Sprungmarken

Rambach

Artikel

Das nordöstlich Wiesbadens am Südhang des Taunuskammes unterhalb des Kellerskopfes gelegene Rambach wird 1264 erstmals erwähnt. Die Ansiedlung selbst ist jedoch sehr viel älter, Überreste von 23 Grabhügeln datieren aus der Bronzezeit. Im Walddistrikt Hassel wurden die Reste eines römsichen Gutshofes (»villa rustica«, auch »Kloster« genannt) freigelegt. Eine von zwei Ringwällen geschützte römische Militärstation von 200 m Länge und 70 m Breite befand sich auf dem Bergsporn »Quecken« in der Mitte des Ortes.

Die heutige Siedlung wurde vermutlich Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts, etwa zur gleichen Zeit wie Naurod und Heßloch, gegründet. 1264 werden Heinricus und Cunradus de Rombach als Zinsleute des Mainzer Altmünsterklosters genannt. Eine weitere Erwähnung aus dieser Zeit bezieht sich auf ein Eppsteiner Lehensverzeichnis und führt die Besitzungen auf, welche Lutherus de Marketrode von Gerhard III. von Eppstein in Rambach zu Lehen hatte. Damit ist auch bereits einer der Grundherren genannt, die hier Besitzrechte, Güter, Einkünfte, den Kirchenzehnten sowie das Gericht im sogenannten unteren Dorf besaßen, nämlich die Herren von Eppstein. Grundherren waren auch die Herren von Frauenstein, die aber bereits 1298 dazu übergingen, ihre Besitzungen in Rambach zu veräußern. Gottfried von Frauenstein übertrug seine Güter schließlich 1344 an Graf Gerlach zu Nassau. 1441 konnten sich die Nassauer dann in den Besitz aller eppsteinischen Rechte sowie der Hochgerichtsbarkeit setzen. Aus dieser Zugehörigkeit zum nassauischen Herrschaftsbereich erklärt es sich auch, dass die Rambacher im 15. Jahrhundert zur Leistung von Wiesenfuhren an das Schlosshofgut in Wiesbaden verpflichtet waren; sie konnten diesen Frondienst aber gegen eine jährliche Rente von 13 fl. ablösen. Zinsen hatten sie zeitweise auch an das Weißfrauenkloster in Mainz zu zahlen (1568). Rambach stand in engen Beziehungen zu Sonnenberg: Als Graf Johann zu Nassau 1457 einen Teil des dortigen Schlosses verpfändete, gehörten dazu auch Einkünfte in Rambach. Im Dreißigjährigen Krieg hatte Rambach schwer zu leiden. Von 125 Einwohnern vor dem Krieg lebten danach nur noch acht in der Gemeinde.

Seit 1637 sind Grundzüge einer Verwaltung erkennbar: Ein erstes Gerichtssiegel wurde in diesem Jahr eingeführt, welches den heiligen Nikolaus mit Mitra, den Bischofsstab in der Rechten und eine Schale mit drei Kugeln in der Linken haltend, zeigt. Im 17. und 18. Jahrhundert standen der Gemeinde ein Schultheiß und ein Rechner oder Vorsteher vor. Angestellte und Bedienstete waren außerdem der Gerichtsdiener, der auch als Nachtwächter Dienst tat, ein weiterer Nachtwächter, ein Feldschütz, ein Förster, eine Hebamme, der Knecht des Medizinalassistenten (1823). Als Berufe der Einwohner werden zu dieser Zeit unter anderem Strohdachdecker, Besenbinder und Geschirrmacher angegeben. Die Schafzucht hat in Rambach eine lange Tradition, ebenso der Obstanbau. Landwirtschaft und Viehzucht hingegen waren wegen der Kargheit des Bodens kein ertragreicher Erwerbszweig.

