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Opel, Wilhelm Albert von (geadelt 1917)

Opel, Wilhelm Albert von (geadelt 1917)

Ingenieur, Unternehmer

geboren: 15.05.1871 in Rüsselsheim

gestorben: 02.05.1948 in Wiesbaden


Artikel

Opel, der zweite Sohn des Fabrikanten Adam Opel. Nach dem Besuch der Volksschule in Rüsselsheim und der Realschulen in Offenbach und Mainz begann Opel eine Ausbildung an der Maschinenbauschule der Technischen Hochschule Darmstadt. Die Ausbildung brach er 1890 ab. Opel wechselte in den väterlichen Betrieb. Das Kerngeschäft der Firma Opel konzentrierte sich zu diesem Zeitpunkt auf die Herstellung von Nähmaschinen. Auf Drängen von Wilhelm von Opel und seinen Brüdern erweiterte das Unternehmen seine Produktpalette zunächst um Fahrräder.

1893 vertrat Wilhelm von Opel sein Unternehmen auf der Weltausstellung in Chicago, wo er erstmals mit neu entwickelten Motorwagen in Berührung kam. Nachdem die Fahrradproduktion im Jahr 1897 in eine Krise geraten war, regte Wilhelm von Opel die Produktion von Motorwagen an. Das Unternehmen erwarb entsprechende Patente und prüfte Unternehmensübernahmen. 1898 kaufte Opel schließlich die Anhaltinische Motorwagenfabrik Dessau und produzierte in Rüsselsheim Motorwagen nach Dessauer Vorbild. In den folgenden Jahren entwickelte die Firma Opel ihre Fahrzeuge stetig weiter.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges stieg die Nachfrage nach Fahrzeugen und Motoren durch Rüstungsaufträge sprunghaft an. In Rüsselsheim wurden nun vor allem Last- und Lazarettwagen sowie Melde- und Spähfahrzeuge produziert. 1914 war Opel größter deutscher Automobilhersteller. Daran hatte Opel entscheidenden Anteil, der die neuartigen Produktionstechniken, die er in den USA vor allem bei Ford kennengelernt hatte, im Unternehmen eingeführt hatte.

Wilhelm von Opel wurde 1917 geadelt. Zuvor war er bereits 1908 zum Großherzoglich-Hessischen Kommerzienrat und 1916 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt worden.

Nach dem Ersten Weltkrieg stellte Opel seine Produktion auf eine Serienproduktion im modernen Sinne um. Durch diese Umstellung sanken die Herstellungskosten und Verkaufspreise, die Firma Opel entwickelte sich zum größten Fahrzeugproduzenten im Deutschen Reich. 1928 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und im März 1929 vom amerikanischen Konzern General Motors für 154 Millionen RM übernommen. Im Zuge dieser Übernahme wechselte Wilhelm von Opel aus der operativen Leitung auf den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden, die Geschäftsführung lag nun in amerikanischer Hand.

1928 ließ sich Wilhelm von Opel in Wiesbaden nieder. In Wiesbaden betätigte er sich auch als Mäzen. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise hatte die Stadt Wiesbaden mit einer schwierigen Finanzlage zu kämpfen. Opel gewährte ihr großzügige Darlehen zur Realisierung von Verschönerungs- und Bauprojekten, mit denen diese an die Kurtradition vor dem Ersten Weltkrieg anknüpfen und sich als moderne Kur- und Badestadt positionieren wollte.

In diesen Kontext fielen auch die Planungen für ein modernes Freibad auf dem Wiesbadener Neroberg. Für die Realisierung des bereits seit längerer Zeit geplanten Neubaus stiftete Opel der Stadt 100.000 RM, weitere 150.000 RM überließ er der Stadt als zinsloses Darlehen. Das Schwimmbad, das nach Wilhelm von Opel benannt wurde, konnte 1934 eröffnet werden und galt als eines der modernsten und schönsten Freibäder Deutschlands.

1938 spendete Opel für die Errichtung einer Schutzhütte im Wiesbadener Stadtwald, die vom Verschönerungsverein Wiesbaden den Namen Wilhelm-von-Opel-Hütte erhielt. Weitere Spenden Opels dienten der Einrichtung von Hockey-, Tennis- und Golfanlagen Wiesbadener Vereine. Von seiner Großzügigkeit als Stifter zeugen auch der Goethe-Stein in Frauenstein und die Goethe-Warte auf dem Geisberg und der Wilhelm-von-Opel-Turm auf dem Kellerskopf.

