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Mauritiusplatz

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Die Tradition des Mauritiusplatzes reicht bis in die Römerzeit zurück. Hier befand sich die älteste zivile Niederlassung des römischen Wiesbadens. Diese Siedlung mit Namen »Aquae Mattiacae« dehnte sich um den Mauritiusplatz etwa zwischen Friedrichstraße, Kranzplatz, Schwalbacher Straße und Mühlgasse aus. Auf dem Mauritiusplatz oder in seiner Nähe muss die »Schola«, ein Versammlungshaus der Kaufleute, gestanden haben; dies belegt der Fundort eines von den Kaufleuten gestifteten Inschriftensteins aus dem Jahr 212 n. Chr. unweit des Platzes. Dieses Gebäude hat wohl den Mittelpunkt der zivilen Gemeinde gebildet.

In karolingischer Zeit wurde hier die Mauritiuskirche erbaut. Um die Kirche herum lag der erste Friedhof der Siedlung, der noch bis 1573 benutzt wurde. Bis ins 16. Jahrhundert hinein nannte man den um die Kirche gelegenen Teil der heutigen Kirchgasse »Bei der Kirche«, später den »Kirchplatz«. Zu dieser Zeit war der Platz nicht sehr groß und eher trichterförmig; bis ins 18. Jahrhundert war er von einer Mauer umgeben. Neben der Kirche lag zur Schulgasse hin die Stadtschule, auf der anderen Seite der Pfarrhof. Gegenüber befanden sich Bürgerhäuser, zum Teil noch mit ausgedehnten Höfen und Gärten. Hinter dem Chor der Kirche gelangte man über eine Treppe zur Neugasse.

Nach dem Brand der Mauritiuskirche 1850 entschloss man sich, sie an dieser Stelle nicht wieder zu erbauen. Durch Niederlegung auch der Schule und anderer Häuser erhielt der Mauritiusplatz eine neue rechteckige Form im Rahmen einer dreigeschossigen spätbiedermeierlichen Neubebauung. Diese wurde an der Südseite des Mauritiusplatzes 1904/05 durch das Warenhaus Bormass, einen Jugendstilbau, ersetzt. Auch sonst ist von den älteren Gebäuden wenig erhalten geblieben. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg bot der Zustand des Platzes immer wieder Anlass zur Kritik; er wurde daher mehrfach umgestaltet.

Ende der 1960er-Jahre ließ Karstadt das Warenhaus Karzentra, ehemals Bormass, auf dem Mauritiusplatz abreißen und errichtete am heutigen Standort auf der anderen Seite der Schulgasse einen neuen Kaufhauskomplex, für den u. a. auch die alte Feuerwache in der Neugasse niedergelegt wurde. Bei der Neuanlage des jetzt vergrößerten Platzes 1970 plante man bereits die Einrichtung einer Fußgängerzone in der Kirchgasse zwischen Mauritius- und Marktstraße ein. Mitte der 1970er-Jahre öffneten auf dem Mauritiusplatz das Café Böck und ein Biergarten, der bis 2001 bestand. Auch eine Brunnenplastik wurde errichtet und später durch einen historischen Brunnen ersetzt. 2004/5 erhielt der Platz mit einer neuen Brunnenanlage sein heutiges Aussehen. Drei in den Granitboden eingefügte Stahlplatten mit eingearbeiteten Bronzeelementen erinnern an die ehemalige Mauritiuskirche.

Literatur

Czysz, Walter: Vom Römerbad zur Weltkurstadt, Geschichte der Wiesbadener heißen Quellen und Bäder, Wiesbaden 2000 (Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden 7).

Sigrid Russ, Bearb., Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Wiesbaden I.1 – Historisches Fünfeck. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2005.

Schoppa, Helmut: Aquae Mattiacae. Wiesbadens römische und alamannisch-merowingische Vergangenheit, Wiesbaden 1974 (Geschichte der Stadt Wiesbaden Bd. 1).

Spielmann, Christian/Krake, Julius: Historischer Atlas der Stadt Wiesbaden. Zwölf digitalisierte Stadtkarten von Wiesbaden 1799–1910, bearb. von Thomas Weichel unter Mitarbeit von Rudolf Krämer, Wiesbaden 2002.

Wiesbadener Leben 1968/10 [S. 21].

Zeitungsauschnittssammlung Stadtarchiv Wiesbaden, "Mauritiusplatz".