Kirchlich gehörte der Ort im Mittelalter zum Pfarrbezirk von Bierstadt, seit 1685 war er eine Filiale von Sonnenberg, auch die Schule unterstand dem Sonnenberger »Pfarradjunkt«. Den Gottesdienst in Rambach versahen die Sonnenberger Pfarrer mit. Die Kirche wurde allerdings bereits 1827 von einem eigenen Pfarrvikar verwaltet; zu seinen Einkünften gehörten unter anderem die Erträge aus zwei Äckern. 1910 wurde eine feste Hilfspredigerstelle in Rambach eingerichtet, die 1953 zu einer eigenen Pfarrerstelle erhoben wurde. 1954 entstand ein neues Pfarrhaus. Von wann das älteste Gotteshaus datiert, ist nicht überliefert. Zwischen 1540–46 wurde Rambach mit den anderen nassauischen Ortschaften evangelisch. 1546 soll die in Rambach befindliche Kapelle bei einem Brand zerstört worden sein. Sie wurde wieder aufgebaut, denn 1594 werden die Bewohner in einem Visitationsprotokoll aufgefordert, das Gebäude nicht zu sehr verfallen zu lassen. Auch dieses neue Gotteshaus wurde 1673 Opfer eines Brandes. 1680 bestand an gleicher Stelle eine Holzkirche, die wenig später wieder baufällig war. 1751 wurde eine Orgel eingebaut. An die Stelle der alten Holzkirche trat ein Steinbau. Einen eigenen Organisten gab es nicht, die Orgel wurde von dem jeweiligen Lehrer gespielt. Die Kirche wurde 1887 wegen Baufälligkeit geschlossen, ein neues Gotteshaus wurde am 15.09.1892 eingeweiht. Da der Totenhof um die Kirche herum zu klein wurde, wurde auf dem Kitzelberg ein neuer Friedhof angelegt, seit 1859 finden dort die Beerdigungen statt. 1989 wurde eine neue Trauerhalle errichtet. 1911 eröffnete die evangelische Kirchengemeinde einen ersten Kindergarten (Kleinkinderschule), 40 Jahre später erfolgte die Einweihung eines zweiten Kindergartens. Die wenigen Rambacher Katholiken gingen zum Gottesdienst zunächst nach Wiesbaden, seit der 1887 erfolgten Gründung einer katholischen Pfarrei mit den Filialen Rambach, Heßloch, Bierstadt, Igstadt und Kloppenheim nach Sonnenberg. Der 1956 gegründete katholische Rambacher Kapellenbauverein setzte sich für eine eigene Kirche ein; St. Johannes in der Lach wurde am 09.05.1963 geweiht.

1684 lebten in Rambach 72 Einwohner. Bis 1688 mussten die Kinder von Rambach nach Sonnenberg in die Schule gehen. Die erste einklassige Schule wurde in der Dorfmitte beim Brunnen errichtet; die kleine Schulstube diente zugleich als Wohnung des Lehrers. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts sind die Namen der Lehrer bekannt; 1748 betrug die Zahl der Schüler bereits 50. Die engen Beziehungen zu Sonnenberg blieben bestehen: Als im Jahr 1820 ein Inventar des Schulgebäudes aufgestellt wurde, war nicht nur der Rambacher Schultheiß, sondern auch der Pfarrer von Sonnenberg und Rambach, Georg Ludwig Cramer, zugegen. 1822/23 wurde ein neues Schulhaus mit Scheune, Schweinestall und Abtritt erbaut, das alte verkaufte man auf Abbruch. 74 Kinder gingen zu dieser Zeit in die Schule. Um 1900 war auch diese Schule zu klein geworden, am 20.10.1902 wurde ein Neubau eingeweiht, der von 316 Schülern besucht wurde. Diese »Neue Schule« am Kirchweg diente als Mehrzweckbau für den Schulbetrieb, die Feuerwehr, den »Stimpert« (Gefängnis), für das Büro des Bürgermeisters und die Lehrerwohnung. Die alte Schule wurde abgerissen.

Am Lauf des Rambachs entstanden mehrere Mühlen, so eine Lohmühle und 1709 die Stickelmühle. Um 1750 wurde rechts des Kirchwegs ein einstöckiges Spritzenhaus aus Fachwerk erbaut. 1768 kam es zu einer großen Wasserflut mit vielen Schäden. 1797 wurde ein neues Gemeindesiegel erstellt; aus dem Bild des heiligen Nikolaus wurde ein Hirte oder Richter mit hohem Hut und einfachem Stab. 1760/61 legte man zwei Laufbrunnen an. Ein dritter steht heute an der Wellbornstraße.

