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Hexenprozesse

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Der Glaube an die Existenz von Hexen war im 16. und 17. Jahrhundert allgemein verbreitet. In der Grafschaft Nassau-Idstein ging die Initiative vom Landesherrn, dem Grafen Johann zu Nassau-Idstein (1603–1677), aus, der sich den Tod seiner zweiten Frau und seiner Kinder sowie das unerklärliche Viehsterben auf seinem Hofgut nur als das Werk von Hexen erklären konnte.

Ausgelöst wurde die Prozesswelle durch ein Kind, das behauptet hatte, seine Patin würde es das Mäuse- und Eidechsenmachen lehren. Zwischen dem 03.02.1676 und dem 31.03.1677 wurden in Idstein 39 Personen hingerichtet, 31 Frauen und acht Männer. Vier Frauen wurden an den Pranger gestellt, mit Ruten gehauen und für immer des Landes verwiesen. Graf Johann selbst nahm die Strafverfolgungen in die Hand. Am Anfang der Verfolgungswelle suchte der Graf seine Opfer in Idstein und Umgebung. Später wurden auch Männer und Frauen aus dem Wiesbadener Raum der Hexerei angeklagt, so unter anderem zwei Mädchen (neun und elf Jahre alt), ihre Mutter und ihre Großmutter, von denen jedoch aufgrund einer vom Grafen gesetzten Altersgrenze »nur« die Großmutter als Hexe hingerichtet wurde.

Den Ablauf der Prozesse regelte die »Constitutio Criminalis Carolina«, die »Peinliche Halsgerichtsordnung« Karls V. von 1532. Das Gericht bestand aus dem Ankläger, einem Verteidiger und 14 Blutschöffen, unter ihnen die 12 Schultheißen der umliegenden Ortschaften. Die Gefangenen wurden vorgeführt, dann verlas der öffentliche Ankläger die Anklagepunkte, die von dem oder der Angeklagten durch ein »wahr« bestätigt werden mussten. Danach brach der Amtmann den Stab über ihn, der Gerichtsschreiber verlas das vom Grafen schon unterzeichnete Todesurteil. Verteidiger und Schöffen hatten nur eine Statistenrolle. Anschließend zogen das Gericht, der oder die Verurteilte, auf einem Karren begleitet von einem Geistlichen, und alle Bürger zum Idsteiner Galgenberg, wo das Urteil vollstreckt wurde. Die Verurteilten wurden zunächst mit dem Schwert enthauptet; anschließend wurde der Leichnam verbrannt.

Das letzte Opfer war der Wiesbadener Metzger Philipp Pflüger. Mit dem Tode des Grafen am 23.05.1677 endeten die Hexenprozesse. Die letzten Gefangenen wurden freigelassen.

Literatur

Czysz, Walter: Opfer des Hexenwahns: Hexenprozesse gegen Wiesbadener Bürger (1676). In: Verbrechen und Schicksale [S. 33–52].