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Gymnasien und Gymnasiale Oberstufen

Artikel

Das älteste Wiesbadener Gymnasium, die heutige Diltheyschule, ging 1844 aus dem Pädagogium am Luisenplatz hervor, das auf Grund herzoglichen Edikts um ein Gymnasium erweitert wurde und sich fortan »Herzogliches«, seit 1866 »Königliches Gymnasium« nannte. Bedeutende Schüler waren Wilhelm Heinrich von Riehl, Wilhelm Dilthey und Ludwig Beck. Nach dem Ersten Weltkrieg in »Staatliches Gymnasium« umbenannt und 1932 unter einer Leitung mit dem Realgymnasium geführt, musste die Doppelanstalt 1934 das ursprünglich für die Gutenberg-Elementarschule konzipierte Gebäude am Gutenbergplatz beziehen, firmierte seit 1936 als »Oberschule mit Gymnasium« und führte ab 1951 den Namen »Diltheyschule«. Diesen Namen nahm der altsprachliche Zweig mit, als er 1955 in die Alexandrastraße verlegt wurde. 1962 zog die Schule in den Neubau am Mosbacher Berg und nahm erstmals auch Mädchen auf. Wachsende Schülerzahlen führten zu einem erneuten Ortswechsel: 1969 zog der altsprachliche Zweig an seinen heutigen Standort in der Georg-August-Straße, wurde aber bald wieder um einen neusprachlichen Zweig erweitert. Der bisherige neusprachliche Teil verblieb als »Gymnasium am Mosbacher Berg« in der Mosbacher Straße. In den 1980er-Jahren geriet diese Schule immer wieder in die Schließungsdiskussion. Die in den 1990er-Jahren erfolgte Generalsanierung stabilisierte sie aber zusehends. Sie ist heute ein fünfzügiges Gymnasium.

Durch das Edikt von 1844 wurde das bis dahin einzige Realgymnasium im Herzogtum Nassau eingerichtet, die heutige Gutenbergschule. Als Unterbau diente die Realschule. 1932 wurde das Realgymnasium mit dem ehemals »Königlichen«, nunmehr »Staatlichen Gymnasium« vereinigt. Als 1955 der altsprachliche Teil als »Diltheyschule« selbstständig wurde, erhielt der neusprachliche Zweig in der Mosbacher Straße den Namen »Gutenbergschule.« Zum Schuljahr 1955/56 nahm die Schule die ersten Mädchen auf und bekannte sich 1968/69 offiziell zur Koedukation.

Vorläuferin der Oranienschule war die 1857 gegründete »Höhere Bürgerschule für Jungen« mit den Fremdsprachen Englisch und Französisch. Sie wurde aus den vier unteren Realschulklassen des »Herzoglich Nassauischen Realgymnasiums« und der Vorbereitungsklasse der Realschule der »Schule am Markt« gebildet. Am 04.05.1868 bezog sie ihr neues Gebäude an der Oranienstraße. 1879 als siebenjährige Realschule 2. Ordnung anerkannt, wurde sie 1892 zur Oberrealschule, die nach neun Jahren ohne Latein zum Abitur führte. 1905 wurden drei Klassen als Grundstock für die »Städtische Oberrealschule am Zietenring« ab gegeben und die Schule an der Oranienstraße zum Reformrealgymnasium mit Realschule weiterentwickelt. Fremdsprachen waren Französisch, Latein und Englisch. Seit 1911 führte sie die Bezeichnung »Städtisches Realgymnasium mit Realschule«. Während des Ersten Weltkriegs in die Oberrealschule am Zietenring verlegt, konnte die Schule später zwar an den alten Standort zurückkehren, beherbergte aber zusätzlich die Gutenberg-Elementarschule. 1931 in »Reformrealgymnasium« umbenannt, wurde sie 1938 zur »Oberschule für Jungen an der Oranienstraße«. Einer ihrer profiliertesten Lehrer war Hermann Kaiser, Mitglied des Widerstands gegen Hitler. Am 01.12.1945 trat in der Aula der Schule die Verfassungsberatende Landesversammlung Groß-Hessen zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Seit 1956 nannte sich die Schule nach dem Befreier der Niederlande, Wilhelm von Oranien, und seit der Aufnahme von Mädchen zum Schuljahr 1976/77 »Oranienschule Gymnasium für Jungen und Mädchen, Wiesbaden«.