Nach der »Machtübernahme« der Nationalsozialisten trat Wilhelm von Opel am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein. Während der Weimarer Republik hatte er bis 1930 der Deutschen Volkspartei (DVP) angehört. Zwischen 1930 und 1933 stand er der Deutschen Zentrumspartei nahe. Nach der »Machtübernahme« der Nationalsozialisten wurde Opel ebenfalls Mitglied der Deutschen Arbeitsfront, der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, des Reichsbundes Deutscher Jägerschaft und der Akademie für Deutsches Recht. Als Mitglied des »Stahlhelms – Bund der Frontsoldaten« wurde Opel 1934 in die SA überführt. Er war zudem förderndes Mitglied der SS mit einer jährlichen Spende von 1.200 RM. Die Fordernden Mitglieder der SS bildeten eine Unterorganisation der SS, der auch Nicht-NSDAP-Angehörige beitreten konnten und die der Spendensammlung für den Auf- und Ausbau der SS diente. Mit den in der Regel monatlich zu entrichtenden finanziellen Zuwendungen war kein Formaldienst in der SS verbunden. Wilhelm von Opel war zudem Förderer des 1933 von Adolf Hitler in Auftrag gegebenen Hauses der Deutschen Kunst in München. Für weitere Bauprojekte stellte Wilhelm von Opel der NSDAP 21.000 RM zur Verfügung.

Die organisatorische Anpassung der Adam Opel AG an die nationalsozialistische Betriebsverfassung trug Wilhelm von Opel als Aufsichtsratsvorsitzender voll mit. So wurde ab 1933 der Betriebsrat in die Deutsche Arbeitsfront überführt, die Werke wurden nach dem Führerprinzip organisiert und jüdische Inhaber von Opel-Niederlassungen aus dem Konzern gedrängt. Als Aufsichtsratsvorsitzender und Sohn des Firmengründers war Opel in der NS-Zeit oberster Repräsentant des Unternehmens, die Mitglieder der amerikanischen Geschäftsführung traten in der Öffentlichkeit in den Hintergrund. Opel unterhielt so auch in seiner beruflichen Funktion enge Kontakte zur NS-Führung und begrüßte beispielsweise für den Konzern Hitler auf Automobilmessen. Als 1936 gegen Wilhelm von Opel aufgrund eines Steuerdelikts ermittelt wurde, billigte Hitler, dass das Reichswirtschaftsministerium dafür sorgte, dass die Strafzahlung von 3,5 Millionen RM auf 750.000 RM reduziert wurde.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 stellte die Adam Opel AG ihre Produktion auf Kriegswirtschaft um, nachdem sie bereits in den 1930er Jahren erheblich von Aufträgen im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht profitiert hatte. In Rüsselsheim wurde die Produktion von Personenwagen auf Flugzeugkomponenten umgestellt. Der Problematik der amerikanischen Eigentümerschaft wurde durch strukturelle Veränderungen begegnet. Es entstand ein Sonderausschuss des Aufsichtsrates, dem auch Wilhelm von Opel angehörte, um der Vorgabe der Nationalsozialisten zu entsprechen, dass es eine deutsche Geschäftsleitung geben müsse. So konnte der Einfluss der Amerikaner erhalten werden.

Die Firma Opel setzte während des Zweiten Weltkrieges mehrere tausend Zwangsarbeitskräfte ein. Als Aufsichtsratsvorsitzender war Wilhelm von Opel über die größtenteils desolate Behandlung und Unterbringung dieser Arbeitskräfte informiert. Inwieweit Opel Einfluss auf Lebensumstände hatte, ist unklar.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde Wilhelm von Opel durch das NS-Regime mehrfach geehrt. Im Oktober 1939 erhielt Opel von Adolf Hitler für seine Verdienste um die deutsche Kriegswirtschaft das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse.

Am 8. August 1941 wurde Opel im Festsaal des Rathauses von Wiesbaden die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen. In seiner Dankesrede verwies Wilhelm von Opel auf die Aufbauleistung Hitlers, insbesondere die Wehrmacht betreffen.

Neben seinen guten Beziehungen zum NS-Regime gibt es Hinweise, dass Wilhelm von Opel auch in einigen wenigen Punkten kritisch eingestellt war. So habe er sich bemüht, hohe Funktionäre der Firma, die entweder selbst nicht »vollarisch« waren oder eine jüdische Ehefrau hatten, vor einer Entlassung zu bewahren.

Wilhelm von Opel hat im Rahmen seines Spruchkammerverfahrens nach dem Krieg behauptet, dass er sich zusammen mit Christian Bucher, dem Chef der Wiesbadener Wasserwerke, für die kampflose Übergabe Wiesbadens in den letzten Kriegstagen 1945 eingesetzt habe. Beide sprachen bei Oberst von Zierenberg, dem für Wiesbaden zuständigen Kommandanten, vor, der die kampflose Übergabe der Stadt an die U.S. Armee schließlich umsetzte.

