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Lehr, Johann Wilhelm

Lehr, Johann Wilhelm

Architekt

geboren: 30.03.1893 in Wiesbaden

gestorben: 06.12.1971 in Oberseelbach im Taunus


Artikel

Lehr absolvierte 1909–12 eine Ausbildung an der Königlichen Baugewerkschule Idstein und sammelte erste Berufserfahrung im Büro der Wiesbadener Architekten Horst und Stallforth. Trotzdem tendierte er nach dem Krieg zur Malerei und besuchte 1919/20 die Staatliche Kunstgewerbeschule in Mainz sowie zu Beginn der 1920er-Jahre die Malschule von Willy Mulot. 1921 nahm er an einer Ausstellung im Museum Wiesbaden teil. Erst danach wandte er sich verstärkt der Architektur zu.

Am 11.01.1921 eröffnete er in der Schwalbacher Straße 42 ein Büro als »Architekt und Kunstmaler«. 1927 realisierte er für einen Fabrikanten aus Essen sein erstes großes Bauprojekt, die Villa Hoffmann in der Herzogstraße, in der alle programmatischen Forderungen des schweizerischen Architekten Le Corbusier zur neuen Architektur verwirklicht waren.

Wenig später holte Ernst May den jungen Architekten nach Frankfurt, wo Lehr 1928 sein bedeutendstes Werk, das Druckereigebäude der »Volksstimme«, erbaute, dessen Stahlskelett-Konstruktion und Keramik-Fassadenverkleidung auch im Ausland starke Beachtung fand. Mit einem Schlag wurde er berühmt und wenig später in die exklusive Architektenvereinigung »Der Ring« aufgenommen, der die fähigsten Baumeister der 1920er-Jahre angehörten. Lehr arbeitete an Mays Siedlungsprojekt Gartenstadt Goldstein mit, das wegen Finanzierungsproblemen nicht realisiert wurde, und folgte ihm 1931 in die Sowjetunion. Schon ein Jahr später kehrte er zurück und ließ sich erneut in Wiesbaden nieder.

Nach dem Krieg gründete Lehr in Wiesbaden ein gemeinsames Architekturbüro mit Heinz E. Mohri (1908–1997). 1949 schuf er mit dem Sporthaus Schäfer in der Langgasse das erste moderne Geschäftsgebäude in der Innenstadt. Der Bau von Einfamilienhäusern und Villen in Frankfurt, Köln und in Wiesbaden, darunter 1959/60 das Haus Kampschulte, in das alle von Lehr entwickelten Gestaltungselemente einflossen, steht für sein Spätwerk.

Nach Lehr wurde die Johann-Wilhelm-Lehr-Plakette benannt, die die BDA-Gruppe Wiesbaden im Rahmen des BDA-Architekturpreises "Große Häuser, kleine Häuser - Ausgezeichnete Architektur in Hessen" alle fünf Jahre für herausragende Werke der Architektur vergibt.

Literatur

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden II – Die Villengebiete. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2. erw. Aufl., Stuttgart 1996 [S. 365].