Unterwegs im ... Caligari
Die Caligari FilmBühne am Marktplatz ist laut Regisseur Volker Schlöndorff "ein Juwel unter den deutschen Lichtspielhäusern". Mit Claudia Steiger habe ich über die Anfänge des Caligari als Stummfilmkino, das bunte Festivaltreiben und was das Kino-Erlebnis einfach einmalig macht gesprochen!
Bis Ende 2025 wird die Caligari FilmBühne saniert und ist danach umso schöner!
Fräulein Quellgeflüster: Das Caligari hat eine ganz besonders Innenausstattung ...
Claudia: Man kann sagen: einmalig! Die Ausstattung und die Architektur wurde 1955 nach den Plänen des Architekten Ludwig Goerz umgesetzt. Sie ist bis heute größtenteils erhalten und denkmalgeschützt. Seit der großen Sanierung 1999/2000 ist der Saal in Schwarz gehalten mit goldenen Dekors und einer geschwungenen Wellendecke. Über der Leinwand gibt es eine Art goldene Locke, die an eine ausgerollte Filmrolle erinnert. Eine Besonderheit sind auch die drei Rundmosaiken an der Saalrückwand, die die Filmarten Spielfilm, Kulturfilm und aktueller Bildbericht versinnbildlichen.
Fräulein Quellgeflüster: Die Lage genau gegenüber der Marktkirche wurde ja nicht von allen gern gesehen!
Claudia: Die Kirchengemeinde hat protestiert. Man befürchtete, die Kinobesuchenden könnten die "Ruhe und Würde" der Kirche verletzen. Die Auseinandersetzungen mit dem Marktkirchenvorstand gingen bis zum Preußischen Minister der Volkswohlfahrt. Dieser entschied, das Kino bauen zu lassen, allerdings mit der Auflage, die Fassade hin zur Marktkirche "äußerst schlicht" zu gestalten. Der Haupteingang wurde in die Wilhelmstraße gelegt. Er ging quasi durch das damalige Parkhotel, daher der Name "Ufa im Park".
"Vor 100 Jahren waren Kinobesuche ein gesellschaftliches Ereignis."
Fräulein Quellgeflüster: Wie kann man sich die ersten Filmvorführungen vorstellen?
Caligari FilmBühne: Vor 100 Jahren waren Kinobesuche ein gesellschaftliches Ereignis. Die Filmabende waren festliche Veranstaltungen, zu denen man sich fein machte. Die Lichtspielhäuser erinnerten an große Theaterbauten, und das Ufa im Park war ein großer Kinopalast mit knapp 1.000 Plätzen, heute sind es 427. Die Musik zum Stummfilm wurde auf einer Orgel gespielt - die Orgelpfeiffen waren in den gewölbten Wänden links und rechts neben der Leinwand untergebracht. Zu besonderen Anlässen spielte ein Orchester zum Film. Aus einem Artikel des Wiesbadener Tagblatts wissen wir, dass es zur Eröffnung im Dezember 1926 eine Ouvertüre mit Orgelklängen gab und dass anschließend zum Eröffnungsfilm "Faust" ein Orchester unter der Leitung von Kapellmeister Paul Dessau spielte.
Fräulein Quellgeflüster: Eine kleine Reminiszenz ist Eure Reihe "Stummfilm mit Live-Musik" ...
Claudia: Das ist wirklich besonders. Es gibt nur wenige Kinos in Deutschland, die Filmkopien analog, also in 35mm-Rollen, abspielen können. Im Caligari werden diese Kopien in stufenloser Geschwindigkeit vorgeführt, das heißt genauso, wie damals zur Stummfilmzeit. Veranstaltet wird die Reihe übrigens vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum, das über ein großes Filmarchiv verfügt, darunter viele Stummfilme wie "Das Cabinet des Dr. Caligari", nach dem die FilmBühne benannt ist. Die Live-Musik auf dem Caligari-eigenen Flügel spielt der Pianist Uwe Oberg, Träger des Hessischen Jazzpreises. Ab und zu gibt es auch Stummfilmvorführungen mit einem kleinen Orchester oder Ensemble.
Fräulein Quellgeflüster: Was ist die Idee der FilmBühne heute?
Claudia: Das Caligari hat als kommunales Kino Wiesbadens die Mission "Andere Filme anders zeigen". Das Filmprogramm wird in Form von Filmreihen präsentiert, zum Beispiel Retrospektiven zu Filmschaffenden und thematische Reihen, wie die "Wiesbadener Architektur Film Tage". In der Reihe "Filmstadt Wiesbaden" werden Filme von Wiesbadener Filmschaffenden präsentiert. Zu den Veranstaltungen haben wir häufig Gäste und es gibt Filmgespräche und Einführungen. Auch dank unserer Kooperationspartner - wie dem Deutschen Filminstitut & Filmmuseum, dem Staatstheater Wiesbaden oder dem Museum Wiesbaden - ist immer für Neuheiten, Kreativität und Abwechslung gesorgt. Mit dem "Traumkino für Kinder" und der Reihe "Kino macht Schule" wird der Nachwuchs an die Filmkunst herangeführt.
Fräulein Quellgeflüster: Was sind besondere Highlights?
Claudia: Highlights sind die Filmfestivals: die Homonale im Januar, das Deutsche FernsehKrimi-Festival im März, das goEast – Festival des Mittel- und Osteuropäischen Films im April. Im November folgt das exground filmfest. Dazu kommen Gastspiele wie von der Werkstatt der Jungen Filmszene, die traditionell zu Pfingsten ein ausgewähltes Programm präsentiert. Auch das Internationale Trickfilmfest feiert hier seit einigen Jahren seine Eröffnung. Bei den Festivals haben wir viele, häufig internationale Gäste, mit denen sich das Publikum direkt austauschen kann. Im Rahmen unserer Kooperation mit den Internationalen Maifestspielen (Öffnet in einem neuen Tab) war schon John Malkovich zu Gast, der anschließend im Staatstheater aufspielte. Sehr beliebt sind auch Cross-over-Veranstaltungen wie unsere Filmreihe zu Ehren von Hildegard Knef, bei der es ein Abschlusskonzert mit der Jazzsängerin Nicole Metzger gab. Übrigens: 2026 wird das Caligari 100 und man darf sich auf viele Highlights freuen, soviel können wir heute schon verraten 😊!