Die »Städtische Oberrealschule am Zietenring«, seit 1956 Leibnizschule, wurde 1905 gegründet. Den Grundstock bildeten drei Klassen der Oberrealschule in der Oranienstraße. 1932–50 war sie mit der Riehlschule in Biebrich zusammengeschlossen, wobei die Schulteile jedoch zeitweise selbstständig blieben. Die Namensgebung wechselte mehrfach, die Leitung übernahm 1928 Ludwig Karst. Die nationalsozialistische Schulreform führte 1938 zur Umbenennung in »Riehlschule, Städtische Oberschule für Jungen am Zietenring«. Bei Wiederaufnahme des Unterrichts im Oktober 1945 erhielt die Schule den Namen »Riehlschule. Realgymnasium am Zietenring« und wurde, nachdem der Ortsbeirat Biebrich 1950 erreicht hatte, dass der Name »Riehlschule« an Biebrich zurückfiel, schließlich 1956 in »Leibnizschule« umbenannt. Als erstes Gymnasium Wiesbadens nahm die Schule 1951 nicht nur Mädchen auf, sondern unterrichtete diese auch gleich koedukativ. 2001 führte die Leibnizschule als einziges Wiesbadener Gymnasium einen G8-Zweig ein.

In die 1907 als »Schule am Boseplatz« gegründete Elly-Heuss-Schule – seit 1911 »Lyzeum II« – zogen 1911 die Seminarklasse und die Seminar-Übungsschule, in denen angehende Lehrerinnen wissenschaftlich und praktisch ausgebildet wurden, ein – diese wurde »Oberlyzeum alter Art«. Die NS-Schulreform führte zu einer Verbindung von Oberlyzeum und Frauenschule als »Oberschule für Mädchen am Boseplatz«. Während des Zweiten Weltkrieges wurden einige Klassen an den Schlossplatz, die »Hauswirtschaftliche Form« bis 1940 an die Haushaltungs- und Berufsschule an der Bleichstraße verlegt. Ende 1945 von der Besatzungsmacht sukzessive für den Unterricht frei gegeben, erhielt die Schule 1951 das Recht, beginnend mit Jahrgangsstufe 7 (Quarta) einen sozialwissenschaftlichen Zweig anzubieten, der zum Vollabitur führte. Mit der Aufnahme und koedukativen Beschulung von Jungen legte die Elly-Heuss-Schule 1966 den Zusatz »Gymnasium für Mädchen« in dem seit 1956 geführten Namen ab und übernahm mit Beginn des Schuljahres 2005/06 die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums.

Die Theodor-Fliedner-Schule, 1965 als Haupt- und Realschule gegründet, nahm mit Beginn des Schuljahres 1970/71 eine Gymnasialklasse auf und wurde dadurch zur Additiven (später: Kooperativen) Gesamtschule. Seit 2009 wurde sie sukzessive zum Vollgymnasium ausgebaut.

Das 1974 gegründete Oberstufengymnasium am Moltkering entstand vornehmlich durch Abtrennung der Oberstufe von der Helene-Lange-Schule und trägt seit 1987 den Namen »Martin-Niemöller-Schule«. In der Nacht vom 23./24.12.2007 wurde die Schule durch Brandstiftung komplett beschädigt, der Unterricht wurde in das kurzfristig umgebaute Rotaprint-Gebäude an der Homburger Straße und im Schuljahr 2011/12 in das Gebäude an der Bierstadter Straße zurückverlegt. Mit Beginn des Schuljahres 2015/16 nahm die Schule erstmals fünfte Klassen auf, so dass sie sich auf dem Weg zum Vollgymnasium befindet.

Die 1977 als »Oberstufengymnasium West« gegründet Carl-von-Ossietzky-Schule begann den Unterricht zunächst in den Räumen der Kohlheckschule. Mit Fertigstellung des ersten Bauabschnitts an der Ernst-von-Harnack-Straße zog die Schule 1979 dorthin um und wurde 1989 nach dem Journalisten und Widerstandskämpfer Carl-von-Ossietzky benannt. 2012 geriet die Schule in Gefahr der Schließung, die aber abgewendet werden konnte. Ein wegen baulicher Mängel erforderlicher Neubau der Schule am gleichen Standort steht an. Im gymnasialen Bereich bieten das Abendgymnasium (seit 1966) und das Hessenkolleg (gegründet 1959) Erwachsenen die Möglichkeit, einen Schulabschluss zu erwerben. Beide Schulen arbeiten eng zusammen und unterstehen einer Leitung. Das Abendgymnasium ist in der Friedrich-List-Schule untergebracht, das Hessenkolleg nutzt ein eigenes Gebäude in der Alexandrastraße.