Welchen Einfluss Opel wirklich auf den Kampfkommandanten von Zierenberg genommen hat, bleibt in Buchers Bericht unklar. Unerwähnt bleibt auch, ob der völlig kampfunerfahrene und zudem nur mit völlig unzureichenden Kräften ausgestattete von Zierenberg seinerseits überhaupt ernsthaft eine kämpfende Verteidigung Wiesbadens vorbereitete. Zu Kampfhandlungen kam es jedenfalls nicht und die Amerikaner konnten Wiesbaden am 28. März 1945 besetzen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste Opel sich also der Entnazifizierung unterziehen. Das Spruchkammerverfahren gegen Opel endete am 8. Januar 1947 mit einer Einteilung in die Gruppe der »Mitläufer«. Opel sollte als »Sühneleistung« eine Strafe von 2.000 RM zahlen und zusätzlich die Kosten des Verfahrens tragen. Im Vorfeld versuchten Opel und sein Rechtsanwalt, die Mitgliedschaften des Industriellen in NS-Organisationen zu rechtfertigen. Die Kammer folgte der Argumentation von Opels Anwälten, dass der NSDAP-Beitritt nicht aus Überzeugung, sondern aus wirtschaftlichen Interessen erfolgt sei und die Beitritte in die SS und die SA aus früheren Mitgliedschaften erwachsen seien. Auch Opels Rolle bei der Aufrüstung sowie der Kriegswirtschaft des nationalsozialistischen Deutschlands relativierte die Kammer im Sinne der anwaltlichen Argumentation. In Bezug auf die ausländischen Arbeitskräfte und Kriegsgefangenen argumentierte die Kammer, dass Opel als Aufsichtsratsvorsitzendem nicht die Fürsorge für die Arbeitskräfte im Betrieb oblag, sondern die Betriebsführung.

Gegen den Spruch der Kammer und damit die Einordnung Opels in die Gruppe der »Mitläufer« legte nicht nur der öffentliche Kläger Einspruch ein, sondern auch der Betriebsrat der Adam Opel AG. Zu einer erneuten Verhandlung vor der Spruchkammer kam es nicht. Unter anderem der Betriebsrat hatte seinen Einspruch zurückgezogen, woraufhin am 26. April 1948 die Anordnung erging, das Berufungsverfahren einzustellen.

Wilhelm von Opel hatte kurz vor Einstellung des Verfahrens einen Schlaganfall erlitten. Wenige Tage später, am 2. Mai 1948, starb Wilhelm von Opel in Wiesbaden. Er wurde in Rüsselsheim beigesetzt.

Die auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 2020 berufene Historische Fachkommission zur Überprüfung nach Personen benannter Verkehrsflächen, Gebäude und Einrichtungen der Landeshauptstadt Wiesbaden empfahl die Namensentwidmung des Opelbades sowie eine Umbenennung der Wilhelm-von-Opel-Hütte. Zudem wurde die Aberkennung der 1941 erfolgten Verleihung der Ehrenbürgerschaft empfohlen, da Wilhelm von Opel verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen (NSDAP, DAF, NSV, SA, Förderndes Mitglied der SS, Reichsbund Deutsche Jägerschaft, Akademie für Deutsches Recht) angehört hat. Auch vor 1933 hat er sich mit seiner Mitgliedschaft im »Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten« in einer völkisch-nationalistischen Gruppe betätigt. Er hat durch Spenden an die NSDAP, die SS sowie andere NS-Organisationen in erheblicher Höhe die NS-Bewegung wirksam materiell unterstützt. Im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen, u. a. mit Adolf Hitler, und bei seiner Rede aus Anlass der Ernennung zum Ehrenburger Wiesbadens 1941 hat er ein wahrnehmbares Bekenntnis zum Nationalsozialismus als politischer Bewegung und zum NS-Regime abgelegt.

[Der vorliegende Text wurde von Kurz Buchholz für die 2017 gedruckte Version des Stadtlexikons Wiesbaden erstellt, von Dr. Brigitte Streich und 2024 erneut von Dr. Katherine Lukat überarbeitet und ergänzt.]

Literatur

Seher-Thoß, Hans Christoph Gf. von: Opel, Wilhelm v.. In: NDB Bd. 19 [S. 542–546].

Neliba, Günter: Die Opel-Werke im Konzern von General Motors (1929–1948) in Rüsselsheim und Brandenburg. Produktion für Aufrüstung und Krieg ab 1935 unter nationalsozialistischer Herrschaft, Frankfurt am Main 2000.