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Nassauische Brandversicherung

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Die Nassauische Brandversicherung wurde mit Edikt vom 17.01.1806 für das Fürstentum Nassau-Usingen gegründet und durch Verfügung der Herzoglichen Administrationskommission vom 13.01.1808 in ihrem Wirkungskreis auf alle Landesteile des Herzogtums Nassau ausgedehnt. Sie steht in der Tradition der genossenschaftlich organisierten und staatlich geleiteten Schadensversicherungen, die seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allenthalben aufkamen. Vorrangiger Zweck war die Wiederherstellung und der Ersatz durch Feuer beschädigter oder vernichteter Gebäude. Ebenso wichtig war die Versicherung für die Errichtung neuer Gebäude. Nur wer nachweisen konnte, dass ein Objekt ausreichend gegen Wertverlust gesichert war, erhielt bei Bedarf auch die für die Finanzierung erforderlichen Hypothekendarlehen. Da der Regierung sowohl an einer regen Bautätigkeit wie an einem gesetzlichen Schutz aller Hypothekengläubiger gelegen war, machte sie mit Edikt vom 15./17.03.1808 die Eintragung von Hypotheken ausdrücklich vom Abschluss einer Feuerversicherung abhängig.

Während der Beitritt zur Nassauischen Brandversicherung grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgte, war er für Eigentümer hypothekarisch belasteter Gebäude verpflichtend. Von der Versicherung ausgeschlossen blieben Fabriken, die feuergefährliche Stoffe verarbeiteten, sowie sonstige Gebäude mit einem besonders hohen Brandrisiko. In diesen Fällen bestand jedoch die Möglichkeit, das Objekt bei einem ausländischen Unternehmen zu versichern. Ansonsten besaß die Nassauische Brandversicherung eine Monopolstellung, die ebenso wie der Versicherungszwang bei hypothekarisch belasteten Gebäuden für das Gebiet des Herzogtums Nassau über alle staatlichen Umbrüche hinweg erhalten blieb. Veränderungen gab es bei der Entschädigungsleistung und der Beitragshöhe.

Ein besonderes Problem bildeten anfangs vor allem die auf dem Land verbreiteten Stroh- und Hüttendächer sowie fehlende Brandmauern. Zunächst sollten eingetretene Schäden hier nur teilweise ersetzt werden. Dann ging man dazu über, höhere Beitragssätze zu erheben. 1872 schließlich wurden alle Gebäude je nach ihrer baulichen Beschaffenheit und Lage in eine von fünf nach der Beitragshöhe gestaffelte Tarifklassen eingestuft, eine Regelung, die später noch weitere Differenzierungen erfuhr. Weitere Neuerungen brachten 1923 die Rückführung aller Baupreise auf das Kostenniveau von 1914 und 1930 die Einführung der Neuwertversicherung. Solange das Herzogtum Nassau existierte, fungierte der nassauische Staat als organisatorischer Träger.

Nach der Annexion 1866 ging die Verwaltung zunächst auf die Regierung in Wiesbaden über, ehe sie mit Gesetz vom 21.12.1871 zum 01.01.1872 an den Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden und dessen Organe übertragen wurde. Seit 1934 war die Nassauische Brandversicherung dem Oberpräsidenten in Kassel und in dessen Vertretung dem Landeshauptmann des Provinzialverbandes Nassau unterstellt. Nach 1945 gelangte das nunmehr wieder kommunalständische Institut in die Zuständigkeit des Bezirkskommunalverbandes Wiesbaden. Das Hessische Gesetz über die Mittelstufe der Verwaltung vom 07.05.1953 überführte die Anstalt in die Trägerschaft des Landes Hessen.

Das Geschäftsgebiet erweiterte sich während der preußischen Zeit mehrfach: ab dem 01.01.1868 u. a. um den Kreis Biedenkopf und den nordwestlichen Teil des Kreises Gießen, ab dem 01.01.1880 um das Amt Homburg, ab dem 01.04.1886 um den Stadtkreis Frankfurt und ab dem 1.8.1932 um den Kreis Wetzlar. Allerdings entfiel in diesen Gebieten der Monopolanspruch. Im Stadtkreis Frankfurt mussten nur die mit Grundpfandrechten belasteten Gebäude bei der Nassauischen Brandversicherung versichert werden, in den übrigen Gebieten bestand freier Wettbewerb. Nachdem durch EG-Recht 1994 der Wegfall der Monopole und der Pflichtversicherung in der Gebäudefeuerversicherung eingeleitet worden war, fusionierte die Nassauische Brandversicherung am 01.07.1997 mit drei weiteren Sachversicherern zur SV Sparkassenversicherung Hessen-Nassau-Thüringen. Die Gewährsträgerschaft ging schrittweise an die Sparkassen- und Giroverbände Hessen-Thüringen und Rheinland-Pfalz über. Am 01.01.2004 schließlich schloss sich die Sparkassenversicherung Hessen-Nassau-Thüringen mit den SV-Versicherungen in Baden-Württemberg unter dem Dach einer Holding zur SV Sparkassenversicherung mit Sitz in Stuttgart zusammen.

Zur Sicherung, Archivierung und Aufarbeitung der geschichtlichen Zeugnisse der Nassauischen Brandversicherungsanstalt hat sich 1997 der »Traditionsverein der Nassauischen Brandversicherungsanstalt e.V.« gebildet.

Literatur

175 Jahre Nassauische Brandversicherungsanstalt, Nassauische Brandversicherung (Hrsg.), Wiesbaden 1982.

Zwei Jahrhunderte Versicherungskompetenz. Die Nassauische Brandversicherungsanstalt in Wiesbaden, SV SparkassenVersicherung Holding AG (Hrsg.), Stuttgart 2007.