Natur- und Friedhofskultur
Denkmalgeschützte Gräber
Zahlreiche Grabstätten, insbesondere auf den großen und alten Wiesbadener Friedhöfen, sind als Baudenkmäler besonders erhaltenswert für den Denkmalschutz. Gerade bei der Bestattungskultur engagierten wir Menschen uns schon seit Anbeginn immer mit größtem Kunstverstand — seit rund 10.000 Jahren setzen wir Steine zum Angedenken.
Davon zeugen schon die Nekropolen aus den Megalithkulturen wie auch die eindrucksvollen Mausoleen etwa auf dem Nordfriedhof, der heute in seiner Gesamtheit unter Denkmalschutz steht. Und auch auf vielen anderen Friedhöfen im Stadtgebiet gibt es denkmalgeschützte Areale, in denen besondere denkmalpflegerische Auflagen für die Gestaltung neuer Grabanlagen zu beachten sind.
Damit künftige Generationen sich weniger um den Erhalt historischer Grabdenkmale sorgen müssen, wurde 2001 die Bernhard-von-Wiesen-Stiftung errichtet und hat schon etliche Grabdenkmale konservieren und restaurieren lassen. Es bleibt aber noch viel zu tun, und die Unterstützung aller und auch bürgerliches Engagement sind nötig. Weitere Informationen finden Sie auch unter:
Bernhard von Wiesen-Stiftung
Denkmalpflege Hessen
Kriegsgräber
Das deutsche Gräbergesetz (GräbG), im Langtitel "Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft", regelt das Gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in besonderer Weise. Kriegsgräber unterliegen keiner zeitlichen Beschränkung und die Gräber dürfen grundsätzlich nicht verlegt werden. Ein Kriegerdenkmal erinnert also an die in einem Krieg gefallenen Soldaten nicht an die zivilen Opfer. Kriegerdenkmäler gehören in fast allen Teilnehmerstaaten des Ersten Weltkrieges zum Landschaftsbild. Viele davon wurden auch auf den Wiesbadener Friedhöfen um Gedenkschriften zu den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges erweitert.
Die Funktion eines Kriegerdenkmals ist vielfältig. Es soll die Angehörigen trösten, indem es dem Tod ihrer Verwandten einen Sinn verleiht. Es soll die Überlebenden auf das Vorbild der Opfer verpflichten und den Staat und seine Ideale repräsentieren. Deshalb gab es um die Aufstellung von Kriegerdenkmalen auch häufig Konflikte. Verschiedene gesellschaftliche Gruppen versuchen noch heute, ihr Verständnis von Krieg und Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen. Zu den vielen Stichworten gehören Dankbarkeit, Trauer, Totenkult, Helden, Nation, Volk und Freiheit.
Ehrengräber und Historische Gräber
Meriten über den Tod hinaus
Die Landeshauptstadt Wiesbaden unterhält zurzeit 26 Ehrengräber und 17 Historische Gräber, die sich auf dem Südfriedhof, dem Nordfriedhof, sowie auf den Friedhöfen Biebrich, Mainz-Kastel, Dotzheim, Sonnenberg, Bierstadt, Kloppenheim und dem russischen Friedhof befinden. Die temporäre Einschränkung ist insofern wichtig, weil nicht jedes Ehrengrab nach Ablauf des Nutzungsrechts automatisch als historisches Grab langfristig erhalten bleibt.
Ein Ehrengrab wird vom Magistrat im Einvernehmen mit dem Ältestenausschuss nach den Grundsätzen für die Zuerkennung von Ehrengräbern in der Landeshauptstadt Wiesbaden verliehen. Ehrengräber werden an Personen verliehen, die sich zu Lebzeiten entweder hervorragende Verdienste um die Landeshauptstadt Wiesbaden selbst erworben haben oder ihnen werden hervorragende Leistungen auf (kommunal-)politischem, künstlerischem, kulturellem, wissenschaftlichem, wirtschaftlichem oder sozialem Gebiet mit einer besonderen Grablege honoriert.
Damit ein Grab als Ehrengrab zuerkannt wird, bedarf es eines Antrages. Dieser kann aus der Politik oder aus der Bevölkerung kommen und wird mündlich oder schriftlich an das Büro des Magistrats gerichtet.
