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Revolution 1918

Artikel

Mit der Niederlage des Ersten Weltkrieges wuchsen auch in Wiesbaden die Befürchtungen und Ängste vor revolutionären Unruhen. Der Reichsinnenminister hatte am 06.11.1918 vorsorglich die Bildung von Bürgerwehren zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung gefordert. Dieser Aufruf wurde vom Wiesbadener Oberbürgermeister kategorisch abgelehnt, um eine gewaltsame Eskalation zu verhindern.

Dennoch kam es auch in Wiesbaden am 09.11. zu politischen Umwälzungen, als Marinesoldaten des Kölner Soldatenrates die Wahl eines Soldatenrates betrieben. Kurz darauf wurde ein Arbeiterrat gebildet, der wenig später mit den beiden Soldatenräten zum Arbeiter- und Soldatenrat (AuSR) verschmolzen wurde. Wie anderswo wurde dieser auch in Wiesbaden paritätisch von MSPD und USPD mit jeweils acht Mitgliedern besetzt. Ein Vollzugsausschuss übernahm die Kontrolle über die lokalen Behörden, in den Straßen patrouillierten Soldaten mit roten Armbinden. Offiziere mussten ihre Waffen abgeben, die Schulterstücke entfernen und auf dem Stadtschloss wehte die rote Flagge der Revolution. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam es in der Folge allerdings nicht.  Der Regierungspräsident stellte sich den neuen Machthabern zur Verfügung und die Bevölkerung arrangierte sich mit den veränderten politischen Zuständen.

Insgesamt war von revolutionärer Stimmung in der Stadt wenig zu spüren; blutige Barrikadenkämpfe, wie in vielen anderen Großstädten blieben in Wiesbaden aus. Ähnlich den in Berlin regierenden Parteien wurden die neuen Machthaber auch in Wiesbaden von den Ereignissen überrollt und es gelang ihnen in der Folge nicht, die Dynamik der Zeit zu nutzen und die eigene Position innerhalb des Wiesbadener Parteiengefüges langfristig zu etablieren. So waren die neuen Verhältnisse nicht von langer Dauer, bereits am 07.12. wurde der Soldatenrat aufgelöst und am folgenden Tag die rote Flagge am Schloss wieder eingeholt. Wiesbaden wurde Bestandteil der französischen Besatzungszone und war folglich vom restlichen Reichsgebiet abgeschnitten.

Literatur

Munz, Marius: »Wiesbaden est boche, et le restera.« Die alliierte Besetzung nach dem Ersten Weltkrieg 1918–1930, Wiesbaden 2012 [S. 26–59].

Struck, Wolf-Heino: Die Revolution von 1918/19 im Erleben des Rhein-Main-Gebietes. In: Hess. Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 19, Marburg 1969 [S. 368–438].