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St. Bonifatius

Die katholische Kirche St. Bonifatius wurde vom Wiesbadener Architekten Philipp Hoffmann errichtet und 1849 vom Limburger Bischof geweiht. Sie ist das älteste Gotteshaus in der Innenstadt.

Details

Die Kirche St. Bonifatius ist die zentrale Pfarrkirche der Gemeinde St. Bonifatius und zugleich die katholische Stadtkirche von Wiesbaden. Von 1844 bis 1849 überwiegend in neugotischen Formen errichtet, ist sie das älteste Gotteshaus in der Innenstadt. Die nach Süden weisende Hauptfassade bildet den Abschluss des Luisenplatzes. Im Gegensatz zu ihrem klassizistischen Vorgängerbau, der 1827 von dem nassauischen Hofbaumeister Friedrich Ludwig Schrumpf als plastischer, allansichtiger Baukörper entworfen wurde, ist die Bonifatiuskirche ein zum Platz hin konzipiertes Architekturbild.

Der ab 1828 in Gestalt eines stumpfen Kreuzes errichtete Kirchenbau des Architekten Schrumpf besaß in seinem Innern eine von zwölf Marmorsäulen getragene Rotunde. Ein Säulenportikus mit Freitreppe und zwei Türmen vervollständigten das Erscheinungsbild dieser Architektur, die am Abend des 11. Februar 1831 einstürzte, bevor sie hätte geweiht werden können. Man hatte vermutlich mit zu großer Eile und schlechten Baumaterialien gearbeitet.

Nachdem bereits Herzog Wilhelm von Nassau den Plan aufgegeben hatte, sein Schloss auf dem Grundstück an der Luisenstraße zu errichten, schenkte sein Sohn, Herzog Adolf von Nassau, der Kirchengemeinde ihren alten Baugrund zurück. Eine im Innern der Kirche stehende Statue des Mainzer Erzbischofs Adolf I., Graf von Nassau (1353 – 1390), soll an diese Förderung der Kirche durch das Herzogshaus erinnern. Am 24. Mai 1843 beauftragte Herzog Adolf den Oberbaurat Philipp Hoffmann mit Planung und Bau einer neuen Kirche.

Der Grundstein wurde am 5. Juni 1845, am Tag des heiligen Bonifatius, gelegt. Als der Bau am 19. Juni 1849 von Peter Joseph Blum, Bischof von Limburg, geweiht wurde, war weder die Innenausstattung vollendet noch die zum Luisenplatz gerichtete Hauptfassade fertig gestellt. Das Geläut hing in pavillonartig auf den Turmstümpfen aufgeschlagenen Glockenstuben aus verschiefertem Holz.

Die 68 Meter hoch strebenden Türme fassen erst seit 1866 das deutlich niedrigere Kirchenschiff ein, das sich dem Besucher mit drei Portalen öffnet. Über dem mittleren erhebt sich ein Wimperg, in dessen Mitte die Taube des Heiligen Geistes schwebt. Eine Figur des Guten Hirten bekrönt diesen Giebel. Die originale Skulptur ist heute an der Außenseite der Apsis aufgestellt.

Der „Pastor bonus“, die Figur des Guten Hirten, wird von feinem Maßwerk hinterfangen, das wie ein Vorhang vor der eigentlichen, von einem großen Radfenster durchbrochenen Außenwand liegt. Die Skulptur markiert exakt die Mitte dieses steinernen Schleiers. Dieses Prinzip der Mehrschaligkeit, die Auflösung der Wand gegenüber der geschlossenen Fläche der Türme, die ausgewogene Balance zwischen bewegter wie beruhigter Formensprache, aber auch zwischen vertikalen und horizontalen Akzenten prägen das Erscheinungsbild der Bonifatiuskirche. Für Hoffmann übernimmt das Ornament nicht nur eine strukturell ordnende Funktion, es war für ihn zugleich Ausdruck einer geistigen Durchdringung des Baus.

An der Stelle einer zweiten, kleineren Rosette ist seit 1890 eine elektrische Uhr eingesetzt. Die nach dem Vorbild des Freiburger Münsters offen gestalteten Turmhelme sind mit tönernen Krabben und Kreuzblumen mit Stierköpfen aus der Wiesbadener Keramikwerkstatt Johann Jacob Höppli besetzt. Das Kernmauerwerk der Kirche besteht aus Bruchsteinen aus den Brüchen zwischen Sonnenberg und Rambach und ist ockerfarben verputzt. Allein die Hauptansicht ist aus rötlichem Mainsandstein aus Steinbrüchen bei Böttingen und Aschaffenburg gefertigt.