Diese 43 besonderen Gräber sind also Menschen zuerkannt, deren ehrendes Andenken bewahrt werden soll. Die Anzahl dieser Gräber kann sich ändern, denn auch diese Gräber können nach Ablauf der Laufzeit eines Ehrengrabes abgeräumt werden. Die Erhaltung historischer Grabstätten ist im Hinblick auf das kulturelle Erbe der Landeshauptstadt Wiesbaden wichtig. Solche Grabmale werden heute nicht mehr erbaut, sie sind daher aus Sicht des Denkmalschutzes von großer Bedeutung: »Historisch oder künstlerisch wertvolle Grabmale und solche, deren Erhaltung aus volkskundlichen Gründen bedeutsam ist, sind rechtzeitig unter Denkmalschutz zu stellen, um sie der Nachwelt zu erhalten.«
Wird entschieden, dass die Grabstätte die Voraussetzungen für eine Zuerkennung als Ehrengrab nicht mehr genügt, so kann dieses Grab durch Entscheidung des Kulturamtes als historische oder erhaltenswerte Grabstätte eingestuft werden. Der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung entscheiden über ausgewählte Ehrengräber, die bereits über 50 Jahre bestehen, ob diese als ›historische Gräber oder Grabstätten mit erhaltungswürdigen Grabmale‹ weiterhin bestehen bleiben.
Als historische Gräber gelten die Gräber bedeutender oder berühmter Persönlichkeiten. Das Kulturamt hat diese Grabstätten für Personen definiert, die auf dem Gebiet der Kultur und der Politik über ihren Tod hinaus im Bewusstsein der Bevölkerung der Stadt blieben, weil sie sich Verdienste von Dauer erwarben oder über die Grenzen der Stadt hinaus etwa in in ihrem Fachgebiet überregionale Bedeutung erhielten.
Als erhaltenswerte Gräber werden Grabmale nach den Auflagen der Denkmalpflege eingestuft und sind deshalb erhaltungswürdig. Jede dieser Entscheidungen, sei es die Zuerkennung eines Ehrengrabes, oder die Entscheidung darüber, ob das Grab als historische oder erhaltenswerte Grabstätte weitergeführt und nicht abgeräumt wird, ist eine Einzelfallentscheidung.
Patengräber
Patenschaften gesucht
Für die zahlreichen historischen oder künstlerisch wertvollen Grabmale gibt es oft keinen familiären Hintergrund mehr und es gilt, diese Bauten dennoch denkmalpflegerisch zu erhalten. Seit 1991 praktiziert die Landeshauptstadt Wiesbaden mit Erfolg ein Patenschaftsmodell für solche Anlagen, deren Nutzungsrecht abgelaufen oder zurückgegeben wurde. Nun sorgen Paten für die Sicherung des historischen Grundes und der Instandhaltung seiner Grabarchitektur. Bei Abschluss des Patenschaftsvertrages gehen das Grabmal und die baulichen Anlagen in das Eigentum des Paten über. Mit Übernahme der Grabpatenschaft sichert sich der Grab-Pate die Option diese historische Grabstätte für Beisetzungen zu einem vergünstigten Preis zu erwerben.
Bislang wurden Patenschaften von rund 140 denkmalgeschützten Wiesbadener Grabstätten übernommen. In der Mehrzahl liegen diese auf dem Nordfriedhof. Rund 250 dieser malerischen und schützenswerten Grablegen warten, verteilt über alle Wiesbadener Friedhöfe, noch auf die Fürsorge künftiger Paten.
Sie haben Fragen zu den Patengräbern?
Weitere Informationen und Antworten erhalten Sie unter folgenden Kontakten:
Grünflächenamt
Friedhofsverwaltung
Telefon 0611 312993
friedhofsverwaltungwiesbadende
Bauaufsichtsamt
Untere Denkmalschutzbehörde und Denkmalpflege
Telefon 0611 316492
denkmalschutzwiesbadende
Bauwerke
Südfriedhof
Die Trauerhalle bildet das Zentrum der symmetrisch gruppierten Anlage auf dem Südfriedhof. An den Mittelbau schließen zu beiden Seiten Bogengänge an, die es mit je einem pavillonartigen Seitenflügel verbinden. An die Flügel wiederum grenzen mit Mauern umgebene Höfe an und daran seitlich zum Siegfriedring je zwei kleine Vorbauten, welche heute als Läden für Gräberschmuck genutzt werden.