Die Aufzählung der Wiesbadener Gymnasien wäre nicht vollständig ohne diejenigen höheren Schulen, die heute in dieser Form nicht mehr existieren: Die Helene-Lange-Schule ging aus der »Höheren Töchterschule« hervor. Nachdem diese spätere Schlossplatzschule (auch Lyzeum I) 1945 durch einen Bombenangriff zerstört worden war, verlegte man den Unterricht in das Lyzeum II am Boseplatz. 1955 konnte das Gymnasium für Mädchen als »Helene-Lange-Schule« sein neues Gebäude am Langenbeckplatz beziehen. 1971 nahm die Schule erstmals Jungen auf, verlor aber 1974 ihre gymnasiale Oberstufe an das neu gegründete Oberstufengymnasium am Moltkering und wurde 1986 in eine Integrierte Gesamtschule umgewandelt.

Die Wilhelm-Heinrich-von-Riehl-Schule wurde 1847 in Biebrich als Realschule eröffnet, entwickelte sich 1893 zum Realprogymnasium und nannte sich ab 1906 »Realschule mit Reform-Realprogymnasium«. Nach Bezug des Gebäudes an der Rudolf-Dyckerhoff-Straße und der Benennung in »Riehlschule« erhielt sie 1914 das Recht, Abiturprüfungen abzuhalten und wurde 1920 Reformgymnasium und Oberrealschule. Nach der Eingemeindung Biebrichs 1926 wurde ab 1931 die Oberstufe sukzessive an den Zietenring verlagert. Der Standort Dyckerhoff-Straße blieb bis 1937/1938 erhalten. Mit dem nun beginnenden Aufbau einer Mittelschule endete die Ära des Biebricher Gymnasiums. Der Name »Riehlschule« fiel auf Betreiben des Biebricher Ortsbeirats 1950 an Biebrich zurück.

Das spätere Gerhart-Hauptmann-Gymnasium war 1967 zunächst eine Dependance der Oranienschule. Die Schülerinnen und Schüler wurden in demselben Gebäude wie die Gerhart-Hauptmann-Realschule an der Manteuffelstraße untergebracht. 1968 ging daraus das vom Schulträger als Mittelstufengymnasium (Jahrgangsstufen 5–10) gegründeten Gerhart-Hauptmann-Gymnasium hervor. Die Schule kämpfte um eine Oberstufe, jedoch konnte nur ein Abiturjahrgang seine Schulzeit dort 1974 beenden. Nach Errichtung des Oberstufengymnasiums West (heute: Carl-von-Ossietzky-Schule) gehörte die Schule, in der zwischenzeitlich knapp 1.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet wurden, mit Beginn des Schuljahres 1977/78 dem Schulverbund dieses Oberstufengymnasiums an. Mit Ablauf des Schuljahres 2004/2005 wurde die Schule offiziell geschlossen und der Elly-Heuss-Schule angegliedert. Aus Raumgründen wurden einige Klassen noch bis Mai 2006 im Gebäude an der Manteuffelstraße unterrichtet.

Literatur

Auskunft des ehemaligen Stellvertretenden Schulleiters des Gerhart-Hauptmann Gymnasiums, Rüdiger Schmidt, 29.01.2015; Beilage Wiesbadener Kurier u. Wiesbadener Tagblatt zur Schulwahl 2014 (26.11.2013).

Carl-von-Ossietzky-Schule Wiesbaden 1977–2002.

Elly-Heuss-Schule 1907–1982. Festschrift zum 75jährigen Jubiläum, Wiesbaden 1982.

Festschrift zum 25. Geburtstag der Martin-Niemöller-Schule.

Theodor-Fliedner-Schule, Gesamtschule der Landeshauptstadt Wiesbaden in Wiesbaden-Bierstadt – eine Dokumentation für die Jahre 1965–1985, 1985.

Wilhelm-Heinrich-von-Riehl-Schule 1910–1985, 1985.

25 Jahre Wilhelm-Leuschner-Schule, 20 Jahre IGS, 1989.

100 Jahre Elly-Heuss-Schule – Festschrift zum Schuljubiläum, Wiesbaden 2007.

100 Jahre Leibnizschule – Festschrift zum 100-jährigen Bestehen, 2005.

125 Jahre Oranienschule Wiesbaden Gymnasium [1982] sowie 1957 und 2007.

150 Jahre Gutenbergschule Wiesbaden Gymnasium 1845–1994, 1995.

160 Jahre Diltheyschule. Alt- und Neusprachliches Gymnasium 1844–2004, 2004.

Festschriften Diltheyschule Wiesbaden 1977, 1983, 1994.

Festschrift Kastellstraßenschule 1984.

Festschrift Philipp-Reis-Schule 2004.

Struck, Wolf-Heino: Wiesbaden als nassauische Landeshauptstadt. Teil II: Wiesbaden im Biedermeier (1818–1866), Wiesbaden 1981 (Geschichte der Stadt Wiesbaden Bd. 5).

Gutenbergschule an der Mosbacher Straße 1, ca. 1960 wiesbaden.de/ Stadtarchiv Wiesbaden, F000-16349, Urheber: Hans A. Scheffler
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