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Eisenmännchen, Schiersteiner

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In der Sage vom Schiersteiner Eisenmännchen wird erzählt, dass ein flackerndes blaues Licht aus den dunklen Wellen des Rheins steige, sobald die Schiersteiner Kirchturmuhr Mitternacht geschlagen hat. Jede Nacht nimmt es denselben Weg vom Rheinufer durch die Wiesen in die Weinberge, hinauf zur Burg Frauenstein und zu der Gruft, wo die Mitglieder des ausgestorbenen Rittergeschlechts bestattet sind. Der Letzte von ihnen findet dort keine Ruhe. Sobald sich das unheimliche Licht dem bleiernen Sarg nähert, muss er aufstehen und dem Schein folgen. Nacht für Nacht wandelt sein Geist in klappernder Eisenrüstung den Pfad nach Schierstein und weiter an den Rhein hinunter, als Sühne dafür, dass er ein Schiersteiner Fischermädchen verführt und verlassen hat. Das Mädchen stürzte sich aus Verzweiflung in den Rhein, als sie merkte, dass ihre Liebe nicht ohne Folgen geblieben war – in der gleichen Nacht soll sich zum ersten Mal das Licht aus den schwarzen Fluten erhoben haben, um nach dem ungetreuen Geliebten zu suchen … Im Laufe der vielen hundert Jahre ist der einstmals stattliche Ritter zu einem verhutzelten Männchen geschrumpft, Eisenmännchen wird die grausige Erscheinung genannt.

Die Sage vom Eisenmännchen zählt zu den bekanntesten Wiesbadener Sagen. Vermutlich rankt sie sich um den letzten männlichen Nachkommen aus dem Geschlecht der Frauensteiner Ritter, das mit einem Ulrich, der vor 1427 kinderlos gestorben ist, erlosch. Bis heute gibt es den Distrikt Eisenmännchen und die Eisenmännchenstraße in Schierstein.

Literatur

Bauer, Gerd: Das unsichtbare Land. Hessische Sagen – neu erzählt. 2. Aufl. Frankfurt am Main 2005 [S. 55 f.].

Wodarz-Eichner, Eva: Sagenhaftes Wiesbaden. Von Riesen, Rittern und Räubern am Rhein, Frankfurt a. M. 2009 [S. 34–40].