Für diese Gruppierung ließ sich der Architekt August O. Pauly wohl von der Symmetrie der Gartenansicht des Biebricher Schlosses inspirieren. Die Bildhauerarbeiten wurden durch den Wiesbadener Bildhauer Carl Wilhelm Bierbrauer (1881–1962) gefertigt. Die Fassade schmücken unter anderem Reliefs aus Muschelkalk, die den Zug des Todes darstellen. Ausgestaltet wurde die Trauerhalle durch die Wiesbadener Maler Hans und Hanna Völcker.
Bemerkenswert sind vor allem die Wandmalereien unter der Kuppel. Sie beziehen sich auf das in der Südost-Empore zu lesende Motto: ›Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt / Die Erde aber bleibet ewiglich.‹ (Salomon 1,4). Die Kuppel wird umrahmt von einem Blumenkranz, getragen von 12 Flügelfiguren. Die Mitte beherrscht ein großer von Engelsköpfen umgebener Beleuchtungskörper. Der Figurenfries durchzieht drei Seiten der Trauerhalle und bestimmt zusammen mit der dunklen Empore das Raumgefüge. In den zwei Kellergeschossen darunter war seit 1912 Wiesbadens erstes Krematorium untergebracht, in dem bis 1997 Feuerbestattungen vorgenommen wurden.
Kolumbarium Nordfriedhof
Auf dem Gelände des Nordfriedhofs ist ein Kolumbarium hervorzuheben. Ein Urnenhaus, das ursprünglich Urnen in 600 Nischen fasste. 1902 eröffnet, wurde es von Stadtbaumeister Felix Genzmer entworfen und im nibelungenhaft-trutzigen neoromanischen Stil ausgeführt.
Einige Details wie die Schriftgestaltung lassen jedoch den beginnenden Jugendstil bereits erahnen. Über dem Eingang ist die Inschrift zu lesen: ›Die Liebe hoeret nimmer auf‹ (Paulus an die Korinther, 1. Brief, 13. Kapitel)
Paulinenmausoleum
Das Paulinenmausoleum, eigentlich Herzogin-Pauline-Mausoleum auf dem heute als beliebtes Freizeitgelände entwidmeten ›Alten Friedhof‹, wurde 2007 von einer Spezialfirma vom Dach bis zum Sockel gründlich renoviert. Zahlreiche Graffiti, bauliche Schäden und Moosbewuchs hatten dem in Sandstein ausgeführten Denkmal stark zugesetzt. Heute ist es wieder ein Anblick und Ziel zahlreicher kunsthistorisch interessierter Bürger.
Im Mausoleum sind neben Herzogin Pauline von Nassau ihr Sohn und ihre Schwiegertochter Gräfin Natalie von Merenberg beigesetzt. Die Grabstätte wurde 1858 vom Oberbaurat Carl Boos entworfen, der als Architekt des romanischen Historismus auch überregionale Bedeutung erlangte. In Wiesbaden verantwortete er als Erbauer die Marktkirche und das Nassauische Ministerialgebäude in der Luisenstraße, heute Hessisches Justizministerium.
Ehrenmal 1870/71
An der Nordmauer des Alten Friedhofs ragt das fast zehn Meter hohe Ehrenmal (auch Kriegerdenkmal oder Siegessäule genannt) für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 auf. Der von Frankreich erklärte und verlorene Krieg gipfelte in der Proklamation des ersten Deutschen Kaisers in Versailles und füllte mit Reparationen die preußische Staatskasse, was im ganzen Reich Monumente in großer Zahl finanzierte, die an den Sieg über Napoleon III erinnern.
Besonders anschaulich die Berliner Siegessäule mit ihren in der massigen Säule eingelassenen vergoldeten französischen Kanonenrohren. Unser Monument am Alten Friedhof besteht aus Granit, Sandstein und Bronze. Es wurde von der Stadt Wiesbaden in Auftrag gegeben und am 18. Oktober 1874 feierlich enthüllt. Entworfen wurde es vom Wiesbadener Architekten Christian Dähne, mit der Ausführung betraute man die Steinmetzwerkstatt Knauer & Ross und der bildplastische Schmuck wird dem Bildhauer Hermann Schies zugeschrieben.
