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Denkmal der Arbeit (Arbeiterdenkmal)

Artikel

Das „Denkmal der Arbeit“, auch Arbeiterdenkmal genannt, wurde 1932 vom Künstler Carl Wilhelm Bierbrauer (1881-1962) im Auftrag der Stadt Wiesbaden angefertigt. Es entstand am damaligen Rand des Rheingauviertels, das zwischen 1926 und 1928 im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus erweitert wurde. Stilistisch greift die Plastik die Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf.

Das Rheingauviertel wurde zwischen 1926 und 1928 im Sinne des sozialen Wohnungsbaus erweitert. Es erhielt im Zuge dieser Arbeiten charakteristische Straßenzüge, die sich von den klassischen, dichtbesiedelten Arbeitervierteln unterscheiden. Die neu entstandenen Wohnblocks waren großzügig angelegt. Lichtlose, enge, triste Hinterhöfe und niedrige Zugänge für Dienstpersonal wichen wenig strukturierten Fassaden und hohen Hauseingängen. Die Architektur des sozialen Wohnungsbaus betonte die soziale Gleichheit der Bewohnerinnen und Bewohner. Dies wurde auch durch das „Denkmal der Arbeit“ künstlerisch herausgestellt und unterstrichen.

Die Plastik wurde 1932 vom Wiesbadener Künstler Carl Wilhelm Bierbrauer (1881-1962) geschaffen. Auf einem gemauerten Steinblock stehen im Formgefühl des Realismus gefertigte, stilisierte Arbeiter. Die Figuren sind aufrecht, kraftvoll und athletisch dargestellt. Sie halten Maurerkelle, Bauplan und Axt. Der Künstler nimmt damit Bezug auf das Selbstbewusstsein der Arbeiterklasse in der Zeit der Weimarer Republik. Gleichzeitig überschreitet er durch eine Idealisierung der Körperformen die Formensprache des Realismus. So stellt er die Figuren mit großen, „zupackenden“ Händen und einem breiten, festen Stand dar. Bierbrauer vereinfachte die Körperformen zu konisch-kraftvollen Elementen. In ihrer Reihung und Frontalstellung erinnern sie durchaus an Soldaten.

Die Figur rechts hält ein über die Schulter hängendes Seil und an ihrer linken Seite ruht eine Axt. Sie stellt einen Schreiner dar. Die Figur links ist durch Kelle und geschulterten Ziegelstein als Maurer zu erkennen. Die Figur in der Mitte ist nach vorn exponiert, hält in der rechten Hand eine Bauzeichnung und trägt im Gegensatz zu den beiden anderen Darstellungen eine Jacke. Sie ist als Ingenieur zu erkennen. Die Figuren werden bis auf ihre Attribute und kleinere Unterschiede in Kleidung und Haar nicht weiter individualisiert. Insbesondere die gleichförmigen, sehr ähnlichen Gesichtszüge fallen auf.

Das „Denkmal der Arbeit“ wurde während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt. Der Wiesbadener Bildhauer Peter Dienstdorf (1893-1976) erhielt nach Kriegsende den Auftrag, die Plastik nach Plänen Bierbrauers zu rekonstruieren. Der ursprüngliche Zustand konnte so wiederhergestellt werden.

Neben dem Denkmal am Loreleiring sind zahlreiche weitere Kunstwerke an öffentlichen Gebäuden Carl Wilhelm Bierbrauer zuzuschreiben. So schuf er beispielsweise den Fries am Portikus der Trauerhalle auf dem Südfriedhof (1909) und das Gutenberg-Denkmal vor der Hochschul- und Landesbibliothek (1911) in der Rheinstraße. Er gehört damit zu den Wiesbadener Künstlern, die das Stadtbild prägen.

Carl Wilhelm Bierbrauer wurde 1881 in Bierstadt geboren. Seine Ausbildung zum bildenden Künstler erhielt er am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main. Zu seinen Dozenten zählten Ferdinand Luthmer (1842-1921), Direktor der Kunstgewerbeschule und des Kunstgewerbemuseums Frankfurt am Main, sowie Friedrich Christoph Hausmann (1860-1936), österreichischer Künstler und Bildhauer. Nach Abschluss seines Studiums kehrte Bierbrauer nach Wiesbaden zurück und lehrte von 1913 bis 1933 an der Wiesbadener Werkkunstschule. Neben seiner Lehrtätigkeit wirkte er als freischaffender Künstler mit eigenem Atelier in der Frankfurter Straße.

1915 schuf er den sogenannten „Eisernen Siegfried“ aus Lindenholz, der zuerst in der Wilhelmstraße und dann im Rathaus aufgestellt wurde. Die Figur sollte an den Opfersinn der Deutschen im Ersten Weltkrieg appellieren und zu Spenden für Kriegswitwen und Kriegswaisen anregen. 1931 gewann Bierbrauer den Wettbewerb für das Reichsehrenmal in Bad Berka. Er setzte sich gegen 1.826 Teilnehmer durch. Das Denkmal wurde allerdings nie ausgeführt. Nach 1933 wirkte Bierbrauer vollständig als freischaffender Künstler. In dieser Zeit entstand unter anderem eine Büste Adolf Hitlers (1934) für die Wandelhalle des Wiesbadener Kurhauses. 1939 schuf er ein Denkmal für den Fliegerhorst Erbenheim. Die monumentale Skulptur, die einen Steinadler auf einem Block mit Schild zeigt, steht heute am Eingang zur Air Base der US-Armee in Erbenheim. Nicht erhalten sind seine Arbeiten am Hospiz zum Heiligen Geist. Das Gebäude wurde 1969 abgerissen.

Auch nach 1945 erhielt der Wiesbadener Künstler weitere Aufträge. Für das Rathausfoyer schuf er die Büste des Freiherrn vom Stein (1952). Außerdem engagierte sich Bierbrauer im Vorstand des Nassauischen Kunstvereins und des Rings Bildender Künstler.

Literatur

Buchholz, Denkmäler, S. 122–127; Hildebrand, Alexander: Das Porträt. Carl Wilhelm Bierbrauer. In: Wiesbaden international 2/1981 [S. 27–35].