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Gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bleibt bei Corona oft auf der Strecke
Am 1. Januar ist die dritte Stufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Kraft getreten. Sie gilt als Herzstück der Sozialreform, die sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen mit Behinderung zu mehr Mitbestimmung zu verhelfen. Sie sollen mehr Eigenverantwortung für ihr Leben übernehmen können und umfangreicher an den sie betreffenden Maßnahmen und Entscheidungen beteiligt werden.
Die Umsetzung der dritten Stufe hat aber auch alle Beteiligten – Leistungsberechtigte, Angehörige, die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe und die Kostenträger wie Kommunen oder den Landeswohlfahrtsverband (LWV) – vor große Herausforderungen gestellt.

Als einzige Kommune Hessens ist Wiesbaden „Modellregion zum Bundesteilhabegesetz“. Begleitend wurde ein Projektbeirat, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des LWV, der Pflegekassen, der Leistungserbringer (IFB, Lebenshilfe, EVIM) und der Behindertenorganisationen und der Stadtverwaltung installiert, der sich vergangene Woche im Kulturzentrum Schlachthof getroffen hat.

Doch standen in den letzten Monaten weniger die Umsetzungsdetails des BTHG, sondern die mitunter tiefgreifenden Einschränkungen für Menschen mit Behinderungen im Zuge der Corona-Pandemie im Vordergrund der Arbeit, gerade für die Träger der Eingliederungshilfe. „Leider sind die Belange von Menschen mit Behinderungen in den gesellschaftlichen Diskursen rund um Corona nahezu untergegangen“, bedauert Sozialdezernent Christoph Manjura. Auf der einen Seite haben sie oftmals einen besonderen Schutzbedarf und gleichzeitig sind Maßnahmen zum Infektionsschutz manchmal nur schwer umzusetzen. „Durch die Schließung von Werkstätten und Tagesförderangeboten wurden und werden Menschen mit Behinderungen zudem von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen und dürfen nicht arbeiten gehen. Durch die Besuchsverbote der Wohnhäuser wurden soziale Kontakte – wenn auch aus gutem Grund – begrenzt. All das führt zu Verunsicherung bei den Menschen“, so Manjura.

„Wir danken den Beschäftigten der Eingliederungshilfe, die mit viel Herzblut und Kreativität die negativen Folgen der Pandemie minimieren. Der erhöhte Unterstützungsbedarf und die enorme Anspannung verlangen den Beschäftigten in der Behindertenhilfe seit Wochen extrem viel ab - das ist uns sehr bewusst.“ Nicht unerwähnt dürfe zudem bleiben, dass auch viele Angehörige unter den Einschränkungen und negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden.

„Ein aktuell vielleicht schwacher, wenngleich auf mittlere und lange Sicht sehr wichtiger Trost ist die gemeinsam gelungene Umsetzung der dritten Reformstufe des BTHG in Wiesbaden. Ich danke den städtischen Kolleginnen und Kollegen bei den Ämtern für Grundsicherung und Flüchtlinge und für Soziale Arbeit, den Trägern der Eingliederungshilfe, aber auch dem LWV für die sehr gute Kooperation insbesondere im letzten Jahr“, ist Manjura erleichtert. Schließlich war der 1. Januar für alle Beteiligten, nicht zu vergessen seien hier auch die ehrenamtlichen und gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuer, mit tiefgreifenden Veränderungen verbunden. „Das BTHG hat den Blickwinkel verändert und sorgt dafür, den Menschen mit seinen individuellen Bedarfen und Ressourcen in den Fokus zu stellen - weniger seine Diagnosen oder Beeinträchtigungen. Hierfür sind ‚Hilfe aus einer Hand‘ und ein zentraler Ansprechpartner unerlässlich.“, so der Sozialdezernent.

In der Eingliederungshilfe wird nicht mehr zwischen ambulanten, teilstationären uns stationären Hilfen unterschieden. Die ehemaligen stationären Einrichtungen werden unter anderen Bedingungen als besondere Wohnform bezeichnet. Seit Januar dieses Jahres orientiert sich die Zuständigkeit in Hessen nach dem Lebensabschnittsmodel. Das bedeutet, die Kommune, hier also die Stadt Wiesbaden, ist für alle Kinder und Jugendliche mit Behinderung der zuständige Ansprechpartner. Nach Beendigung der Schulausbildung „wechseln“ die jungen Erwachsenen in die Zuständigkeit des Landeswohlfahrtsverband (LWV) und verbleiben dort. Lediglich Menschen, die 65 oder älter sind und einen Neuantrag stellen, werden ebenfalls von der Kommune betreut.

Um einen reibungslosen Übergang im Rahmen der Zuständigkeitswechsel der Kinder und Jugendlichen vom LWV zur Stadt zu gewährleisten, hat die Landeshauptstadt Wiesbaden die zuvor durch den LWV Hessen festgestellten Bedarfe und Leistungen der Eingliederungshilfe ab dem 01.01.2020 anerkannt, ein Neuantrag war nicht nötig. Unterschieden wird nur noch zwischen Fachleistungen der sogenannten Eingliederungshilfe im Sozialgesetzbuch (SGB) IX (unter anderem Integrationskraft in Kindertagesstätten) und den existenzsichernden Leistungen, also Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung im Alter und Grundsicherung bei Erwerbsminderung im SGB XII.

Art und Umfang der existenzsichernden Leistungen sind abhängig vom vorhandenen Einkommen und Vermögen. Um einen möglichen Anspruch festzustellen, wird der Bedarf eines jeden Antragstellers berechnet. Dafür zuständig ist die Abteilung Materielle Hilfen SGB XII des Amts für Grundsicherung und Flüchtlinge. Für die materiellen Hilfen in besonderen Wohnformen wurde eine neue Arbeitsgruppe mit sieben Mitarbeiterinnen gegründet, die sich auf die Leistungsgewährung mit BTHG-Fachwissen spezialisiert haben.
Völlig neu aufgestellt wurde die Abteilung „Eingliederungshilfe und Teilhabe“ im Amt für Soziale Arbeit. Sie hat dreizehn neue Mitarbeitende und ist spürbar gewachsen, um den neuen Anforderungen des BTHG gerecht zu werden. Hier sind die Fallmanagerinnen und Fallmanager gemäß der seit vielen Jahren im Sozialdezernat praktizierten Regionalisierung und Sozialraumorientierung nach Himmelsrichtungen in vier Bezirke aufgeteilt.

Beide Teams, materiellen Hilfen in besonderen Wohnformen und Eingliederungshilfe und Teilhabe, sind in neue und barrierefreie Räumlichkeiten im Kreuzberger Ring 7/7a in Wiesbaden-Erbenheim gezogen. Kontakt: Existenzsichernde Leistungen in besonderen Wohnformen nach dem SGB XII, Kreuzberger Ring 7a, 65205 Wiesbaden, Telefon (0611) 315478, Besondere-Wohnformen@wiesbaden.de; Eingliederungshilfe und Teilhabe, Kreuzberger Ring 7, 65205 Wiesbaden, Telefon (0611) 316039, eingliederungshilfe@wiesbaden.de.

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Herausgeber:
Pressereferat
der Landeshauptstadt Wiesbaden
Schlossplatz 6
65183 Wiesbaden
Für Fragen der Bürgerinnen und Bürger
Telefonzentrale Rathaus:

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