Der quadratische Sockel in Form eines Obelisken gründet in einem aus französischen Felssteinen aufgeschichteten Hügel. Auf allen vier Seiten waren Gedenktafeln und Reichsadler angebracht und darunter sind noch heute die Schlachtenorte Wörth, Metz, Sedan und Paris zu lesen. Die das Monument bekrönende Statue der Victoria, der Siegesgöttin selbst, war ein Zukauf aus Berlin und ist sicher ein Werk von Christian Daniel Rauch — dem einflussreichsten Berliner Bildhauer des Klassizismus von dem auch die Bronzehirsche am Jagdschloss Platte stammen. Die lebensgroße Victoria-Statue wurde in Berlin gegossen, die anderen Bronzen, Inschriftentafeln und auch die schmückenden Adlerfiguren, von denen heute leider durch Vandalismus einiges fehlt, entstanden vermutlich in gemeinsamer Arbeit von Schies und Rauch in der Berliner Gießerei Castner.
Vorbild für die Wiesbadener Victoria-Darstellung waren sechs Entwürfe, die König Friedrich Wilhelm II im Park von Schloss Charlottenburg aufstellen lassen wollte. Zwei davon wurden realisiert und sollen die Gesichtszüge der 1810 verstorbenen Königin Louise tragen. Eine der beiden Berliner Victorien entblößt das rechte Bein, hält einen Siegerkranz und einen Palmzweig als Friedenszeichen, womit in der identischen Darstellung am Alten Friedhof die Provenienz der Wiesbadener Victoria eindeutig belegt ist.
Jüdische Trauerhalle Platter Straße
Im Norden angrenzend an das Gelände des Nordfriedhofs an der Platter Straße liegt der einzige jüdische Friedhof Wiesbadens, auf dem noch heute Beerdigungen stattfinden. Der neue jüdische Friedhof wurde 1891 eingeweiht, wir heben auf diesem Areal insbesondere die Trauerhalle hervor, die erst 2015 saniert wurde.
Das zweigeschossige pavillonartige Gebäude aus Klinkermauerwerk mit Sattel- und Walmdächern und einem Zwiebeltürmchen obenauf ist in der Fassade durch bauchige Oberlichter der Fenster und Türen sowie mit ausragenden Gesimsen reich gegliedert und reizvoll verziert.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Ansprechpartner der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden.
Gruftkapelle der Familie Kreizner
Architekt: Ludwig Euler (1844–1909)
Bildhauer: W. Klostermann
Standort: Nordfriedhof, A35-Parzelle 9
Der Grabplatz von anfangs 58 m² wurde am 23. Juli 1905 von der Familie Kreizner erworben und 1907 um eine Fläche von 50 m² erweitert, sodass die Grabfläche insgesamt ein Areal von 108 m² umfasst. Bei der mit einem Mauerwerk aus gelbem Sandstein umfriedeten Grabanlage handelt es sich um eine Kapelle im neugotischen Stil mit einem unterirdisch begehbaren Gruftraum. Hans-Georg Buschmann charakterisiert die Gruftkapelle in seinem Werk »Der Nordfriedhof von Wiesbaden und seine Vorgänger« wie folgend als ein in Quaderbauweise ausgeführten Bau aus gelbem Sandstein mit einer Dachabdeckung aus Zinkblech. Die niveauausgleichend, erhöht angelegte Portal-Architektur wird von zwei Säulen mit Kompositkapitellen gerahmt, die auf einer in Maßwerk ausgeführten niedrigen Mauer stehen. Der Abschluss wird durch einen mit Krabben versehenen und mit einem Kreuz bekrönten Wimperg gebildet.
Die Seitenwände sowohl des Andachtsraumes als auch der Apsis sind durch Maßwerkfenster gegliedert, wobei die der Apsis schlichter ausgeführt sind als die des Andachtsraumes. Zusätzlich wurde in der Rückfläche der Apsis ein Rundfenster eingesetzt. Beide Gebäudeteile schließen jeweils mit einem Giebeldach ab. Das Dach des Andachtsraumes trägt einen Glockenturm, der in seinem Aufbau der Architektur des Bauwerks angepasst ist.
