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Rheingauviertel

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Die Planungen für das Rheingauviertel, dessen Straßenbezeichnungen sich nach dem 12. sogenannten Taufbezirk richten, gehen auf ein Gutachten des Karlsruher Stadtplaners Reinhard Baumeister von 1894 zurück. Dieses sah ein Wohngebiet jenseits von Bismarck- und Kaiser-Friedrich-Ring vor, wurde aber nur zum Teil ausgeführt. Einfluss nahm auch der Wiesbadener Stadtbaumeister Felix Genzmer.

Zunächst entstanden die Rauenthaler, Rheingauer, Erbacher, Eltviller, Kiedricher, Marcobrunner und Winkeler Straße, 1906 folgten die Hallgarter und Johannisberger Straße. Der Straßenverlauf ist unregelmäßig angelegt, einzige Achse ist die Rüdesheimer Straße, die ab ca. 1900 entstand. Von den beiden ursprünglichen Plätzen, dem Germaniaplatz (heute Karlsbader Platz) und dem Wallufer Platz, ist nur noch letzterer, wenn auch in veränderter Form, erhalten. Ein Generalplan des Stadtbaurats Karl Frobenius projektierte 1906 bereits das Straßennetz bis zur Aßmannshäuser Straße. 1907/08 stagnierten die Planungen jedoch aufgrund des Anstiegs der Hypothekenzinsen und wurden erst nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgenommen. Jetzt begann zugleich die Ära des sozialen Wohnungsbaus: 1926–28 wurden im Rheingauviertel. 528 Wohnungen mit weiträumigen Hofflächen für die gärtnerische und Freizeitgestaltung errichtet. 1930 begann dann die Erweiterung des Rhiengauviertels nach Westen zwischen Loreleiring und Aßmannshäuser Straße.

Entsprechend den verschiedenen Planungs- und Bebauungsphasen des Rhiengauviertels sind auch die Stilrichtungen der Gebäude sehr unterschiedlich. Vor dem Ersten Weltkrieg sind die durchweg viergeschossigen Mietshäuser »von einem teils barockisierenden, teils altertümelnden Eklektizismus gekennzeichnet« (Russ). Vorgärten, große Balkone und begleitende Baumreihen bestimmen das Erscheinungsbild. Die Wohnungen hatten mit bis zu 200 m2 und einer Raumhöhe von 3,50 m beachtliche Ausmaße. Gegenüber diesen Bauten wies auch der traditionalistische Baustil des sozialen Wohnungsbaus der Weimarer Republik noch historisierende Elemente auf, während die Bauvorhaben, die nach 1930 an der Oestricher, Kauber (Architekt Rudolf Dörr) und Mittelheimer Straße durchgeführt wurden, sich durch große Einfachheit auszeichnen.

Literatur

Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik: Stadtteilprofil 2014 Rheingauviertel, Hollerborn, Wiesbaden 2014.

Materialien zur Stadtentwicklung. Rheingauviertel – Hollerborn, Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden (Hrsg.), Wiesbaden 1987.

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.3 – Stadterweiterungen außerhalb der Ringstraße. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005 [S. 576–600].