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Russisch-orthodoxe Kirche der heiligen Elisabeth

Artikel

Die Russisch-orthodoxe Kirche der heiligen Elisabeth auf dem Neroberg, ein Bau des romantischen Historismus, entstand 1846–55 als Grabeskirche für die am 28.01.1845 im Kindbett verstorbene Herzogin Elisabeth zu Nassau. Das Geld für den Bau der Kirche bezog der Herzog mit dem Einverständnis des Zaren Nikolaus I. aus ihrer Mitgift. Mit der Bauaufgabe wurde der Baumeister Philipp Hoffmann betraut. Im Winter 1846/47 führte ihn eine achtwöchige Reise nach St. Petersburg und Moskau, wo er sich vor allem neben der zeitgenössischen auch der russischen Kirchenarchitektur der Renaissance widmete. Zwei weitere Reisen führten ihn 1849/50 und 1852 nach Italien, um dort die Innenausstattung von Kirchenräumen zu studieren und zugleich Aufträge für die Wiesbadener Kirche zu erteilen. Den Bau der Russisch-orthodoxen Kirche plante Hoffmann bis in jedes Detail außen wie innen selbst. Am 25.05.1855, nach siebenjähriger Bauzeit, wurde das Gotteshaus geweiht. Unter großer Anteilnahme der Wiesbadener Bevölkerung überführte man die Gebeine der Herzogin und ihrer Tochter aus der Kirche St. Bonifatius in die neue Russisch-orthodoxe Kirche.

Die Kirche aus hellem Sandstein ist ein Zentralbau mit fünf vergoldeten Kuppeln, die, von Laternen getragen, die typisch russische Zwiebelform aufweisen. Der Grundriss ist aus einem Quadrat mit eingeschriebenem griechischem Kreuz entwickelt. Die zentrale Kuppel befindet sich über dem mittleren Hauptraum, an den sich nach außen vier Seitenräume, die Kreuzarme, anschließen. Vier kleinere Kuppeln befinden sich über den Ecktürmen. Der Bildhauer Emil Alexander Hopfgarten fertigte die Medaillons über den beiden Eingängen. Der mit Marmor verkleidete Kirchenraum ist überaus reich ausgestattet und dekoriert. Dem Eingang gegenüber befindet sich die dreigeschossige Ikonostase (Ikonenwand), die den Versammlungsraum der Gemeinde vom Altarraum trennt. Auch die Gestaltung der Ikonostase geht auf Hoffmann zurück, die Gemälde (Ikonen) schuf Carl Timoleon von Neff. Die Fresken der Kuppel malte August Hopfgarten (1807–1896) aus Berlin, ein Vetter Emil Alexander Hopfgartens. An den nördlichen Seitenraum schließt ein polygonaler Anbau an, in dem der Kenotaph der Herzogin aus weißem Carraramarmor steht, geschaffen von Hopfgarten in Anlehnung an das Grabdenkmal Christian Daniel Rauchs für Königin Luise von Preußen. Den Kenotaph mit der liegenden Figur der Herzogin zieren die Figuren der zwölf Apostel und, in den Ecken, vier weibliche Figuren, die Glaube, Hoffnung, Liebe und Unsterblichkeit symbolisieren. Die eigentliche Ruhestätte der Herzogin und ihrer Tochter befindet sich in der Gruft darunter. Nordöstlich der Kirche wurden 1855/56 auch ein Küsterhaus und der Russische Friedhof nach Plänen von Hoffmann erbaut bzw. angelegt.

Die Kirche wurde zum Zentrum der seit 1844 existierenden russisch-orthodoxen Gemeinde und der russischen Kurgäste. Eine dauerhafte Gemeinde entstand erst in den 1920er-Jahren, als viele russische Emigranten in Folge der Russischen Revolution und der Machtergreifung der Kommunisten nach Deutschland kamen. Seit 1936 gehört die Kirche zur Russisch Orthodoxen Diözese von Berlin und Deutschland. In den 1990er-Jahren wurde das Innere der Kirche vollständig restauriert; 2007 wurden anlässlich des in Wiesbaden stattfindenden »Petersburger Dialogs« und des deutsch-russischen Gipfels die Kuppeln neu vergoldet.

Literatur

Die Russische Kirche in Wiesbaden. Wahrzeichen der Verbundenheit. HERUS e.V. – Hessisch-russischer interkultureller Austausch und humanitäre Hilfe (Hrsg.), Wiesbaden 2013.

Philipp Hoffmann (1806–1889). Ein nassauischer Baumeister des Historismus. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Stuttgart 2007 (Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen 12) [S. 57–63; 132–150].