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John, Hans

John, Hans

Jurist, Widerstandskämpfer

geboren: 31.08.1911 in Treysa

gestorben: 23.04.1945 in Berlin


Artikel

Nach dem Abitur am Staatlichen Realgymnasium Wiesbaden hatte der Sohn eines 1922 von Treysa hierher versetzten preußischen Vermessungsrats wie schon sein zwei Jahre älterer Bruder Otto John ein Jurastudium an der Frankfurter Universität aufgenommen. Während der letzten Jahre der Weimarer Republik war John anfänglich als Sympathisant der SPD, zeitweilig auch des Anarcho-Syndikalismus und dann der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands in Erscheinung getreten. Schließlich hatte er sich mehr und mehr der KPD angenähert und sich um 1931 – wie z. B. die Brüder Fritz und Günther Berkhahn sowie Hermann Maaß, der Sohn des SPD-Stadtrats Johannes Maaß – der kleinen Wiesbadener Gruppe des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller angeschlossen, die sich mehr oder minder regelmäßig im Hinterzimmer der Gaststätte »Zum Elefant« nicht zuletzt zur kritischen Diskussion eigener literarischer Kurztexte getroffen hat. Im selben Haus an der Ecke Walram- und Frankenstraße befand sich damals auch das Parteibüro der KPD. Nach Ablegung der großen juristischen Staatsprüfung und Erlangung der Doktorwürde ist John für kurze Zeit wissenschaftlicher Assistent an der Universität Leipzig gewesen, um sodann seit dem Sommer 1939 in gleicher Funktion am von Prof. Dr. Rüdiger Schleicher geleiteten Institut für Luftrecht an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität zu wirken.

Im Juni des folgenden Jahres zum Kriegsdienst eingezogen, erlitt John im März 1942 an der Ostfront mehrere schwere Schussverletzungen. Der Unteroffizier wurde daher 1943 aus der Wehrmacht entlassen, woraufhin er umgehend seine wissenschaftliche Tätigkeit wieder aufnahm. Von seinem bei der Lufthansa beschäftigten Bruder Otto, mit dem er in Berlin-Dahlem zusammenwohnte, ist John recht bald in die sich seinerzeit in der Reichshauptstadt und vielerorts in Deutschland dynamisierenden Umsturzbemühungen militärischer und ziviler Widerstandskreise einbezogen worden. So war er nicht nur darüber informiert, dass Männer wie Generaloberst a. D. Ludwig Beck, der vormalige Innenminister des Volksstaates Hessen Wilhelm Leuschner und Oberleutnant Dr. Fabian von Schlabrendorff, Ordonnanzoffizier beim Ersten Generalstabsoffizier der Heeresgruppe Mitte Oberst Henning von Tresckow in jene Aktivitäten involviert waren, sondern auch der frühere Oberbürgermeister von Leipzig, Dr. Carl Goerdeler. Diesen lernte er bei einer konspirativen Unterredung, die Ende 1943 in der Johnschen Wohnung stattfand, sogar persönlich kennen. Auch an einem entsprechenden dortigen Treffen von Dr. Klaus Bonhoeffer, Chefsyndikus der Deutschen Lufthansa und Dienstvorgesetzter Otto Johns mit zahlreichen Verbindungen zu militärischen und zivilen Widerstandskreisen, mit Oberleutnant Werner von Haeften, Ordonnanzoffizier bei Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg, nahm Hans John am 17.07.1944 teil. Dabei hat von Haeften seinen Gesprächspartnern eröffnet, dass demnächst »etwas passieren« werde und es »fabelhaft« sei, wenn es Bonhoeffer gelänge, die zivile Luftfahrt für das Umsturzvorhaben zur Verfügung zu stellen. Die Brüder John, die überdies schon monatelang den untergetauchten Widerständler Hauptmann Ludwig Gehre finanziell und materiell wie auch als Quartiergeber und -beschaffer unterstützt hatten, sind in der Nacht vom 20. auf den 21.07. wiederum mit Dr. Klaus Bonhoeffer in ihrer Wohnung zusammengekommen und haben dort bereits den irrtümlich angenommenen Erfolg der Aktion Graf Schenk von Stauffenbergs und seiner Mitverschwörer gefeiert.

In den darauffolgenden Tagen ist John noch an mehreren klandestinen Besprechungen zur Abstimmung des weiteren Verhaltens beteiligt gewesen. Während Dr. Otto John am 24.07. die Flucht aus Deutschland geglückt war, erfolgte die Verhaftung seines Bruders im August 1944. Um von dem nach wie vor kommunistisch Gesinnten entsprechende Informationen zu erpressen, ist dieser während der nächsten Monate schweren Folterungen ausgesetzt gewesen. Am 02.02.1945 wurde er vom »Volksgerichtshof« zum Tode verurteilt. In der Nacht vom 22. auf den 23.04. ist Dr. Hans John zusammen mit einigen anderen Häftlingen, darunter auch Dr. Klaus Bonhoeffer und Prof. Dr. Rüdiger Schleicher, auf ein Gelände in der Nähe des Berliner Zellengefängnisses Lehrter Straße 3 geführt und dort von einem SS-Exekutionskommando erschossen worden. Auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, wo die Opfer jener Mordnacht in ein Massengrab geworfen worden sind, erinnert ein Gedenkstein an jenes Verbrechen, das nur kurz vor der vollständigen Einkesselung Berlins durch sowjetische und polnische Kampfverbände verübt worden ist.

Literatur

Bembenek, Lothar/Ulrich, Axel: Widerstand und Verfolgung in Wiesbaden 1933–1945. Eine Dokumentation. Hrsg.: Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden – Stadtarchiv, Gießen 1990 [S. 147 ff. u. S. 405–410].

John, Otto: »Falsch und zu spät«. Der 20. Juli 1944. Epilog, erw. u. korr. Ausg., Frankfurt am Main, Berlin 1989.

Schaefer, Klaus: Der Prozess gegen Otto John. Zugleich ein Beitrag zur Justizgeschichte der frühen Bundesrepublik Deutschland, Marburg 2009.

Steinbach, Peter; Tuchel, Johannes (Hrsg.): Lexikon des Widerstandes 1933–1945, München 1994 [S. 96 f.].