1840 hatte der Ort 512 Einwohner. Zum Gemeindevermögen gehörten ein Hirtenhaus und ein zweistöckiges Rathaus, in dem sich auch die Dorf-Backstube befand. 1900 zählte Rambach 1.495 Einwohner. Mehrheitlich waren sie Kleinbauern und Fuhrleute, die häufig Steine aus den Sonnenberger Brüchen transportierten. Es gab viele Wäschereien, darunter die beiden Dampfwäschereien Emil Renson & Söhne und Fischer, die für Hotels und reiche Familien Wiesbadens wuschen. Mit dem Bau des Kellerskopfstollens 1899– 1906 erhielt Rambach eine zentrale Wasserversorgung, 1909 auch eine bessere Verkehrsanbindung durch den Neubau der Chaussee nach Naurod.

Beklagt wurde der »obwaltende sozialdemokratische Geist«: Als Beweis dafür berichtet ein Chronist, in Rambach habe sich 1914 niemand freiwillig zu den Waffen gemeldet. Im Ersten Weltkrieg waren gleichwohl auch in Rambach viele Opfer zu beklagen. Für die 54 Gefallenen wurde vor dem Friedhof ein Mahnmal errichtet. Es folgte die Besetzung durch die Franzosen. Am 01.04.1928 wurde Rambach mit 1.721 Einwohnern und acht weiteren Vororten nach Wiesbaden eingemeindet.

Der Zweite Weltkrieg hinterließ schmerzliche Spuren, 62 Rambacher fielen. 1940 setzten Brandbomben drei Scheunen in Brand. In der Bombennacht vom 02. auf den 03.02.1945 fielen die Rambacher Gaststätte »Waldlust«, das Pfarrhaus und anliegende Gebäude in Schutt und Asche. An der Kirche entstanden ebenfalls große Schäden. 30 Menschen starben.

In der Nachkriegszeit wurden mehrere größere Bauprojekte durchgeführt, die Kanalisation wurde ausgebaut, ein Sportplatz wurde angelegt. Nachdem die »Neue Schule« zu klein geworden war, konnte am 01.09.1958 die spätere Adolf-Reichwein-Schule am Sportplatz eingeweiht werden. Sechs Jahre später kam eine Turnhalle hinzu, die seit 1976/77 als Mehrzweckhalle genutzt wird. Die ehemalige »Neue Schule« hingegen dient der evangelischen Kirchengemeinde als Gemeindezentrum (eingeweiht 1985). 1961 wurde das jetzige Forsthaus (Revierförsterei) am Kellerskopfweg erbaut. 1966/67 entstanden das DRK-Zentrum in der Niedernhausener Straße 44 (seit 1987 Albert-Janssen-Haus) und 1969 das Feuerwehrgerätehaus in der Adolf-Schneider-Straße. 1950 belief sich die Einwohnerzahl auf 2.373 Personen. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ging zurück: von 16 im Jahr 1974 auf acht 1984. Die alte Handwerker- und Arbeitergemeinde wandelte sich zum Wohnvorort. Die Bevölkerungsentwicklung in Rambach stagnierte; 1961–86 wuchs die Einwohnerschaft nur um 8 %.

In Rambach gab es seit jeher ein reges Vereinsleben. Heute zählt die Gemeinde 19 Vereine, von denen der Turn- und Sportverein von 1861 mit rund 560 Mitgliedern der größte ist.

Literatur

Herrmann, Fritz-Rudolf: Wiesbaden-Rambach, vor- und frühmittelalterliche Denkmäler. Archäologische Denkmäler in Hessen 32. Abt. f. Vor- und Frühgeschichte im Landesamt f. Denkmalpflege, Wiesbaden 1983.

Magistrat vor Ort: Materialien zur Stadtentwicklung. Rambach, Stadtplanungsamt (Hrsg.), Wiesbaden 1987.

Evangelische Kirche mit Kriegerdenkmal, 1967 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F001-1973, Urheber: Joachim B. Weber
1 / 1