Die Stützpfeiler der Kapelle tragen Fialen, die mit Krabben besetzt und mit Kreuzblumen bekrönt sind. An den vorderen Pfeilern befinden sich in Höhe der Dachtraufen Eidechsen – als Sinnbild des Todesschlafes und der Auferstehung. Die Innenwände der Gruftkapelle sind mit Platten aus Jura-Marmor ausgekleidet. In der Apsis steht ein aus Stuckgips gefertigter Altar mit einer eingelegten Altarplatte aus dunklem Basalt. Das farbig leuchtende Rundfenster zeigt einen Strahlenkranz, ebenso waren auch die übrigen Maßwerkfenster mit buntem Fensterglas geschmückt. Leider wurden große Teile davon durch Vandalismus zerstört und wurden durch Sicherheitsglas ersetzt.
Der Zugang, der von außen zum Gruftraum führt, ist durch eine in der Schräge liegende Tür verschlossen. Die aus einer Zink-Blei-Legierung gefertigte Türfläche ist mit Maßwerk und Blattornamenten reich verziert und trägt die Grabinschrift sowie einen unterhalb eingesetzten Grabvers. Ein Treppenabgang führt hier in den schmucklosen Gruftraum, in dem bislang 9 Sarg- und 2 Urnenbeisetzungen erfolgten. Seit 1994 befindet sich dieses einzigartige Mausoleum wieder in Besitz der Stadt Wiesbaden und kann als Patengrab erworben werden.
Mausoleum der Familie Bartling
Bildhauer: Ernst Herter
Standort: Nordfriedhof, Östliche Parkanlage, Parzelle 05, Nr. 001
Der Grabplatz wurde am 16.06.1902 (111 m², Gruftgröße 36m²) durch den Industriellen Eduard Bartling erworben. Neben seinen industriellen Unternehmungen (er erfand einen Bagger für den Abbau von Braunkohle und baute ein Kalkwerk bei Limburg aus) war er sowohl politisch als auch sozial sehr engagiert. Dafür wurde ihm als Anerkennung von Kaiser Wilhelm II der Titel des Geheimen Kommerzienrates verliehen.
Hans-Georg Buschmann lobt in »Der Nordfriedhof von Wiesbaden und seine Vorgänger« die tempelähnliche Anlage (Ädikula) aus hellem bayrischen Granit. Die Monolithe (Säulen) sind aus gleichem Material gearbeitet, jedoch poliert. Die Rückfront ist in Form einer Apsis ausgebildet. Das Dach ist rechts und links mit je einer Urne bekrönt. Der Eingang der Gruft befindet sich auf der Rückseite. Eine Freitreppe, flankiert durch Eckpfeiler mit Schmuckkästen für Blumen, führt zu der Anlage mit einer eingestellten Figurengruppe.
Diese besonders kunstvoll gearbeitete Gruppe aus drei Personen zeigt eine Abschiedsszene darstellt. Die Zentralfigur mit dem Stundenglas in der mahnend erhobenen Rechten stellt den Tod dar. Rechts davor steht eine männliche Figur mit einem Schurz bekleidet, die in der Linken einen Hammer hält und auf das Stundenglas blickt. Dahinter befindet sich ein Baumstumpf auf dem ein Amboss steht. Vermutlich soll hier der Schmied des Lebens personifiziert werden. Links, dem Jüngling zu Füßen, sitzt eine Frauenfigur, die mit beiden Händen seine rechte Hand umfasst und ihn im Leben festhalten will.
Heute befindet sich das Mausoleum wieder in Besitz der Stadt Wiesbaden und wurde vom Landesamt für Denkmalpflege in seiner Gesamtheit unter Denkmalschutz gestellt, um es als Kulturdenkmal zu erhalten.
Naturschutz
Parkanlagen mit besonderem Ambiente
Die urbanen Friedhofsanlagen stellen oft eine der wenigen Möglichkeiten für die Städter zum alltäglichen Kontakt mit einer naturnahen Umgebung dar. Insbesondere die Friedhöfe, die über einen alten Baumbestand verfügen. Und auch die akkurat gepflegten Beete und Hecken sowie die ansprechend mäandernde Weggestaltung betonen auf unseren Friedhöfen oft den Charakter besonderer Parkanlagen, weshalb sie nicht nur Ziele für die Bürgerinnen und Bürger darstellen, die ihren davongegangenen Angehörigen nah sein wollen.