Das Innere des dreischiffigen, netzgewölbten Hallenbaus erhält durch das breite, ebenfalls dreischiffige Querhaus eine bemerkenswerte Weite. Die Kirche erlitt im Zweiten Weltkrieg, insbesondere in der Nacht des 2. Februar 1945, schwere Schäden. Erst zu Weihnachten des Jahres 1949 waren die ersten Wiederherstellungsarbeiten abgeschlossen. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgte 1965 eine grundlegende Renovierung durch den Wiesbadener Architekten Paul Johannbroer. Die ursprüngliche Verglasung mit figürlichen Motiven in dunklen roten und blauen Farbtönen wurde durch Fenster nach Entwürfen des Malers und Glasbildners Johannes Beeck (1927 – 2010), ausgeführt von der Firma Derix, Taunusstein, ersetzt. Sie stellen das Wirken des Heiligen Geistes in der heutigen Welt dar.

Die Gestaltung von Altar und Ambo (1978) folgt Entwürfen des Kölner Bildhauers Elmar Hillebrand (*1925). Von dem einstigen, in weißgrauem Sandstein ausgeführten und mit elf Figuren ausgestatteten Hochaltar hat sich die von dem Biebricher Bildhauer Karl Hoffmann (1816 – 1872) gearbeitete Kreuzigungsgruppe erhalten. Auch die im Chor aufgestellten Skulpturen der heiligen Theresa von Ávila und des heiligen Franziskus von Assisi, die an zwei bedeutende Wohltäter der Kirche, den Grafen Franz Philipp Wilderich von Walderdorff und die Prinzessin Therese von Oldenburg, eine Schwester Herzog Adolfs von Nassau, erinnern sollen, sind von seiner Hand und stammen aus diesem Kontext.

Zwei der ehemals vier Seitenaltäre sind erhalten: Die Altarbilder zeigen den Kirchenpatron St. Bonifatius, 1847/48 von Alfred Rethel geschaffen, sowie eine von Eduard von Steinle ausgeführte Muttergottes mit Kind (1849). Heute fehlen der Herz-Jesu-Altar sowie der Altar der Schmerzhaften Muttergottes. Von letzterem hat sich das Vesperbild, die Pietà, aus der Zeit um 1860 erhalten. Die leicht vertieft liegenden Kapellen, die Taufkapelle im Westen und die Sakramentskapelle im Osten, wurden 1985 von Elmar Hillebrand ausgemalt. Die Kapitelle fertigte dessen Schüler, der Bildhauer Walter Hutz, in den Jahren 1981 bis 1990. Die Sakramentskapelle war einst der Ort, an dem die 1845 verstorbene Gemahlin Herzog Adolfs von Nassau, Elisabeth Michailowna, Nichte des Zaren Nikolaus I., und der Leichnam ihrer Tochter nach der Zerstörung der Mauritiuskirche 1850 ihre vorläufige Ruhestätte fanden bis die Russische Kapelle auf dem Neroberg 1855 geweiht werden konnte.

Der ursprüngliche, in Köln-Kalk angekaufte keramische Kreuzweg blieb nicht erhalten. Er hatte eine farbige Fassung von Jakob Sturm, dem auch die ehemalige Ausmalung des Kircheninnern übertragen worden war. 1991 wurde er ersetzt durch eine aus demselben Material gefertigte Arbeit der Bildhauerin Lore Friedrich-Gronau (1908 – 2002), entstanden in den Werkstätten der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Die Orgel wurde 1985 durch die Firma Hugo Mayer aus Heusweiler im Saarland unter Verwendung des vorhandenen Pfeifenmaterials neu erbaut.

In der Schatzkammer von St. Bonifatius werden liturgische Geräte, Messbücher und Paramente verwahrt, darunter eine 1571 gedruckte Bibel, ein 1899 in Nadelmalerei ausgeführter prächtiger Prozessionsbaldachin sowie eine Turmmonstranz aus der Zeit um 1900, die in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts durch gespendeten Schmuck bereichert wurde.

Literatur



Verweise