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Altdorf, Egon

Bildhauer, Glasbildner, Grafiker, Dichter

Altdorf, Egon Arnold Hubert

geboren: 4. April 1922 in Treptow an der Rega (Trzebiatów, Polen)
gestorben: 13. Mai 2008 in Wiesbaden


Details

Egon Altdorf verbrachte nur die ersten Jahre seiner Kindheit in Ostpommern, da die Familie bereits 1924 nach Berlin zog. Nach dem Abitur (1941) nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil, in Sizilien und Afrika, und geriet in dreijährige, amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung 1946 ließ er sich in Wiesbaden nieder. 1954 heiratete er die Engländerin Diana Cautley Wilson, mit der er einen Sohn bekam. Die Ehe wurde 1959 geschieden und Diana Altdorf kehrte mit dem Sohn Dorian nach England zurück. Altdorf lebte bis zu seinem Tod in Wiesbaden, seit 1968 in dem Haus Freseniusstraße 17.

In Wiesbaden zunächst als Journalist für den Wiesbadener Kurier tätig, studierte er von 1947 bis 1949 an der Werkkunstschule Wiesbaden bei Friedrich Roland Watzka (geb. 1906) und anschließend bis 1952 an der Staatlichen Bau- und Kunstschule Mainz bei der Bildhauerin Emy Roeder (1890 – 1971), die hier von 1950 bis 1953 einen Lehrauftrag innehatte. Ihr Einfluss war für die Entwicklung Altdorfs entscheidend. Ausgehend von „ihren stark stilisierten, aber dennoch gegenständlichen Skulpturen entwickelte Altdorf eine klare abstrakte Formensprache“. (Lewalter)

Zu Beginn seines Schaffens entstanden zunächst große farbige Holzschnitte. 1950 gewann er mit dem Holzschnitt „Bonifatiuskirche mit Tauben“ den ersten Preis im Bereich Grafik in einem von der Stadt Wiesbaden ausgeschriebenen Wettbewerb zum Thema „Stadtansichten“. Aber bereits 1952 beteiligte er sich an dem weltweiten, vom Institute of Contemporary Arts, London, ausgeschriebenen Skulpturenwettbewerb für ein „Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen“. Die Modelle der teilnehmenden deutschen und schweizerischen Künstler wurden im Januar 1953 im Haus am Waldsee, West-Berlin, präsentiert. Unter den drei deutschen Preisträgern erhielt Altdorf den Preis des Berliner Senats, der ihm die Reise nach London ermöglichte, wo im März und April die weltweit ausgewählten Entwürfe in der Tate Gallery gezeigt wurden. Hier begegnete er den Bildhauern Henry Moore und Lynn Chadwick, die ebenfalls ausstellten. Darüber hinaus bot ihm die Ausstellung die ideale Gelegenheit, sich einen Überblick über die zeitgenössische internationale Plastik zu verschaffen. Noch im Mai desselben Jahres erhielt er in Duisburg ein Stipendium des „Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) e. V.“.
Im November 1955 beteiligte er sich an der Sonderausstellung „Kunst am Bau“ der „Neuen Darmstädter Sezession“ auf der Mathildenhöhe Darmstadt und 1957 zeigte er in Paris (Pavillon de Marsan, Louvre) anlässlich der „Biennale 57“ zum Thema „Jeune Peinture – Jeune Sculpture“ sein Werk „Wächter der Gestirne“. 1964 und 1971 erhielt er jeweils den ersten Preis bei Bildhauerwettbewerben in Eltville am Rhein. Zahlreiche Studienreisen ins europäische Ausland führten zu intensiven Begegnungen mit Künstlern wie Max Ernst und Antoni Tàpies.

In Wiesbaden schuf Altdorf mehrere Werke für öffentliche Einrichtungen. 1953 entstand das Mahnmal am Standort der 1938 zerstörten Synagoge am Michelsberg, eine fast drei Meter hohe Stele aus Basaltlava mit der eingemeißelten Inschrift „Der Welt Gewissen ist die Liebe“. 1955 schuf er für die Helene-Lange-Schule das in Muschelkalkstein gehauene Relief „Genius“ und von 1960 bis 1962 die aus Kupfer gefertigte, abstrakte Metallskulptur „Fanal der Jugend“ für das Gymnasium am Mosbacher Berg.

In den 1960er-Jahren übernahm Altdorf, „geprägt von einer tiefen, konfessionsübergreifenden Religiosität“ (Groß-Vicente, S.12), die gesamte Innenausstattung der neuen Synagoge, die er erst 1983 abschloss. Die intensiv leuchtenden, in farbigem Glas gestalteten Wände und Fenster, die die Geschichte des Volkes Israel erzählen, gelten zusammen mit der übrigen Ausstattung als sein bedeutendstes Werk. Nach Altdorfs Tod wurde im August 2008 die aus Edelstahlrohren gefügte Plastik „Flügel der Wege“ im Garten des Hauses Freseniusstraße 17 enthüllt.

Altdorf gehörte der Künstlergruppe 50 an und war 1955 Gründungsmitglied des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Wiesbaden (BBK Wiesbaden e. V.). Darüber hinaus lehrte er dreißig Jahre lang als Dozent an der Volkshochschule Wiesbaden e. V. Neben seinem bildkünstlerischen Schaffen entstanden außerdem vier Gedichtbände, darunter „Kreis der 7 Tore“ (1995) und „Weg und Stern“ (2000). Altdorf soll von sich gesagt haben, er sei ein „Dichter der Liebe“, ein „Poet pur“. (WT 30.4.2002)

Egon Altdorf wurde auf dem Südfriedhof Wiesbaden beigesetzt.

Literatur