Ein besonderes Beispiel ist gewiss der Südfriedhof, der als städtischer Friedhof mit über 30 Hektar Fläche der größte innerhalb des Wiesbadener Stadtgebietes ist. Mit seinem dichten Baumbestand, den alten Alleen, seinen denkmalgeschützten Gebäuden und malerischen Grabmalen stellt er seit 1908 nicht nur einen einzigartigen Ort für Bestattungen dar sondern übernimmt heute ganz ähnliche ökologische und klimatische Funktionen wie unsere zahlreichen Waldwiesentäler.
Tiere
Auf Friedhöfen ist die gesamte gestaltete Landschaft auf niederschwellige Geräuschkulisse und Ewigkeit hin ausgerichtet. Hinter den Friedhofsmauern, fern des Verkehrslärms, scheint die Zeit langsamer zu vergehen – hier herrscht eine stille und pietätvolle Atmosphäre. In den oft außergewöhnlich alten Baumbeständen und an den naturnah gestalteten Gräbern bieten sich zahlreiche Nischen, die als Biotope auf dem Stadtgebiet selten geworden sind.
Wer offenen Auges und mit gespitzten Ohren über unsere alten Wiesbadener Friedhöfe spaziert, der merkt schnell: In diesen von Tradition, Ritus und, ja, Tabus geschützten Zonen tummelt sich eine erstaunliche Artenvielfalt, die unsere Parkanlagen oft noch überbietet. Viele Friedhöfe sind für Tiere also der perfekte Lebens- und Rückzugsraum. Die künstlich angelegten und vielfältigen Landschaftsbilder bieten Wohnraum und Nahrung für die unterschiedlichsten Bedürfnisse.
Vor allem Vögel fühlen sich dort natürlich wohl. Man bemerkt nicht nur die üblichen Verdächtigen: Höhlenbrüter wie Meisen, Spechte und Kleiber, die in den alten Bäumen leicht Unterschlupf finden. Den Spatz, den Zaunkönig oder das Rotkehlchen, die sich in den dichten Zierhecken verbergen, sondern auch die eher selten gewordenen Arten wie Gartenrotschwänzchen, Nachtigall, Gelbspötter oder Trauerschnäpper. Ohnehin gilt Wiesbadens Tierwelt, begünstigt durch das warme Klima an der Pforte zum Rheingau, als besonders artenreich. Zu den dauerhaften Bewohnern im innerstädtischen Bereich, der mit 28 % verhältnismäßig stark bewaldet ist, zählt man nicht nur Fledermäuse, Maulwürfe, Kaninchen, Eichhörnchen, Igel, Steinmarder, Feldhamster und Siebenschläfer, auf den Friedhöfen werden auch einige seltene, bedrohte Arten sowie exotische Einwanderer und Rückkehrer gesichtet.
So gedeiht auf dem Südfriedhof der vorwiegend nachtaktive Rotfuchs prächtig. Und auch der selten gewordene Feuersalamander, diverse Kröten- und Froscharten und sogar die Äskulapnatter ziehen aus ihren ursprünglichen Gebieten im Taunus ins wasserreiche und feuchtwarme Stadtgebiet und finden gerade auf den Friedhofsanlagen neue Refugien, in denen sie sich weitgehend ungestört vermehren dürfen.
Pflanzen
Das Erscheinungsbild der Wiesbadener Friedhöfe wird auch durch die individuelle Bepflanzung der Gräber bestimmt. Dauerbepflanzung, die zwei Drittel des Grabes einnehmen kann, wird in zwei Kategorien eingeteilt. Ungefähr die Hälfte des Grabes wird in der Regel für Bodendecker genutzt, wie zum Beispiel Zwergmispel (Cotoneaster dammeri) und bodendeckende Stauden. Bei schattigen Standorten empfiehlt sich die Teppich-Golderdbeere (Waldsteinia ternata), bei halbschattigen Standorten der Günsel (Ajuga reptans) und bei sonnigen Thymian, sowie Sedum-Arten und die Heidenelke (Dianthus deltoides).
