener Trend ordnet sich im Blick auf den Vergleich hessischer Großstädte und ihren Kulturausgaben ungünstig ein: Wiesbaden ist „Vorletzter“ in Bezug auf die Ausgaben für Kultur pro Einwohner. „Wir haben einen nominal steigenden Haushalt und steigende Einnahmen in der Stadt“, so Dr. Helmut Müller, Vorsitzender des Kulturbeirats. „Kultur wird immer gerne gelobt. Dabei gibt es einen viel einfacheren Weg, Wertschätzung auszudrücken: Mehr Geld. Man erkennt den guten Willen in den Ansätzen zum Kulturhaushalt, aber die Erhöhungen reichen nicht aus, um die Bedarfe nach massiven Kostensteigerungen der letzten Jahre zu decken. Und die Talsohle ist noch nicht erreicht.“
Die freien Projektmittel sollen auf 200.000 € steigen, das reicht für die ganze Stadt erfahrungsgemäß nicht aus. Die Erhöhung der Mittel für die Kulturentwicklungsplanung auf 75.000 € vermeiden zwar den befürchteten Stillstand, werden aber dem Vorhaben bei weitem nicht gerecht. Die Erhöhung der Mittel für die Volkshochschule um eine Millionen Euro ist absolut notwendig, sonst wäre der Betrieb am vorgesehenen neuen Standort nicht vorstellbar.
Paradigmatisch für die Krise der städtischen Kultur steht die unsichere Zukunft des freien Theaters „kuenstlerhaus43“. Eine derzeit diskutierte Alternative für das absehbar ortlose Theater steht unter dem Vorbehalt der Freigabe eines zusätzlichen Zuschusses für das Theater, andernfalls kann die Miete nicht finanziert werden. Dieser ist jedoch in den geplanten Beschlüssen zum Haushalt nicht vorgesehen. “Momentan bestimmen vornehmlich wenig aussichtsreiche Visionen die Debatte um die Zukunft der innerstädtischen Kultur“, wirft Dr. Müller ein. „Das kuenstlerhaus43 ist ganz real im hier und jetzt und seine Zukunft ist nur von einem Beschluss abhängig. Während in Fantasieprojekte und Wolkenschiebereien hohe Planungskosten investiert werden, tut sich hier exemplarisch die Frage auf, inwiefern sich Kulturakteure eigentlich auf die Zusagen der Stadt verlassen können.“