Als Rahmenbepflanzung empfehlen die Gärtner langsam wachsende, kleinwüchsige und schnittverträgliche Gehölze wie Eiben, Zwergkoniferen, Wacholder oder auch Buchs. Bei der Dauerbepflanzung ist zu beachten, dass die Standortbedingungen, also die Licht- und Bodenverhältnisse stimmen und vorsorglich für die kalte Jahreszeit bei der Pflanzenauswahl die Winterhärte beachtet wird. Auf diese Weise sollte das angelegte Grab mit vielen Grün-, Braun- und Rostfarbtönen ohne großen Pflegeaufwand und ganzjährig ein Anblick sein. Die übrige Fläche wird in der Regel im Frühjahr, Sommer und Herbst mit Blütenpflanzen der Saison hervorgehoben. Etwa Stiefmütterchen, Primeln, Gänseblümchen, Vergissmeinnicht und Ranunkeln im Frühjahr.
Im Sommer eignen sich — je nach Standort — Begonien, Geranien, Lieschen, Männertreu und die Studentenblume. Für den Herbst gibt es das ›Herbstzaubersortiment‹. Dies ist ein spezielle Auswahl, die sich sehr gut für die Herbstsaison eignet, darunter die Schneeheide, Fette Henne, Alpenveilchen, gern kombiniert mit Efeu, Purpurglöckchen oder auch Günsel. Blütenpflanzen wie Chrysanthemen und Topfheide setzen bunte Akzente. Und diverse Kräuter in dieser Mischung halten die Schnecken in Schach. Eine willkommene Abwechslung für Gräber im Halbschatten sind verschiedene Gräser wie Segge und Blauschwingel oder die wintergrünen Farne wie der Rippen- oder Wurmfarn.
Bei der Pflanzerde achte man auf einen hohen Humusanteil und Dünger darin. Als Bodendecker eignen sich die robuste Heckenkirsche (Lonicerapileata), der Efeu (Hedera helix) und die Zwergmispel (Cotoneaster dammeri). Da es den Hinterbliebenen selten möglich ist, an allen heißen Tagen des Jahres zu gießen, verwendet man vorzugsweise sukkulente wasserspeichernde Pflanzen wie die genannte Heckenkirsche. Zur konkreten Herrichtung und Pflege folgen Sie dem Link zur Friedhofsatzung oder fragen Sie getrost den Friedhofsgärtner vor Ort.
Wenn Angehörige das Grab nicht selbst pflegen wollen, dann empfiehlt es sich, mit einer der hiesigen Friedhofsgärtnereien einen Grabpflegevertrag abzuschließen.
Bäume
Die ökologische Bedeutung der Wiesbadener Friedhöfe wird auch am üppigen, teils exotischen Baumbestand offenkundig. Unter den rund 10.000 Bäumen sind an die 60 verschiedene Baumarten zu unterscheiden. Besonders typisch und häufig vertreten sind auch aufgrund ihrer allegorischen Bedeutung für die Bestattungstradition Birke, Fichte, Ahorn, Scheinzypresse und die Hainbuche.
Auf dem Südfriedhof stehen über 2.200 Bäume und auf dem Nordfriedhof mehr als 1.400 Bäume. Entsprechend den verschiedenen Gestaltungsabsichten der mit der Pflege betrauten Generationen an Mitarbeitern weisen auch heute noch gut erkennbar etwa die nördlich gelegenen Abteile des Südfriedhofs einen dichten Bestand mit hohem Nadelbaumanteil auf. Die erweiterten Flächen in den Randbereichen wurden dann nach dem Geschmack der nächsten Generationen durch Birken geprägt. Zusätzlich zu dem charakteristisch-dichten Baumbestand fallen als markante Gestaltungselemente des Südfriedhofs die Platanenallee am Ringweg sowie die säulenförmig geschnittenen Scheinzypressen entlang der zentralen Mittelachse auf.
Der Nordfriedhof wurde gar mit Vorsatz als Waldfriedhof angelegt. Mehr als die Hälfte des Baumbestandes besteht aus Nadelgehölzen. Aus der Zeit vor der Friedhofsanlage sind nur noch wenige Buchen und Eichen übrig. Einer alten Tradition nach pflanzte man neben den Gräbern gern Thujen (Lebensbäume) und Zypressen, die heute oft erhebliche Ausmaße erreicht haben. Leider macht der Klimawandel auch vor der Friedhofsmauer nicht halt. Zunehmend müssen wir das Absterben von Birken, Fichten und Scheinzypressen feststellen.